Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 G 4762537
Inhalt
I.
Veröffentlichungen, die in die Sammlung des bereinigten Ministerialblattes
für das Land Nordrhein-Westfalen (SMBl. NRW.) aufgenommen werden.
Glied.– Datum Titel Seite
Nr.
Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie
(Az. VI.A-3 – 77-30 Windenergieerlass), des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und
Verbraucherschutz (Az. VII.2-2 – 2017/01 – Windenergieerlass) und des Ministeriums für Heimat,
Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen (Az. 611 – 901.3/202)
2310 8. 5. 2018 Erlass für die Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung
und Anwendung (Windenergie-Erlass) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
- Jahrgang Ausgegeben zu Düsseldorf am 22. Mai 2018 Nummer 12
Hinweis:
Die Gesetz- und Verordnungsblätter, die Ministerialblätter, die Sammlung aller Gesetze und Verordnungen
des Landes NRW (SGV. NRW.) sowie die Sammlung der in Teil I des MBl. NRW. veröffentlichten
Erlasse (SMBl. NRW.) stehen im Intranet des Landes NRW zur Verfügung.
Dasselbe wird auch im Internet angeboten. Die Adresse ist: https://recht.nrw.de. Hingewiesen wird auf
die kostenlosen Angebote im Internet unter der genannten Adresse. Dort fi nden Sie Links zu vielen qualitativ
hochwertigen Rechtsangeboten.
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258 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
4.8 Entschädigungsansprüche bei Änderung von Bauleitplänen
4.9 Repowering
5 Genehmigung von Windenergieanlagen
5.1 Verfahren zur Genehmigung von Windenergieanlagen
5.1.1 Immissionsschutzrechtliche Verfahren
5.1.2 Umweltverträglichkeitsprüfung
5.2 Zulässigkeitsvoraussetzungen
5.2.1 Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit
5.2.1.1 Lärm
5.2.1.2 Repowering in durch Lärm vorbelasteten
Gebieten
5.2.1.3 Schattenwurf
5.2.1.4 Anlagen an Infrastrukturtrassen
5.2.2 Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit
5.2.2.1 Allgemeine Voraussetzungen (Außenbereich)
5.2.2.2 Untergeordnete Nebenanlage (Außenbereich)
5.2.2.3 Entgegenstehen öffentlicher Belange
(§ 35 Absatz 3 Baugesetzbuch)
5.2.2.4 Rückbauverpfl ichtung
5.2.3 Bauordnungsrechtliche Anforderungen
5.2.3.1 Abstandfl ächen
5.2.3.2 Brandschutz
5.2.3.3 Beachtung Technischer Baubestimmungen
5.2.3.4 Standsicherheit
5.2.3.5 Eiswurf
6 Kleinwindanlagen bis 50 m Anlagenhöhe
6.1 Verfahren
6.2 Zulässigkeit
6.2.1 Immissionsschutzrechtliche Voraussetzungen
6.2.2 Bauplanungsrechtliche Voraussetzungen
6.2.3 Bauordnungsrechtliche Voraussetzungen
7 Überwachung und Gebühren
7.1 Überwachung
7.2 Gebühren
7.2.1 Entscheidungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz
7.2.2 Gebühren für Baugenehmigung, Bauüberwachung
und Bauzustandsbesichtigung, Prüfung des Standsicherheitsnachweises
8 Tabuzonen, Berücksichtigung von Spezialgesetzen,
Behördenbeteiligung
8.1 Fachrechtliche Tabuzonen in der Planung
8.2 Berücksichtigung von Spezialgesetzen und Behördenbeteiligung
8.2.1 Immissionsschutz
8.2.2 Naturschutz, Landschaftspfl ege, Wald
8.2.2.1 Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
8.2.2.2 Naturschutzrechtlich bedeutsame Gebiete
(ohne Landschaftsschutzgebiete)
8.2.2.3 Artenschutz
8.2.2.4 Wald
8.2.2.5 Landschaftsschutzgebiete (LSG)
8.2.2.6 Freihaltung von Gewässern und Uferzonen
8.2.3 Wasserwirtschaft
8.2.3.1 Bauverbot an Gewässern
8.2.3.2 Wasserschutzgebiete und Heilquellenschutzgebiete
8.2.3.3 Überschwemmungsgebiete
I.
2310
Erlass für die Planung und Genehmigung
von Windenergieanlagen und
Hinweise für die Zielsetzung und Anwendung
(Windenergie-Erlass)
Gemeinsamer Runderlass
des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation,
Digitalisierung und Energie
(Az. VI.A-3 – 77-30 Windenergieerlass),
des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz
(Az. VII.2-2 – 2017/01 – Windenergieerlass) und
des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und
Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen
(Az. 611 – 901.3/202)
Vom 8. Mai 2018
Inhaltsübersicht
1 Allgemeine Hinweise
1.1 Informationsquellen
1.2 Öffentlichkeitsbeteiligung
2 Hinweise zur Zielsetzung und zu den Adressaten
3 Landes- und Regionalplanung
3.1 Landesplanung
3.2 Regionalplanung
3.2.1 Allgemeines
3.2.2 Zeichnerische Darstellung von Bereichen für die
Windenergienutzung im Regionalplan
3.2.2.1 Planungskonzept
3.2.2.2 Windhöffigkeit
3.2.2.3 Bereiche für die Windenergienutzung entlang
vorhandener Infrastrukturtrassen
3.2.3 Raumbedeutsamkeit von Windenergieanlagen
3.2.4 Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der
Raumordnung gemäß § 34 Landesplanungsgesetz
3.2.4.1 Bereiche, die nicht geeignet sind (Tabubereiche)
3.2.4.2 Bereiche, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen
ist
3.2.4.3 Geeignete Bereiche
3.2.4.4 Abweichende Ausweisung
4 Bauleitplanung
4.1 Allgemeines
4.2 Anpassungspfl icht an Ziele der Raumordnung gemäß
§ 1 Absatz 4 Baugesetzbuch
4.3 Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan
4.3.1 Allgemeine Anforderungen an die Darstellung von
Konzentrationszonen
4.3.2 Erfordernis eines schlüssigen Plankonzepts
4.3.3 Differenzierung nach harten und weichen Tabuzonen
4.3.4 Änderung der Konzentrationszonen
4.3.5 Sachlicher und räumlicher Teilfl ächennutzungsplan
4.3.6 Konzentrationszonen entlang vorhandener Infrastruktur
4.3.7 Höhenbegrenzungen
4.3.8 Sicherung der Planung
4.4 Bebauungsplan
4.5 Vorhabenbezogener Bebauungsplan
4.6 Beteiligung
4.7 Umweltprüfung in der Bauleitplanung
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 259
e) zu Fragen der wirtschaftlichen Bedeutung den Wirtschaftsbericht
Nordrhein-Westfalen (siehe https://
www.land.nrw/de/tags/wirtschaftsbericht) und
f) zu Fragen der Akzeptanz von Energieanlagen und der
Beteiligungsverfahren: Dialog schafft Zukunft, Servicestelle
für Beteiligung in NRW, Ministerium für
Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie
des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE), (siehe
unter http://www.dialog-schafft-zukunft.nrw.de/).
Weitere Informationen sowie Beratungsmöglichkeiten
bieten die nachfolgenden Quellen:
a) Die EnergieAgentur.NRW arbeitet im Auftrag der
Landesregierung von Nordrhein-Westfalen als operative
Plattform mit breiter Kompetenz im Energiebereich.
Das Netzwerk Windenergie bietet eine interaktive
Plattform, auf der sich die Netzwerk-Mitglieder
entlang der gesamten Wertschöpfungskette themenbezogen
und lösungsorientiert austauschen können.
Im Branchenführer Windenergie in NRW präsentiert
sich die gesamte Wertschöpfungskette der Windindustrie
aus Nordrhein-Westfalen. Das Nachschlagewerk
wird online (http://www.energieagentur.nrw/windenergie/
branchenfuehrer) fortlaufend aktualisiert
und als Druckversion jährlich neu aufgelegt.
b) Die Fachagentur Windenergie an Land e.V. (http://
www.fachagentur-windenergie.de/) begleitetet die
Windenergienutzung in Deutschland systematisch,
neutral, zeigt Effizienzpotentiale auf und fördert deren
Hebung. Sowohl das Ministerium für Wirtschaft,
Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes
Nordrhein-Westfalen als auch der Städte- und Gemeindebund,
der Städtetag und der Verband kommunaler
Unternehmen zählen zu deren Mitgliedern.
c) Das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende
(KNE) gGmbH (https://www.naturschutzenergiewende.
de/) ist im Auftrag des Bundesministeriums
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
tätig und ist in seiner Arbeit darauf
ausgerichtet, als neutraler, anerkannter und kompetenter
Ansprechpartner für alle relevanten Akteursgruppen
der Energiewende zu arbeiten.
1.2
Öffentlichkeitsbeteiligung
Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Infrastrukturplanungen
hat im Zuge der Energiewende an
Dringlichkeit gewonnen. Zukunftsentscheidungen in der
Region bedürfen heute eines transparenten und partizipativen
Vorgehens, in das möglichst viele lokale Interessengruppen
einbezogen werden.
Der Errichtung neuer Windenergieanlagen geht in der
ganz überwiegenden Zahl der Fälle ein kommunales
Planverfahren (Bauleitplanung) voraus, zu dem ein Beteiligungsverfahren
durchzuführen ist. Insoweit besteht
für alle Interessierten, unter anderem Bürgerinnen und
Bürger, sowie Umweltvereinigungen die Gelegenheit,
ihre Belange im Rahmen des zweistufi gen Beteiligungsverfahrens
einzubringen.
Neben den formellen Beteiligungsverfahren kann es hilfreich
sein, auch informelle Beteiligungsverfahren frühzeitig
einzusetzen, um das Risiko von Konfl ikten zu vermindern
und Akzeptanz vor Ort zu verbessern.
