„Schon der Jetzt-Zustand ist für die Art kritisch“:
Eine vom Bund (Wirtschaftsministerium) finanzierte Studie sieht die Bestände des seltenen Greifvogels in Gefahr.
Die Bestände des seltenen Rotmilans in Deutschland vertragen einen weiteren Ausbau der Windkraft aller Voraussicht nach nicht. Das belegt eine Studie, die das Bundeswirtschaftsministerium 2012 in Auftrag gegeben und finanziert hatte. Der Greifvogel ist „planungsrelevant“ bei der Genehmigung von Windenergieanlagen. „Schon der Jetzt-Zustand ist für diese Art kritisch“, sagte der Bielefelder Verhaltensforscher Oliver Krüger der Süddeutschen Zeitung, der die Ergebnisse der PROGRESS-Studie bereits vorliegen.
Das Bild des allgemeinen „Vogelschredders“ sei jedoch falsch, denn viele Arten seien nicht betroffen. PROGRESS ist das weltweit das größte Forschungsprojekt zum Thema „Windkraft und Greifvögel“. Dafür wurden in ganz Norddeutschland 47 Windparks mit einer eigens entwickelten Methodik nach sogenannten Schlagopfern systematisch abgesucht.
Eine Reportage über den Ausbau der Windkraft und ihre Auswirkungen auf den Vogelbestand lesen Sie in der digitalen Ausgabe der SZ.
Drei wesentliche Punkte entnehme ich exemplarisch aus diesem hochinteressanten Bericht der Süddeutschen Zeitung:
- Deutschlands führende Greifvogelforscher stellen fest, dass die Bestände an Greifvögeln in Abhängigkeit von Windenergieanlagen abnehmen. Der Rotmilan ist bereits heute bestandsgefährdet. Auch für den am häufigsten in Europa verbreiteten Greifvogel, dem Mäusebussard gilt, dass seine Bestände „planungsrelevant“ abnehmen.
- Die Greifvögel gewöhnen sich nicht an die Windräder, da die Rotoren entweder weit weg sind oder töten. Ein Lerneffekt „jetzt bin ich fast getötet worden“ existiert nicht.
- Mensch und Tier unterschätzen die Rotoren. „Wenn man … unter den mächtigen, leise surrenden Rotorblättern steht, kann man sich kaum vorstellen, dass die weißen Arme da oben, ein jeder gut 45 Meter lang, mit 240 Kilometern in der Stunde durch die Luft rasen.“ (Süddeutsche Zeitung, 05.01.2016)
Kommentar Dieter Klocke:
Der Artikel zeigt auf, dass es keinen Sinn macht, gute Forderungen mit Macht und ohne Augenmaß durchzusetzen. Erneuerbare Energien sind wichtig, aber sie müssen auch pragmatisch realisiert werden.
Windenergie sollte bitte in windstarken Landstrichen abseits von dicht bebauten Regionen genutzt werden. Vom Aussterben bedrohte Vogelarten sollten durch erhöhte Abstände von den Nestern (3000 Meter und mehr) geschützt werden.
Solarenergieanlagen sollten auf Hausdächern und nicht auf Ackerflächen betrieben werden. Hier sollten Bund, Länder und Kommunen mit Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden Vorbild sein.
Außer Windenergie gibt es viele weitere erneuerbare Energieformen, die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Die öffentliche Förderung sollte dabei keine Frage der politischen Ideologie, sondern der sachlich notwendigen Zukunftserfordernisse sein.