Auch kann eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Zuge eines
förmlichen Genehmigungsverfahrens vorgesehen sein.
Dieses ist jedoch erst ab einer gewissen Gesamtanlagenzahl
des geplanten Windparks und entsprechend nur in
seltenen Fällen für den Antragsteller verpfl ichtend (siehe
Kapitel 5.1). Die überwiegende Mehrzahl der Genehmigungsverfahren
wird daher in einem vereinfachten Verfahren
durchgeführt.
Aufgrund der wachsenden Konfl ikte beim Ausbau der
Windenergie wird dem Antragsteller empfohlen, in der
Regel freiwillig ein förmliches Genehmigungsverfahren
zu beantragen. Auch wenn dieser Weg, der eine weitere
formelle Beteiligungsmöglichkeit eröffnet, deutlich aufwendiger
ist, kann er doch dazu beitragen, positiv auf
die öffentliche Resonanz des Windenergieprojekts zu
wirken. Der öffentliche Erörterungstermin sollte genutzt
8.2.3.4 Hochwasserschutzanlagen
8.2.4 Denkmalschutz
8.2.5 Straßenrecht
8.2.6 Luftverkehrsrecht
8.2.7 Wasserstraßenrecht
8.2.8 Militärische Anlagen
8.2.9 Flurbereinigung
8.2.10 Stromnetze
8.2.11 Rohrfernleitungen
8.2.12 Seismologische Stationen
8.3 Anlagenkataster und Meldepfl icht
9 Inkrafttreten/Außerkrafttreten
Nach § 1 Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005
(BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz
des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geändert
worden ist, ist eine möglichst sichere, preisgünstige,
verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche
leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit
mit Elektrizität, die zunehmend auf erneuerbaren
Energien beruht, gesetzlicher Auftrag der Energiewirtschaft.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen richtet ihre
Energie- und Klimapolitik neu aus. Sie erarbeitet daher
unter anderem eine neue Energieversorgungsstrategie
NRW und bereitet zurzeit vor, dass auch der Landesentwicklungsplan
Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) entsprechend
geändert wird. Am 17.04.2018 wurde der Kabinettbeschluss
gefasst, das Beteiligungsverfahren für
den Entwurf des LEP NRW durchzuführen. Es ist vorgesehen,
einen Grundsatz aufzunehmen, der festlegt, dass
bei der planerischen Steuerung von Windenergieanlagen
zu Wohngebieten ein Vorsorgeabstand von 1500 Metern
eingehalten werden soll.
Der Windenergie-Erlass ist an die jeweils geltende
Rechtslage anzupassen.
Die Landesregierung will die Akzeptanz für die Nutzung
der Windenergie erhalten, weil sie ein wesentlicher Bestandteil
für das Gelingen der Energiewende ist. Daher
soll beim weiteren Ausbau der Windenergie insbesondere
ein angemessener Anwohner-, Landschafts- und Naturschutz
sowie Schutz von Bestandsanlagen sichergestellt,
ebenso wie die Unterstützung des Repowerings bestehender
Windparks und die Stärkung kommunaler Planungshoheit
ermöglicht werden. Mit dieser Änderung
werden die im Windenergie-Erlass umsetzbaren Anpassungen
vorgenommen.
1
Allgemeine Hinweise
1.1
Informationsquellen
Für die Steuerung des Windenergieausbaus stellt die
Landesregierung Nordrhein-Westfalen folgende Unterlagen
zur Verfügung:
a) diesen gemeinsamen Runderlass,
b) den Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes
bei der Planung und Genehmigung von
Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ des
Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Naturund
Verbraucherschutz (MULNV),
c) die Landschaftsbildeinheiten des Landesamtes für
Umwelt, Natur und Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein-Westfalen (LANUV) aus den Fachbeiträgen
des Naturschutzes und der Landschaftspfl ege
(siehe unter https://www.lanuv.nrw.de/natur/eingriffsregelung/
windkraft_und_landschaftsbild sowie
https://www.lanuv.nrw.de/natur/landschaftsplanung/
fachbeitrag),
d) die Windenergie-Potenzialstudie des LANUV als
Energieatlas NRW (siehe unter http://www.energieatlas.
nrw.de),
260 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
Die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen
können unter anderem zu Interessenkonfl ikten zwischen
Anwohnerinnen und Anwohnern, Naturschutzbelangen
und den Betreibern der Anlage führen. Die Bürgerinnen
und Bürger sollten in jedem Verfahren frühzeitig an der
Planung und Nutzung von Windenergieanlagen beteiligt
werden (siehe Nummer 1.2). Mit zur Akzeptanz trägt
auch der Einsatz der optimal verfügbaren Technik zur
Minimierung von Umwelteinwirkungen bei. Fördernd
sind ebenfalls die mögliche wirtschaftliche Beteiligung
der Kommune sowie die Beteiligung möglichst vieler
Bürgerinnen und Bürger insbesondere im Umfeld von
Windparks und Windenergieanlagen an der Nutzung der
Windenergie. Bürgerwindparks sind Windparks, an denen
sich die ortsansässigen Bürgerinnen und Bürger
konzeptionell und fi nanziell beteiligen können. Die hiermit
einhergehenden Mitsprache- und Profi tmöglichkeiten
sind häufi g geeignet, anfängliche Skepsis gegenüber
der örtlichen Windenergienutzung abzubauen und die
Akzeptanz der Windenergienutzung allgemein zu erhöhen.
3
Landes- und Regionalplanung
3.1
Landesplanung
Der gültige Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen
(LEP NRW) ist am 8. Februar 2017 in Kraft getreten.
Der LEP NRW enthält textliche Festlegungen zur Windkraftnutzung
in Kapitel 10.2 Standorte für die Nutzung
erneuerbarer Energien. Ziel 10.2-2 regelt, dass in den
Regionalplänen – proportional zum jeweiligen regionalen
Potenzial – Vorranggebiete für die Nutzung der
Windenergie festzulegen sind.
Ziele der Raumordnung sind von den öffentlichen Stellen,
die der Bindungswirkung des § 4 Raumordnungsgesetz
vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt
geändert durch Artikel 2 Absatz 15 des Gesetzes vom 20.
Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) unterliegen, zu beachten. Es
ist Aufgabe der regionalen Planungsträger diese Ziele in
der Gesamtschau mit den anderen Zielen des LEP NRW
in den Regionalplänen und ihren Teilabschnitten zu konkretisieren.
Vorranggebiete sind dabei Gebiete, die für die Windenergienutzung
vorgesehen sind und die andere raumbedeutsame
Nutzungen innerhalb dieses Gebietes ausschließen,
soweit diese mit der vorrangigen Windenergienutzung
nicht vereinbar sind. Es handelt sich bei einem Vorranggebiet
um ein Ziel der Raumordnung, das gemäß § 4
Raumordnungsgesetz zu beachten ist. Das heißt, das Ziel
kann in der nachfolgenden Planungsabwägung beziehungsweise
Ermessensentscheidung nicht überwunden
werden.
Für Vorranggebiete für die Windenergie steht das Planzeichen
2.ed) Anlage 3 Planzeicheninhalte/-merkmale
der Verordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes
(Landesplanungsgesetz DVO) vom 8. Juni 2010
(GV. NRW. S. 334), zuletzt geändert durch 4. Änderungsverordnung
vom 3. Mai 2016 (GV. NRW. S. 238), Windenergiebereiche
zur Verfügung. Bei dieser Festlegung
handelt es sich um Vorranggebiete gemäß § 7 Absatz 3
Satz 2 Nummer 1 Raumordnungsgesetz ohne die Wirkung
von Eignungsgebieten. Dies ermöglicht den kommunalen
Planungsträgern, außerhalb dieser Vorranggebiete
weitere Flächen für die Windenergienutzung in ihren
Bauleitplänen darzustellen.
Die in 10.2-3 LEP genannten Mindestvorgaben der in jeder
Planungsregion für die Windkraftnutzung zur Verfügung
zu stellenden Flächen sind in einem Grundsatz
festgelegt. Als solcher ist er von öffentlichen Stellen bei
ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen
nach § 4 Absatz 1 Raumordnungsgesetz in der Abwägung
oder bei der Ermessensausübung nach Maßgabe
der dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen. Die
Flächenvorgaben sind in einem Grundsatz festgelegt, um
den Gegebenheiten in den Planungsregionen, zum Beispiel
aufgrund fachrechtlicher Vorgaben durch Anlagen
für die Flugsicherung oder durch Landschafts- und Artenschutz,
Rechnung tragen zu können. Die regionalen
Planungsträger können dann von diesen Mindest-Fläwerden,
um die verbleibenden strittigen Fragen zu diskutieren.
Darüber hinaus wirkt die Immissionsschutzbehörde als
Genehmigungsbehörde nach § 25 Absatz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz
für das Land Nordrhein-Westfalen in
der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November
1999 (GV. NRW. S. 386) in der jeweils geltenden Fassung
auf eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung hin. Diese soll
möglichst bereits vor dem Genehmigungsverfahren stattfi
nden. Die Behörde wirkt danach darauf hin, dass der
Träger bei der Planung von Vorhaben, die nicht nur unwesentliche
Auswirkungen auf die Belange einer größeren
Zahl von Dritten haben können, die betroffene Öffentlichkeit
frühzeitig über die Ziele des Vorhabens, die
Mittel es zu verwirklichen, und die voraussichtlichen
Auswirkungen des Vorhabens unterrichtet. Der betroffenen
Öffentlichkeit soll Gelegenheit zur Äußerung und
zur Erörterung gegeben werden. Das Ergebnis der vor
Antragstellung durchgeführten frühen Öffentlichkeitsbeteiligung
soll der betroffenen Öffentlichkeit und der
Behörde spätestens mit der Antragstellung, im Übrigen
unverzüglich mitgeteilt werden. Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung
gilt nicht, soweit die betroffene Öffentlichkeit
bereits nach anderen Rechtsvorschriften vor der
Antragstellung zu beteiligen ist. Beteiligungsrechte nach
anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Ob im Rahmen der Genehmigung von Windenergieanlagen
eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen
ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Dabei ist in
der Regel davon auszugehen, dass Windenergieanlagen
wesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren
Anzahl von Dritten haben.
Eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ist insbesondere in
den Fällen angezeigt, in denen kein vorgelagertes Planverfahren
und dadurch kein vorangehendes Beteiligungsverfahren
stattgefunden hat.
Über die gesetzlichen Beteiligungsvorgaben hinaus und
unabhängig von der Hinwirkungspfl icht hat es sich bei
der Projektierung von neuen Windenergieanlagen in vielen
Fällen als hilfreich erwiesen, frühzeitig auf eine angemessene
Information und Einbeziehung von Bürgerinnen
und Bürgern, sowie einschlägigen Verbänden zu
achten. Es wird daher allen Projektierenden von Windenergieanlagen
empfohlen, frühzeitig eine entsprechende
Öffentlichkeitsbeteiligung einzuplanen. Orientierung
bieten Leitfäden zum Verfahrensmanagement (zum Beispiel
VDI-Richtlinie 7000, die sich an private und öffentliche
Vorhabenträger richtet).
Zur Information über Genehmigungsverfahren UVPpfl
ichtiger Windenergie-Anlagen steht das UVP-Internetportal
unter dem Link http://www.uvp-verbund.de
zur Verfügung. Das Internetportal ist eine gesetzliche
Vorgabe in § 20 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
in der Fassung der Bekanntmachung
vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), das zuletzt
durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. September 2017
(BGBl. I S. 3370) geändert worden ist. In diesem Internetportal
sind während des Auslegungszeitraums die
UVP-Unterlagen zu den einzelnen Genehmigungsverfahren
als Download erhältlich.
2
Hinweise zur Zielsetzung und den Adressaten
Die anwohner- und umweltverträgliche Nutzung der
Windenergie ist ein wichtiger Bestandteil der Energiewende
und für das Erreichen der Klimaschutzziele.
Aufgabe des Windenergie-Erlasses ist es zu zeigen, welche
planerischen Möglichkeiten bestehen, einen Ausbau
der Windenergienutzung zu gestalten und Hilfestellung
zur rechtmäßigen Einzelfallprüfung zu leisten.
Der Erlass besitzt für alle nachgeordneten Behörden verwaltungsinterne
Verbindlichkeit. Für die Gemeinden als
Trägerinnen der Planungshoheit ist der Windenergie-Erlass
Empfehlung und Hilfe zur Abwägung. Für Investitionswillige,
sowie Bürgerinnen und Bürger zeigt er den
Rechtsrahmen auf, gibt Hinweise zu frühzeitigen Abstimmungsmöglichkeiten
mit den Behörden und trägt
somit zur Planungs- und Investitionssicherheit bei.
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 261
reichen für die Windenergienutzung entlang von Infrastrukturtrassen
ist zu beachten, dass alle gesetzlichen
Anforderungen eingehalten werden.
3.2.3
Raumbedeutsamkeit von Windenergieanlagen
Raumbedeutsam ist eine Planung, durch die die räumliche
Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinfl
usst oder Raum in Anspruch genommen wird, (vergleiche
§ 3 Absatz 1 Nummer 6 Raumordnungsgesetz). Bei
Vorliegen einer Windfarm im Sinne des Gesetzes über die
Umweltverträglichkeitsprüfung – mindestens drei Anlagen
– kann grundsätzlich von einer Raumbedeutsamkeit
ausgegangen werden. In der Regel wird eine Einzelanlage
mit einer Gesamthöhe von mehr als 100 Metern als
raumbedeutsam anzusehen sein, zumal sie ab dieser
Höhe luftverkehrsrechtlich relevant ist. Ob eine einzelne
Windenergieanlage im Sinne von § 3 Absatz 1 Nummer 6
Raumordnungsgesetz im Übrigen raumbedeutsam ist,
beurteilt sich nach den tatsächlichen Umständen des
Einzelfalls. Kriterien für die Beurteilung sind insbesondere
der Standort der Anlage, die Vorbelastung des
Standortes und die Auswirkungen auf andere Ziele der
Raumordnung.
3.2.4
Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung
gemäß § 34 Landesplanungsgesetz Nordrhein-
Westfalen vom 3. Mai 2005 (GV. NRW. S. 430), zuletzt
geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 25. Oktober
2016 (GV. NRW. S. 868), in Kraft getreten am 5.
November 2016.
Die Regionalplanungsbehörde prüft gemäß § 34 Landesplanungsgesetz
NRW anhand der textlichen und zeichnerischen
Ziele der Raumordnung, ob die Voraussetzungen
für die Darstellung von Konzentrationszonen für die
Windenergienutzung in der kommunalen Bauleitplanung
vorliegen.
Enthält der Regionalplan keine zeichnerischen Festlegungen
für die Windenergienutzung, ist die Darstellung
von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung in
der Bauleitplanung anhand der anderen zeichnerischen
und textlichen Festlegungen (Ziele der Raumordnung)
des Regionalplans zu prüfen.
Dabei ist, sofern der Regionalplan keine konkreteren
oder weitergehenden textlichen Ziele enthält, hinsichtlich
der Eignung der zeichnerischen Darstellungen im
Regionalplan zu unterscheiden zwischen:
a) Bereichen, die nicht geeignet sind (siehe Nummer
3.2.4.1),
b) Bereichen, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen
ist (siehe Nummer 3.2.4.2) und
c) geeigneten Bereichen, (siehe Nummer 3.2.4.3).
3.2.4.1
Bereiche, die nicht geeignet sind (Tabubereiche)
Die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung
(Konzentrationszonen) ist in Allgemeinen Siedlungsbereichen
(ASB) nicht zulässig.
Die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung
als Außenbereichsplanung kommt in Gewerbe- und
Industrieansiedlungsbereichen (GIB) als Innenbereichskategorie
nicht in Betracht. Gleichwohl können GIB im
Einzelfall für die Errichtung von Windenergieanlagen
genutzt werden (siehe unter Nummer 5.2.2).
Die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung
kommt in Bereichen für den Schutz der Natur
(BSN) nicht in Betracht.
Die Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung
kommt in Bereichen zur Sicherung und für den Abbau
oberfl ächennaher Bodenschätze (BSAB) nicht in Betracht.
In den Regionalplänen können darüber hinaus weitere
Bereiche festgelegt sein, die nicht für eine Ausweisung
von Konzentrationszonen geeignet sind.
chenkulissen – bei entsprechender Begründung – im
Rahmen der Abwägungs- oder Ermessensausübung abweichen.
3.2
Regionalplanung
3.2.1
Allgemeines
In den Regionalplänen sind Ziele zur Steuerung der
Windenergienutzung zeichnerisch festzulegen (Vorranggebiete
für die Windenergienutzung). Ziele und Grundsätze
zur Steuerung der Windenergienutzung können
auch textlich festgelegt werden. Alle Regionalpläne, mit
Ausnahme dessen für den Regierungsbezirk Arnsberg,
enthalten bereits heute textliche Festlegungen zur Windenergienutzung.
Für die Planungsregion Münster liegt
mit dem „Regionalplan Münsterland – Sachlicher Teilplan
Energie“ eine verbindliche Windenergieplanung vor.
3.2.2
Zeichnerische Darstellung von Bereichen für die Windenergienutzung
im Regionalplan
In Regionalplänen erfolgen zeichnerische Festlegungen
für die Windenergienutzung.
3.2.2.1
Planungskonzept
Dem Regionalplan muss ein Planungskonzept zugrunde
liegen, das den zu beplanenden Raum in den Blick
nimmt sowie den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen
und planungsebenenspezifi schen Abwägungsgebots
gerecht wird. Dabei berücksichtigt die
Regionalplanung die vorhandenen und in Aufstellung
befi ndlichen gemeindlichen Windenergie-Konzentrationszonen
(Gegenstromprinzip), übernimmt diese jedoch
nicht ohne eigene Abwägung. Eine Übernahme kommunaler
Zonen in den Regionalplan kann nur auf Grund eigener
regionalplanerischer Abwägung erfolgen.
Vorranggebiete entfalten nur innergebietliche Wirkung
und lassen darüber hinaus auf der nachgeordneten kommunalen
Ebene auch die Darstellungen von weiteren
Konzentrationszonen für die Windenergienutzung zu.
Deshalb muss bei der Festlegung von solchen Vorranggebieten
in der Regionalplanung das Planungskonzept
nicht dem Anspruch entsprechen, für die Windenergienutzung
„substanziell Raum zu schaffen“.
3.2.2.2
Windhöffigkeit
Im Rahmen der Erarbeitung des Planungskonzepts ist
für das gesamte Planungsgebiet zu ermitteln, welche Bereiche
sich aufgrund ihrer Windhöffigkeit für die Windenergienutzung
eignen. Nähere Informationen zu relevanten
meteorologischen Daten können unter anderem
der landesweiten Potentialstudie entnommen werden,
die als Energieatlas Nordrhein-Westfalen auf den Internetseiten
des LANUV zur Verfügung steht (http://www.
energieatlasnrw.de/site/).
3.2.2.3
Bereiche für die Windenergienutzung entlang vorhandener
Infrastrukturtrassen
Im Rahmen der Erarbeitung des Planungskonzepts sollen
auch die Möglichkeiten untersucht werden, Windenergieanlagen
an Standorten zu konzentrieren, an denen
sie nicht oder nur zu geringfügig zusätzlichen Belastungen
führen. Dieser Ansatz kann zum Beispiel entlang
von Infrastrukturtrassen (Bundesfernstraßen, Hauptschienenwege,
Hochspannungsfreileitungen) zum Tragen
kommen, da von Infrastrukturtrassen und Windenergieanlagen
vergleichbare oder ähnliche Umweltauswirkungen
ausgehen. Diese können sich so überlagern, dass die
zusätzlichen Belastungen durch neue Windenergieanlagen
in Trassenkorridoren kaum wahrnehmbar sind. Auf
diese Weise können bisher weniger belastete Räume vor
der Inanspruchnahme für die Windenergienutzung geschützt
werden und gleichzeitig die Windenergienutzung
weiter ausgebaut werden. Auch bei der Planung von Be262
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
Für die Durchführung von Zielabweichungsverfahren
wird auf die Regelungen in § 6 Raumordnungsgesetz und
§ 16 Landesplanungsgesetz NRW verwiesen.
4
Bauleitplanung
4.1
Allgemeines
Gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch sind
Windenergieanlagen im Außenbereich privilegiert zulässig.
Mit der Einführung der Privilegierung für Windenergieanlagen
ist gleichzeitig der sogenannte Planungsvorbehalt
ins Baugesetzbuch aufgenommen worden. Hierunter
wird die Möglichkeit verstanden, unter anderem
die Windenergienutzung im Außenbereich zu steuern.
Nach § 5 in Verbindung mit § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
können die Gemeinden im Flächennutzungsplan
„Konzentrationszonen für Windenergieanlagen“
darstellen. Eine solche Darstellung hat das Gewicht eines
öffentlichen Belanges, der einer Windenergieanlage
an anderer Stelle in der Regel entgegensteht.
Bei der Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen
in Bauleitplänen sind die unter Nummer
8 aufgeführten spezialgesetzlichen Regelungen zu
beachten.
4.2
Anpassungspfl icht an Ziele der Raumordnung gemäß § 1
Absatz 4 Baugesetzbuch
Gemäß § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch sind die Bauleitpläne
den Zielen der Raumordnung anzupassen. Der Regelungszweck
des § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch liegt in
der „Gewährleistung einer umfassenden materiellen
Konkordanz“ zwischen der übergeordneten Regionalplanung
und der gemeindlichen Bauleitplanung. Die Pfl icht
zur Anpassung, die § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch statuiert,
zielt dabei nicht auf eine punktuelle Kooperation, sondern
auf die dauerhafte Übereinstimmung der beiden
Planungsebenen. Daher ist eine Kommune nicht nur
dann zur Anpassung an die Ziele der Raumordnung verpfl
ichtet, wenn sie Bauleitpläne aus eigenem Entschluss
und allein aus städtebaulichen Gründen aufstellt oder
ändert, sondern sie muss auch dann planerisch aktiv
werden, wenn allein geänderte oder neue Ziele der
Raumordnung eine Anpassung der Bauleitpläne erfordern
(BVerwG, Urteil vom 17.9.2003 – C 14.01). Ziele der
Raumordnung sind für die Bauleitplanung unmittelbar
bindende Vorgaben und nicht Gegenstand der Abwägung
nach § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch. Ein zu beachtendes
Ziel der Raumordnung wird in der Regel durch die planende
Gemeinde zwar konkretisierbar sein, ist in seinem
Kern aber durch die gemeindliche Abwägung nicht überwindbar
(vergleiche BVerwG, Beschluss vom 20.8.1992 –
4 NB 20.91). Hier gilt der Grundsatz: „konkretisieren
ohne zu konterkarieren“. Soweit entsprechende Zielvorgaben
bestehen, ist es einer Gemeinde verwehrt, die im
Regionalplan getroffene raumordnerische Eignungsfestlegung
zu konterkarieren beziehungsweise auszuhöhlen.
Will sie von den bindenden Zielvorgaben abweichen, bedarf
es einer Änderung des Regionalplans beziehungsweise
der Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens
(vergleiche OVG NRW, Urteil vom 28.01.2005 – 7 D
35/03.NE). Im landesplanerischen Anpassungsverfahren
nach § 34 Landesplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen
werden Darstellungen beziehungsweise Festsetzungen
für die Windenergienutzung in Bauleitplänen darauf
überprüft, ob sie an die Ziele der Raumordnung angepasst
sind.
Hier sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden:
a) Durch Verordnung zur Änderung der Verordnung zur
Durchführung des Landesplanungsgesetzes vom 13.
März 2012 (GV. NRW. S. 146), in Kraft getreten am 31.
März 2012, ist in der Verordnung zur Durchführung
des Landesplanungsgesetzes ein neues Planzeichen
2 ed) Windenergiebereiche eingeführt worden. Bei den
Windenergiebereichen handelt es sich um Vorranggebiete
gemäß § 8 Absatz 7 Nummer 1 Raumordnungsgesetz
ohne die Wirkung von Eignungsgebieten.
3.2.4.2
Bereiche, für die eine Einzelfallprüfung durchzuführen
ist
Für die Darstellung von Flächen für die Windenergienutzung
(Konzentrationszonen) in der Bauleitplanung sind
insbesondere folgende zeichnerische Darstellungen der
Regionalpläne unter Beachtung der textlichen Festlegungen
im Einzelfall zu prüfen:
a) Inwieweit Möglichkeiten für eine Planung oder Zulassung
von Windenergieanlagen in noch nach dem
LEP NRW 1995 (Ziel C.IV.2.2.3) festgelegten „Reservegebieten
für den oberirdischen Abbau nicht energetischer
Bodenschätze“ bestehen, ergibt sich aus den
Vorgaben der Regionalpläne. In der Regel werden befristete
Inanspruchnahmen vor einem Rohstoffabbau
nicht möglich sein.
b) Wegen der besonders langfristigen Sicherung von
Flächen für den Braunkohlentagebau gilt die vorgenannte
Verfahrensweise für Darstellungen von Braunkohlentagebauen
entsprechend.
c) Als Nachfolgenutzung kommen grundsätzlich auch
die Bereiche für Aufschüttungen und Ablagerungen
(Standorte für Abfalldeponien und Halden) und für
die Sicherung und den Abbau oberfl ächennaher Bodenschätze
(BSAB) für die Darstellung von Gebieten
für die Windenergienutzung in Frage, wenn dem nicht
andere Freiraumfunktionen entgegenstehen.
d) Die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung
in Bereichen für den Schutz der Landschaft
und die landschaftsorientierte Erholung (BSLE) sowie
in regionalen Grünzügen ist möglich, wenn die
Windenergienutzung mit der konkreten Schutzfunktion
des jeweiligen Bereiches vereinbar ist. Für die
Bewertung sind die Maßstäbe aus Nummer 8.2.2.5 heranzuziehen.
e) Innerhalb der Bereiche für den Grundwasser- und
Gewässerschutz (BGG) ist die Ausweisung von Gebieten
für die Windenergienutzung möglich, soweit sich
aus fachrechtlich festgesetzten oder vorläufi g gesicherten
Wasser- und Heilquellenschutzgebieten nach
§§ 51, 52 Wasserhaushaltsgesetz nicht entgegenstehendes
ergibt.
f) Innerhalb der Überschwemmungsbereiche (ÜSG) ist
die Ausweisung von Gebieten für die Windenergienutzung
möglich, soweit sich aus fachrechtlich festgesetzten
oder vorläufi g gesicherten Überschwemmungsgebieten
nichts anderes ergibt.
g) Ziel 7.3-1 LEP NRW legt fest, dass die Errichtung von
Windenergieanlagen im Wald möglich ist, sofern wesentliche
Funktionen des Waldes nicht erheblich beeinträchtigt
werden. Weiterhin muss der Eingriff in
den Wald bei einer Inanspruchnahme für die Windenergienutzung
auf das unbedingt erforderliche Maß
beschränkt werden.
Nähere Hinweise zu den zu berücksichtigenden waldfachlichen
Kriterien erfolgen in Kapitel 8.2.2.4.
3.2.4.3
Geeignete Bereiche
Für die Darstellung von Gebieten für die Windenergienutzung
in der Bauleitplanung kommen insbesondere
die allgemeinen Freiraum- und Agrarbereiche in Betracht,
sofern sie nicht gleichzeitig entgegenstehende
Funktionen, insbesondere aus Sicht des Arten- und Biotopschutzes,
erfüllen.
3.2.4.4
Abweichende Ausweisung
Die Ausweisung von Konzentrationszonen, die diesen
Anforderungen nicht entsprechen, ist nur möglich, wenn
zuvor der Regionalplan hinsichtlich einer die Ausweisung
zulassenden Darstellung geändert beziehungsweise
ein Zielabweichungsverfahren gemäß § 16 Landesplanungsgesetz
NRW in Verbindung mit § 6 Raumordnungsgesetz
durchgeführt worden ist.
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 263
Bei der Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan
empfi ehlt es sich, neben der Grundnutzung
(zum Beispiel „Fläche für die Landwirtschaft“)
die Konzentrationszonen für die Windenergieanlagen
oder auch Flächen für Versorgungsanlagen als zusätzliche
Nutzungsmöglichkeit durch Randsignatur darzustellen
(überlagernde Darstellung).
Windfarmen können außerdem im Flächennutzungsplan
gemäß § 11 Absatz 2 Baunutzungsverordnung in der Fassung
der Bekanntmachung vom 21. November 2017
(BGBl. I S. 3786) als sonstige Sondergebiete ausgewiesen
werden. Dabei ist die Zweckbestimmung (zum Beispiel
Sondergebiet „Windfarm“) textlich darzustellen. Die
Flächen für Windenergieanlagen können auch als „Flächen
für Versorgungsanlagen“ gemäß § 5 Absatz 2 Nummer
4 Baugesetzbuch beziehungsweise mit Standortsymbol
für Versorgungsanlagen dargestellt werden.
Das bauliche Vorhaben einer Windenergieanlage gem.
§§ 29, 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch ist gleichermaßen
durch den Turm wie den Rotor gekennzeichnet.
Auch die öffentlichen Belange können sowohl durch
den sich drehenden Rotor als auch durch den Turm berührt
werden. Eine gedankliche Trennung des Vorhabens
„Windenergieanlage“ in Turm und Rotor kommt für die
Ausweisung von Konzentrationszonen schon daher nicht
in Betracht. Der Zweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
ist es, Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6
zu steuern und nicht Bestandteile dieser Vorhaben. Insofern
hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem
Urteil vom 21.10.2004 (4 C 3/04) nachvollziehbar festgestellt,
dass die äußeren Grenzen des Bauleitplans oder
die Grenzen der Baugebiete oder Baufl ächen stets von
der gesamten Windenergieanlage einschließlich des Rotors
einzuhalten sind (so auch VG Hannover, Urteil vom
22.9.2011 – 4 A 1052/10).
Nach der Rechtsprechung des BVerwG vollzieht sich die
Planung von Konzentrationszonen abschnittsweise (vergleiche
BVerwG, Beschluss vom 15.9.2009 – 4 BN 25.09).
In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche
als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die Nutzung der
Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen
lassen sich in harte und weiche Tabuzonen untergliedern
(vergleiche BVerwG, Urteil vom 21.10.2004 – 4 C 2.04).
Die Potenzialfl ächen, die nach Abzug der harten und
weichen Tabuzonen übrig bleiben sind in einem weiteren
Arbeitsschritt mit den öffentlichen Belangen, die gegen
die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone
sprechen, abzuwägen (BVerwG, Urteil vom
13.12.2012 – 4 CN 1.11). Zu den Arbeitsschritten im Einzelnen
wird auf Nummer 4.3.3 verwiesen.
Nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Baugesetzbuch sind in der Bekanntmachung
zur Öffentlichkeitsbeteiligung unter anderem
Angaben zu machen, welche Arten umweltbezogener
Informationen verfügbar sind (siehe hierzu auch
http://www.bauministerkonferenz.de; „Angabe der Arten
umweltbezogener Informationen in der Bekanntmachung
nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Baugesetzbuch“). Das
Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 18. Juli
2013 (Az. 4 CN 3.12) die dafür geltenden Anforderungen
konkretisiert und festgestellt, dass § 3 Absatz 2 Satz 2
Baugesetzbuch die Gemeinden verpfl ichtet, die in den
vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten
Umweltthemen nach Themenblöcken zusammenzufassen
und diese in der Auslegungsbekanntmachung
schlagwortartig zu charakterisieren. Das Bekanntmachungserfordernis
erstrecke sich auch auf solche Arten
verfügbarer Umweltinformationen, die in Stellungnahmen
enthalten sind, die die Gemeinde für unwesentlich
hält und deshalb nicht auszulegen beabsichtigt.
4.3.2
Erfordernis eines schlüssigen Plankonzepts
Die Ausschlusswirkung von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
liegt nur vor, wenn der Darstellung einer Konzentrationszone
ein schlüssiges Plankonzept zugrunde
liegt, das sich auf das gesamte Plangebiet erstreckt. Ergebnis
des Plankonzepts kann auch die Ausweisung nur
einer einzigen Konzentrationszone sein; die Größe der
ausgewiesenen Fläche ist nicht nur in Relation zur Gemeindegröße,
sondern auch zur Größe der Gemeindege-
Die regionalplanerischen Vorranggebiete ohne Funktion
von Eignungsgebieten sind bei einer kommunalen
Darstellung von Windenergie-Konzentrationszonen
zu übernehmen. Die Maßstäblichkeiten und Prüftiefen
der Regionalplanung und der Bauleitplanung
sind ebenenspezifi sch verschieden. Die im Regionalplan
festgelegten Ziele bieten den Gemeinden Konkretisierungsspielräume.
Dies folgt bereits regelmäßig
aus der Maßstäblichkeit der Raumordnungspläne. Die
textlichen Festlegungen können darüber hinaus
Spielräume eröffnen. Maßgeblich für die Übernahme
ist die Lage der Fläche in der zeichnerischen Festlegung
des Regionalplans und nicht der zugrundeliegende
Kriterienkatalog der Regionalplanung, die Referenzanlage
oder die genaue Hektarzahl.
b) Sofern keine Windenergiebereiche im Regionalplan
ausgewiesen sind, ist die Gemeinde hier lediglich
über die anderen Ziele gemäß § 1 Absatz 4 Baugesetzbuch
gebunden (siehe hierzu Nummer 3.2.4).
Die generellen Tabubereiche (siehe Nummer 3.2.4.1) und
die Bereiche, die bei einer Einzelfallprüfung im Rahmen
des Anpassungsverfahrens nach § 34 Landesplanungsgesetz
NRW (siehe Nummer 3.2.4.2) für die Darstellung als
Konzentrationszonen für die Windenergie aus landesund
regionalplanerischen Gründen nicht in Frage kommen,
stellen für die planende Gemeinde verbindliche
Vorgaben dar, die im Rahmen der Abwägung nicht überwunden
werden können.
4.3
Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan
4.3.1
Allgemeine Anforderungen an die Darstellung von Konzentrationszonen
Nach § 5 in Verbindung mit § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
können die Gemeinden im Flächennutzungsplan
„Konzentrationszonen für Windenergieanlagen“
darstellen. Eine solche Darstellung hat das Gewicht eines
öffentlichen Belanges, der einer Windenergieanlage
an anderer Stelle in der Regel entgegensteht, sofern die
Gemeinde die Absicht im Flächennutzungsplan oder seiner
Begründung zum Ausdruck bringt. Demgegenüber
kann die Gemeinde auch eine reine Positivplanung vorsehen
und lediglich die dargestellten Flächen für die
Windenergienutzung vorhalten und gegen konkurrierende
Nutzungen sichern. In einem solchen Fall entfallen
sowohl die spezifi schen Rechtfertigungsanforderungen
als auch die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3
Baugesetzbuch (BVerwG, Urteil v. 31.1.2013 – 4 CN 1.12).
Die Gemeinde ist nicht verpfl ichtet, von dem Planvorbehalt
des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch Gebrauch
zu machen, wenn geeignete Flächen vorhanden sind. Die
Gemeinde wäre dann darauf beschränkt, im Rahmen des
§ 36 Baugesetzbuch geltend zu machen, dass einem bestimmten
Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des
§ 35 Absatz 3 Sätze 1 und 2 Baugesetzbuch entgegenstehen.
Bei der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens
ist die Gemeinde an städtebauliche Gründe gebunden.
Bei rechtswidriger Versagung muss sie mit der Ersetzung
ihres Einvernehmens durch die
Genehmigungsbehörde rechnen (siehe auch BGH, Urt.
vom 16.09.2010 – III ZR 29/10-). Ist hingegen im gesamten
Gemeindegebiet keine geeignete Fläche zu fi nden,
darf die Gemeinde keine Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan
vorsehen, weil mit der Darstellung
von für die Windenergienutzung ungeeigneten Flächen
der Gesetzeszweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
verfehlt würde. Auch in diesem Fall bleibt es beim
allgemeinen Zulässigkeitstatbestand des § 35 Absatz 1
Nummer 5 Baugesetzbuch. Es gibt keine „negative“ Darstellung
im Flächennutzungsplan, die Windenergieanlagen
im Gemeindegebiet gänzlich verhindern. Als Alternative
böte sich eine Darstellung in einem gemeinsamen
Flächennutzungsplan benachbarter Gemeinden gemäß
§ 204 Baugesetzbuch an. Voraussetzung für die Steuerungswirkung
nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
ist bei einem gemeinsamen Flächennutzungsplan, dass
insgesamt im gemeinsamen Planungsraum Konzentrationszonen
ausgewiesen werden.
264 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
4.3.3
Differenzierung nach harten und weichen Tabuzonen
Das Bundesverwaltungsgericht stellt in dem Urteil vom
13.12.2012 fest, dass sich die Gemeinde den Unterschied
zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen
und ihn dokumentieren muss, da die beiden Arten
der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen.
Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen,
deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1
Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch scheitert. Danach haben
die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und
soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung
erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan,
wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit
rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen
(vergleiche BVerwG, Urteil vom 18.3.2004 – 4 CN 4.03).
Harte Tabufl ächen können sich aus dem Fachrecht und
den Zielen der Raumordnung ergeben. Sie sind einer Abwägung
zwischen den Belangen der Windenergienutzung
und widerstreitenden Belangen (§ 1 Absatz 7 Baugesetzbuch)
entzogen.
Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen
zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der
Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher
Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden
werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden,
die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche
für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran,
dass sie keine eigenständige Kategorie im System
des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der
Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel,
was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte
hier nicht von vornherein vorrangig sind und der
Plangeber die weichen Tabuzonen, einer erneuten Betrachtung
und Bewertung unterziehen muss, wenn er als
Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die
Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft
(BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 4 CN 1.11).
Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft – somit
auch die kommunale Bauleitplanung – regeln die Gemeinden
im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung.
Die kommunale Bauleitplanung ist insofern über
das Fachrecht und die Ziele der Raumordnung begrenzt.
Auf dieser Begrenzung fußt die Differenzierung zwischen
harten und weichen Tabuzonen. Harte Tabuzonen
ergeben sich somit über das Fachrecht und die Ziele der
Raumordnung, während die planerische Entscheidung
über weiche Tabuzonen dem Bereich der kommunalen
Planungshoheit zuzuordnen ist.
Die von der Rechtsprechung geforderte Differenzierung
zwischen harten und weichen Tabuzonen knüpft an das
Gebot der Abwägung gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch
an, das heißt zum Zeitpunkt der Abwägung muss sich die
Gemeinde über die geforderte Differenzierung zwischen
harten und weichen Tabuzonen im Klaren sein. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vollzieht
sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts jedoch
abschnittsweise (vergleiche BVerwG, Beschluss vom
15.9.2009 – 4 BN 25.09). In einem ersten Arbeitsschritt
sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln beziehungsweise
zu defi nieren, die für die Nutzung der
Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen
lassen sich in harte und weiche untergliedern. Der Begriff
der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von
Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung,
aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen,
mithin für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet
sind, mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden
Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach
dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen
die Errichtung von Windenergieanlagen von vornherein
ausgeschlossen werden „soll“ (vergleiche BVerwG,
Urteil vom 21.10.2004 – 4 C 2.04). Die Potenzialfl ächen,
die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig
bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf
ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen,
das heißt die öffentlichen Belange, die gegen die
Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone
sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der
Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine
bietsteile zu setzen, die für eine Windenergienutzung
nicht in Betracht kommen (BVerwG, Urteil vom
17.12.2002 – 4 C 15.1). Das Planungskonzept muss im
Ansatz so ausgerichtet sein, dass eine spätere Windenergienutzung
auf Grund der prognostizierten Windhöffigkeit
tatsächlich möglich ist. Der Planungsträger muss
die Entscheidung des Gesetzgebers, Windenergieanlagen
im Außenbereich zu privilegieren (§ 35 Absatz 1 Nummer
5 Baugesetzbuch), beachten und für die Windenergienutzung
im Plangebiet in substantieller Weise Raum
schaffen. Nur auf diese Weise kann er den Vorwurf einer
unzulässigen Negativplanung entkräften. Wo die Grenze
zur unzulässigen Negativplanung verläuft, lässt sich
nicht abstrakt bestimmen. Ob diese Grenze überschritten
ist, kann nur angesichts der tatsächlichen Verhältnisse
im jeweiligen Planungsraum entschieden werden
(BVerwG, Urteil vom 13.3.2003 – 4 C 4.02-). Das Bundesverwaltungsgericht
hat sich dagegen ausgesprochen, die
Frage, ob ein Plan der Windenergie substantiell Raum
verschaffe, ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen
der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten
Konzentrationsfl äche und der Größe derjenigen Potenzialfl
ächen zu beantworten, die sich nach Abzug der harten
Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen
Außenbereichsfl ächen ergibt. Das Bundesverwaltungsgericht
hat die Entscheidung, anhand welcher Kriterien
sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsfl ächenplanung
nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch für
die Nutzung der Windenergie in substanzieller Weise
Raum schafft, den Tatsachengerichten vorbehalten
(BVerwG, Beschluss vom 29.3.2010 – 4 BN 65.09) und
verschiedene Modelle gebilligt (vergleiche BVerwG, Beschluss
vom 22.4.2010 – 4 B 68.09 – und Urteil vom
20.5.2010 – 4 C 7.09). Daran hält das Bundesverwaltungsgericht
mit dem Zusatz fest, dass die von den Tatsachengerichten
entwickelten Kriterien revisionsrechtlich
hinzunehmen sind, wenn sie nicht von einem Rechtsirrtum
infi ziert sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine
Erfahrungssätze verstoßen oder ansonsten für die Beurteilung
des Sachverhalts schlechthin ungeeignet sind
(BVerwG, Urt. 13.12.2012 – 4 CN 1.11).
In dem Urteil vom 20.5.2010 hat das Bundesverwaltungsgericht
(Az. 4 C 7.09) beispielsweise eine Beurteilung
der Frage nach der Schaffung substantiellen Raums
für die Windenergie gebilligt, in die sowohl verschiedene
Relationen, als auch andere Gesichtspunkte wie etwa das
Gewicht der Ausschlusskriterien eingefl ossen sind. Kriterien
für die Bewertung können unter anderem sein:
Größe der Konzentrationsfl äche im Vergleich zur Gemeindegebietsgröße,
zur Größe der im Regionalplan
Südhessen vorgesehenen Mindestgröße für Konzentrationsfl
ächen für Windenergieanlagen und zur Größe der
für die Nutzung der Windenergie reservierten Flächen in
den Nachbargemeinden; Anzahl und Energiemenge der
Windenergieanlagen.
Bei der Darstellung von Konzentrationszonen kann
bspw. auch auf die Ausweisung solcher Gebiete verzichtet
werden, die zu einer Einkreisung von Siedlungsbereichen
führen würden (OVG Magdeburg, Beschluss vom
16.3.2012 – 2 L 2/11). In dem hier zu beurteilenden Fall
ist auf die Ausweisung solcher Gebiete verzichtet worden,
die zu einer Einkreisung von Siedlungsbereichen
führen und damit auf die Bewohner bedrohlich wirken
und sie belästigen würden. Bei der Planung wurde angenommen,
dass eine Einkreisung dann vorliege, wenn ein
Windpark in einem Winkel von 120° um den Siedlungsbereich
eine deutlich sichtbare, geschlossene, den Siedlungsbereich
umgreifende Kulisse umgeben würde.
In der Begründung des Flächennutzungsplans ist im
Einzelnen darzustellen, welche Zielsetzung und Kriterien
für die Abgrenzung der Konzentrationszonen maßgebend
waren. Die gemeindliche Entscheidung muss jedoch
nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen
die positive Standortausweisung getragen
wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es
rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen
freizuhalten (vergleiche BVerwG, Beschluss
vom 15.9.2009 – 4 BN 25.09). Ein schlüssiges Gesamtkonzept
liegt jedoch nur dann vor, wenn die Gemeinde
die als abwägungserheblich zu erkennenden Belange
vollständig ermittelt (vergleiche OVG Rheinland-Pfalz,
Urteil vom 28.2.2008 – 1 C 11131/07).
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 265
mäß § 7 Baugesetzbuch dem Flächennutzungsplan insoweit
anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen
haben.
Das Oberverwaltungsgericht NRW weist grundsätzlich
auf die fachrechtlichen Schranken der Bauleitplanung
hin, die durch die Bauleitplanung selber nicht überwunden
werden können (Urteil vom 01.07.2013 – 2 D 46/12.
NE). Wie oben bereits ausgeführt, ist es der planenden
Gemeinde jedoch möglich, eine entsprechende Änderung
der fachrechtlichen oder raumordnungsrechtlichen Beurteilungsgrundlage
anzuregen beziehungsweise zu beantragen.
Bezüglich der naturschutzrechtlichen bedeutsamen
Gebiete fi ndet sich in den Nummer 8.2.2.2 und
8.2.2.5 eine entsprechend begründete Zuordnung zu harten
und weichen Tabuzonen.
Grafi k „Prüfschritte Konzentrationszonenplanung“
siehe Anhang.
4.3.4
Änderung der Konzentrationszonen
Plant eine Gemeinde zusätzliche Konzentrationszonen,
verändert sie die Darstellung von Konzentrationszonen
oder werden einzelne Zonen aufgehoben, bedarf es einer
erneuten Abwägung.
Bei einem Eingriff in einen einmal hergestellten Ausgleich
zwischen Positiv- und Negativausweisungen verschiebt
sich das Gesamtgefüge des Planungskonzepts. Im
Hinblick auf diese Wirkungen muss die Gemeinde erneut
in die Abwägung der für und gegen die wegfallenden
oder hinzutretenden Standorte sprechenden Belange eintreten
und dabei das gesamte Gemeindegebiet erneut in
den Blick nehmen (vergleiche OVG NRW, Urteil vom
19.6.2007 – 8 A 2677/06). Kann eine Gemeinde bei dieser
Abwägung auf bereits vorhandenes Abwägungsmaterial
– beispielsweise der Ermittlung der Windhöffigkeit – zurückgreifen,
ist dies zulässig, soweit diese Untersuchungen
noch aktuell sind und sie die Gemeinde in die Lage
versetzen, zum Zeitpunkt der Abwägung den entsprechenden
Belang ausreichend ermittelt zu haben.
Dabei ist es durchaus möglich, bestehende Konzentrationszonen
anders zu bewerten als neue. Eine differenzierte
Behandlung von Bestand und Neuplanung ist der
Bauleitplanung, beispielsweise bei der Bauleitplanung in
Gemengelagen, insgesamt nicht fremd. Hat eine Gemeinde
bspw. im Rahmen eines früheren Bauleitplanverfahrens
Abstände von 500 m zu Einzelgehöften im Außenbereich
als weiches Tabukriterium gesetzt, kann dies
zur Folge haben, dass die so ermittelten Konzentrationszonen
bei einem neuen – nun größeren – Abstand von
zum Beispiel 650 m deutlich kleiner aus- beziehungsweise
in Gänze wegfi elen. Entspricht dies nicht den planerischen
Vorstellungen der Gemeinde, ist es durchaus
denkbar, dass sie in ihrem aktuellen Konzept für die bestehenden
Konzentrationszonen die bisherigen Abstände
beibehält und für weitere Konzentrationszonen auch andere
Abstände wählt. Die für eine differenzierte Behandlung
von Bestand und Neuplanung sprechenden Gründe
sind in der Abwägung und der Begründung nachvollziehbar
zu dokumentieren.
Weist die Gemeinde neue Konzentrationszonen aus, folgt
daraus nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des
Flächennutzungsplanes zur Erzielung der Konzentrationswirkung
nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
nicht ausreichend sind (§ 249 Absatz 1 Baugesetzbuch).
Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass die
bisherigen Ausweisungen ausreichend waren, um der
Windenergienutzung in substantieller Weise Rechnung
zu tragen. Auch im Falle einer Neuausweisung von Konzentrationszonen
für Windenergie müssen alle Zonen im
Planungsraum aus einem schlüssigen Gesamtkonzept
abgeleitet sein.
Wie in Kapitel 4.3.1 bereits erwähnt, kann eine Gemeinde
auch eine reine Positivplanung vorsehen, um die
dargestellten Flächen für die Windenergienutzung lediglich
vorzuhalten und gegen konkurrierende Nutzungen
zu sichern. Im Urteil vom 17.05.2017 hat sich das Oberverwaltungsgericht
NRW mit der Ausweisung zusätzlicher
Positivfl ächen für die Nutzung von Windenergie
nach § 249 Abs. 1 Baugesetzbuch befasst (2 D 22/15.NE).
In diesem Fall hatte die isolierte Ausweisung einer Posi-
Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Absatz
1 Nummer 5 Baugesetzbuch gerecht wird (BVerwG,
Urteil vom 13.12.2012 – 4 CN 1.11).
Im Erarbeitungsprozess eines Flächennutzungsplans
kann sich die gemeindliche Bewertung einer Tabuzone in
hart und weich jedoch ändern, da die Gemeinde erst
über die Beteiligung der jeweiligen Fachbehörden Klarheit
darüber erlangt, ob ein Bereich für die Windenergienutzung
schlechthin ungeeignet ist oder zur Disposition
steht. Hierbei bildet die Stellungnahme der zuständigen
Fachbehörde ein gewichtiges Indiz (BVerwG, Urteil vom
17.12.2002 – 4 C 15.01). Auch ist es einer Gemeinde unbenommen,
Planungen in Bereichen vorzusehen, die zwar
zum Beginn des Planungsprozesses fachrechtlich oder
raumordnungsrechtlich blockiert sind, bei denen die Gemeinde
jedoch eine entsprechende Änderung der fachrechtlichen
oder raumordnungsrechtlichen Beurteilungsgrundlage
anregt beziehungsweise beantragt.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG NRW, Urteil vom
22.9.2015, 10 D 82/13.NE) hat die Auffassung vertreten,
dass Waldfl ächen grundsätzlich keine harten Tabuzonen
sind. Nach dem Forstrecht ist es nicht möglich, Windenergieanlagen
im Wald ohne vorherige Waldumwandlungsgenehmigung
nach § 39 Landesforstgesetz zu errichten.
Das Forstrecht eröffnet jedoch mit der Waldumwandlung
die Möglichkeit, den Standort der
Windenergieanlage aus dem Forstrecht zu entlassen.
Wenn die zuständige Forstbehörde im Verfahren zur Aufstellung
eines Flächennutzungsplans eine Waldumwandlung
für bestimmte Waldbereiche in Aussicht stellt, ist es
der Gemeinde grundsätzlich möglich, eine Konzentrationszone
für Windenergie im Wald darzustellen. Ist eine
Waldumwandlung nicht möglich, sind die Waldfl ächen
als harte Tabuzonen anzusehen. Dabei ist zu beachten,
dass die Tabukriterien abstrakt defi niert und einheitlich
angelegt werden müssen. Für eine differenzierte ortsbezogene
Anwendung der Restriktionskriterien ist bei der
Ermittlung der Potenzialfl ächen kein Raum. Die Betrachtung
der konkreten örtlichen Verhältnisse erfolgt
erst auf der nächsten Stufe, nämlich wenn es darum
geht, für die jeweilige Potenzialfl äche im Wege der Abwägung
zu entscheiden, ob sich auf ihr die Windenergie
oder eine andere Nutzung durchsetzen soll (vergleiche
BVerwG, Beschluss vom 15.9.2009 – 4 BN 25/09). Für die
Ermittlung von Tabubereichen reicht es beispielsweise
nicht aus, festzustellen, dass auf einzelnen Waldfl ächen
eine Waldumwandlung in Aussicht gestellt wird, wenn
im Planungsraum vergleichbare Flächen zur Verfügung
stehen. Die Tabukriterien müssen für den Planungsraum
abstrakt defi niert und einheitlich angelegt sein. Für den
Bereich des Waldes würde dies erfordern, dass abstrakte
einheitliche Differenzierungen erforderlich sind, welche
Arten von Wald für eine Windenergienutzung zur Verfügung
stehen oder stehen sollen und welche Arten von
Wald diese Nutzung nicht zulassen. Die Differenzierung
kann sich aus naturräumlichen Gegebenheiten wie einer
vorhandenen Vorbelastung von Flächen oder einer Bewertung
der Waldfl ächen ergeben. Hinsichtlich der fachlichen
Kriterien wird auf Kapitel 8.2.2.4 verwiesen.
Die jeweiligen Fachbehörden sind insofern gehalten, im
Aufstellungsverfahren zum Flächennutzungsplan der
Gemeinde verbindlich zu erklären, dass bestimmte Flächen
für eine Windenergienutzung grundsätzlich in
Frage kommen und sie – falls erforderlich – eine entsprechende
Ausnahme oder Befreiung in Aussicht stellen.
Nur über diese Auskunft ist es der Gemeinde möglich,
zum Zeitpunkt der Abwägung (Feststellungsbeschluss)
verlässliche Aussagen über die Qualität der jeweiligen
Tabuzone zu treffen. Dies entbindet die Gemeinde jedoch
nicht, die geforderte Unterscheidung in harte und weiche
Tabuzonen zunächst selber vorzunehmen. Ist sich eine
Gemeinde, auch mit Unterstützung der jeweiligen Fachbehörde,
nicht sicher, ob eine Fläche zu den harten oder
weichen Tabuzonen zu zählen ist, kann sie einen Fehler
im Abwägungsvorgang dadurch vermeiden, dass sie unterstellt,
bei der Fläche handele es sich um eine weiche
Tabufl äche, und die maßgeblichen Kriterien bei der Abwägung
den Belangen der Windenergie vorzieht (OVG
NRW, Urteil vom 26.9.2013 – 16 A 1294/08; – 16 A
1295/08; – 16 A 1296/08).
Öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder § 13 Baugesetzbuch
beteiligt wurden, haben ihre Planungen ge266
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
ter, zum Beispiel bestimmte Landschaftsschutzgebiete,
vermindert beziehungsweise die geltenden Abstandsregelungen
in derart durch Vorbelastung betroffenen Räumen
relativiert werden können. In der Begründung des
Flächennutzungsplans sollte dargelegt werden, ob es sich
um die Einschätzung einer Fachbehörde oder um eine
planerische Erwägung der Gemeinde handelt, um diese
Frage auch schlüssig im Planungskonzept (Differenzierung
in harte und weiche Tabukriterien) abbilden zu
können. Die von den jeweiligen Infrastrukturachsen
(Bundesfernstraßen, Hauptschienenwege, Hochspannungsfreileitungen)
in unterschiedlicher Weise ausgehenden
Vorbelastungen, insbesondere Lärm und Landschaftsbeeinträchtigungen,
können dazu genutzt werden,
zusätzliche Belastungen durch Windenergieanlagen hier
verstärkt zu bündeln und dafür bisher nicht belastete,
ungestörte Landschaftsbereiche zu schonen. Die Anbauverbots-
beziehungsweise Anbaubeschränkungszonen zu
Infrastrukturtrassen (siehe 8.2.5 zu Straßen) sind zu beachten.
Detailliertere Ausführungen können der Studie
„Abschätzung der Ausbaupotentiale der Windenergie an
Infrastrukturachsen und Entwicklung der Kriterien der
Zulässigkeit“ der Planungsbüros Bosch & Partner, Peters
Umweltplanung, Deutsche WindGuard, Prof. Stefan
Klinski und Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg,
Abschlussbericht vom 31.03.2009 entnommen werden.
Bei der konkreten Anlagenplanung ist Nummer 5.2.1.4
zu beachten.
4.3.7
Höhenbegrenzungen
Nach § 16 Absatz 1 Baunutzungsverordnung kann die
Höhe baulicher Anlagen begrenzt werden. Höhenbeschränkungen
sind zulässig, wenn sie aus der konkreten
Situation abgeleitet und städtebaulich begründet sind.
Nicht jede Veränderung des Orts- und Landschaftsbildes
begründet eine städtebauliche Höhenbeschränkung; es
müssen konkrete Gründe vorliegen, die im Einzelfall
dazu führen, dass die städtebauliche Situation relevant
negativ verändert wird.
Bei der Ausweisung einer Konzentrationszone mit Höhenbeschränkung
muss in die Abwägung eingestellt werden,
dass die Konzentrationszone zwar nicht einen optimalen
Ertrag ermöglichen soll, aber auch unter Berücksichtigung
der beschränkenden Regelungen
wirtschaftlich noch sinnvoll genutzt werden kann (siehe
auch Nummer 4.9). Die erforderliche Gesamthöhe kann
im Einzelfall je nach Windhöffigkeit und Geländerauhigkeit
höher oder geringer ausfallen. Ist eine ausgewiesene
Konzentrationszone in 7 Jahren (Plangewährleistungsfrist
nach § 42 Absatz 2 Baugesetzbuch) nach Ausweisung
mit Höhenbegrenzung nicht oder nur ganz unwesentlich
genutzt worden, wird der Kommune empfohlen,
die Ausweisung dieser Konzentrationszone mit Höhenbeschränkung
zu überprüfen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass die
Fläche, die der Errichtung von Windenergieanlagen vorbehalten
ist, nicht so beschaffen sein muss, dass sie eine
bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Es reicht aus,
wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem
Zweck angemessene Nutzung gegeben sind (BVerwG,
Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15.01; Beschluss vom
02.04.2013 – 4 BN 37.12).
Bestehende Höhenbeschränkungen etwa von 100 m bilden
dennoch derzeit in vielen Regionen ein bedeutendes
Hemmnis bei der Realisierung geplanter Repowering-
Vorhaben. Für die Realisierung von Repowering-
Vorhaben eignen sich nur Windenergieanlagen der
Multimegawattklasse. Diese erreichen aber eine erheblich
höhere Gesamthöhe als 100 m. Den Gemeinden wird
daher empfohlen, die Höhenbegrenzung zu überprüfen
und aufzuheben, wenn sie die Nutzungsmöglichkeiten
der ausgewiesenen Flächen im Rahmen des Erstausbaus
oder des Repowerings erweitern wollen.
Die Frage, welche Belange bei einer isolierten Aufhebung
von Höhenbeschränkungen im Rahmen der gemeindlichen
Planung geprüft werden müssen und inwieweit das
Gesamtgefüge des Planungskonzepts in den Blick genommen
werden muss, ist unter Berücksichtigung der
Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, das heißt insbesondere
im Hinblick auf die städtebaulichen oder
tivfl äche das ursprüngliche Planungskonzept des Flächennutzungsplans
und die zugrundeliegenden Ausschlusskriterien
nicht konterkariert. Da davon auszugehen
ist, dass die Gemeinden auch bei der Ausweisung
weiterer Flächen – unabhängig, ob es sich um eine weitere
Konzentrationszone oder um eine reine Positivfl äche
handelt – an der Aufrechterhaltung der bestehenden
Steuerungswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch
festhalten wollen, ist den Gemeinden zu empfehlen,
dass sie sich bei der Ausweisung von weiteren Flächen
nicht über die eigenen Kriterien, auf denen ihr Gesamtkonzept
zur Steuerung der Windenergie beruht, hinwegsetzen.
Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass dadurch
gegebenenfalls die Ausschlusswirkung der vorherigen
Flächennutzungsplanänderung obsolet werden könnte,
auch wenn dies nicht zur Unwirksamkeit der Darstellung
der Positivfl äche führen müsste.
Das Gesamtkonzept ist dann weiter in sich schlüssig,
wenn es auf der Anwendung abstrakter, einheitlicher
Kriterien beruht. Plant eine Gemeinde beispielsweise innerhalb
einer nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen
verbleibenden Potenzialfl äche eine weitere Zone,
dürfte es vom Aufwand her vergleichbar sein, wenn es
sich dabei um eine weitere Konzentrationszone oder um
eine reine Positivfl äche handelt. Wenn sich Gemeinden
für eine Steuerung der Windenergie über Konzentrationszonen
entschieden haben, wird empfohlen, an dieser
Konzeption festzuhalten und weitere Zonen als Konzentrationszonen
auszuweisen.
Bei der Aufhebung einzelner Konzentrationszonen ist
die Frage, ob der Plan der Windenergie substantiell
Raum verschafft, zu prüfen. Dazu wird auf die Ausführungen
unter Nummer 4.3.2 verwiesen. Weiterhin sollte
die Frage möglicher Entschädigungsansprüche (siehe
Nummer 4.8) geprüft werden.
4.3.5
Sachlicher und räumlicher Teilfl ächennutzungsplan
Nach § 5 Absatz 2 lit. b) Baugesetzbuch können für Darstellungen
des Flächennutzungsplanes mit den Rechtswirkungen
des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch auch
sachliche Teilfl ächennutzungspläne aufgestellt werden;
sie können auch für Teile des Gemeindegebietes aufgestellt
werden (sachliche und räumliche Teilfl ächennutzungspläne).
Die Anforderungen an die kommunale Planung
zur Erlangung der Ausschlusswirkung beziehen
sich dann nur auf das Gebiet des räumlichen Teilfl ächennutzungsplanes.
Ein Gesamtkonzept für das gesamte Gemeindegebiet
ist in diesem Fall mithin nicht erforderlich.
Ein räumlicher Teilfl ächennutzungsplan kann möglicherweise
sinnvoll für Kommunen sein, die bisher noch
keine Konzentrationszonen für Windenergieanlagen ausgewiesen
haben. Dieses Instrument kann dann zweckmäßig
sein, wenn in einem Teil des Gemeindegebiets für die
Windenergie städtebaulich begründet kein Steuerungsanlass
besteht, sondern die Windenergie über § 35 Absatz
1 Nummer 5 Baugesetzbuch zulässig sein soll. Wenn
Gemeinden bereits über Konzentrationszonen für die
Windenergienutzung im gesamten Gemeindegebiet verfügen,
ist vom Gebrauch des räumlichen Teilfl ächennutzungsplanes
abzuraten, da eine rechtssichere Abwägung
aufgrund des vorhandenen Gesamtkonzepts kaum möglich
erscheint.
4.3.6
Konzentrationszonen entlang vorhandener Infrastruktur
Bei der Erarbeitung eines schlüssigen Plankonzepts zur
Steuerung der Standorte von Windenergieanlagen können
Überlegungen zur Standortwahl von Windenergieanlagen
entlang von Infrastrukturtrassen zum Tragen
kommen.
Der Ansatz dabei ist, dass unter bestimmten Umständen
vergleichbare oder ähnliche Umweltauswirkungen von
Infrastrukturtrassen und Windenergieanlagen bestehen,
die sich so überlagern, dass die Trassenkorridore, die
durch die bestehenden Belastungen bereits in ihrer Wertigkeit
gemindert werden, durch eine zusätzliche Belastung
durch neue Windenergieanlagen nicht oder eher geringfügig
weiter entwertet werden. Ausgehend von diesem
Ansatz könnte begründet werden, dass die
Wertigkeit von Gebietskategorien mit AusschlusscharakMinisterialblatt
für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 267
dann der Fall sein, wenn das Vorhaben nach dem aktuellen
Planungsstand innerhalb einer in Aussicht genommenen
Konzentrationszone liegen würde, solange noch
nicht hinreichend sicher damit gerechnet werden kann,
dass es hierbei verbleibt (OVG NRW, Beschluss vom
18.12.2014 – 8 B 646/14). Um eine Sicherung in einem
möglichst frühen Planungsstadium zu ermöglichen, sind
an den Nachweis des Sicherungserfordernisses keine besonders
hohen Anforderungen zu stellen. Bloße Vermutungen
reichen allerdings nicht aus (OVG NRW, Beschluss
vom 02.06.2015 – 8 B 178/15).
Der Zeitraum der Zurückstellung ist in dem Zurückstellungsbescheid
anzugeben und darf längstens ein Jahr ab
Zugang des Bescheids betragen. Die Zeit zwischen dem
Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde
bis zur Zustellung des Zurückstellungsbescheides wird
auf die Jahresfrist nur insoweit nicht angerechnet, als
dieser Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich
war (§ 15 Absatz 3 Satz 2 Baugesetzbuch). Die
Gemeinde hat den Zurückstellungsantrag innerhalb von
sechs Monaten zu stellen, nachdem sie erstmals in einem
Verwaltungsverfahren förmlich (zum Beispiel im Rahmen
einer Beteiligung nach § 36 Baugesetzbuch) von
dem Bauvorhaben Kenntnis erlangt hat, § 15 Absatz 3
Satz 3 Baugesetzbuch. Die Sechsmonatsfrist beginnt erneut
zu laufen, wenn ein Genehmigungsantrag aufgrund
seines geänderten Inhalts die Frage der planungsrechtlichen
Beurteilung neu aufwirft und deshalb der Gemeinde
erneut Gelegenheit zu geben ist, ihre Bauleitplanung
zu überdenken (OVG NRW, Beschluss vom
02.06.2015 – 8 B 186/15).
§ 15 Absatz 3 Satz 4 Baugesetzbuch ermöglicht, die Entscheidung
über ein Baugesuch für ein Vorhaben nach
§ 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 Baugesetzbuch um ein
weiteres Jahr auszusetzen, wenn hierfür besondere Umstände
vorliegen. Ein Planverfahren ist in diesem Sinne
durch besondere Umstände gekennzeichnet, wenn es sich
von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen
Planungstätigkeit wesentlich abhebt. Das ist der
Fall, wenn das Planverfahren Besonderheiten des Umfangs,
des Schwierigkeitsgrades oder des Verfahrensablaufs
aufweist. Vergleichsmaßstab ist der allgemeine
Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit,
nicht lediglich die sonstige Konzentrationsfl ächenplanung.
Notwendig ist, dass die Aufstellung des Plans gerade
wegen dieser Besonderheiten mehr als die übliche
Zeit erfordert. Die Gemeinde darf die Verzögerung nicht
zu vertreten haben (OVG NRW, Beschluss vom 25.11.2014
– 8 B 690/14).
Als besondere Umstände können insbesondere in Betracht
kommen:
Gutachten zu Umweltauswirkungen sind nicht abgeschlossen.
Stellungnahmen beteiligter Behörden liegen wegen erforderlicher,
insbesondere auch rechtlicher Maßnahmen
noch nicht vor.
Die Öffentlichkeitsbeteiligung nach §§ 3 Absatz 2 und 4a
Absatz 3 Baugesetzbuch (erneute öffentliche Auslegung)
und deren Auswertung sind noch nicht abgeschlossen.
Die interkommunale Zusammenarbeit nach § 2 Absatz 2
Baugesetzbuch erfordert eine umfangreichere Abstimmung
und damit einen erhöhten Zeitaufwand.
Der Antrag nach § 15 Absatz 3 Satz 4 Baugesetzbuch
sollte im Blick auf die anstehende Entscheidung über die
Genehmigung der betreffenden Vorhaben so rechtzeitig
gestellt werden, dass sich die Zurückstellung um einen
weiteren Zeitraum unmittelbar an den Ablauf der ersten
Zurückstellung anschließt. Die übliche Bearbeitungszeit
bei der Genehmigungsbehörde ist dabei zu berücksichtigen.
Die Gemeinde legt bei der Antragstellung die besonderen
Umstände für die Verlängerung dar.
Der Zurückstellungsantrag ist nicht mehr möglich, wenn
die Genehmigung erteilt ist.
4.4
Bebauungsplan
Die Gemeinde kann die Errichtung von Windenergieanlagen
in im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentfachrechtlichen
Gründe, die der Höhenbeschränkung zugrunde
lagen.
Werden in einem Flächennutzungsplan zusätzliche Flächen
für die Nutzung von Windenergie dargestellt, folgt
daraus nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des
Flächennutzungsplans zur Erzielung der Rechtswirkungen
des § 35 Absatz 3 Satz 3 nicht ausreichend sind. Dies
gilt gem. § 249 Absatz 1 Satz 2 Baugesetzbuch entsprechend
bei der Änderung oder Aufhebung von Darstellungen
zum Maß der baulichen Nutzung (Höhenbegrenzungen).
Die Akzeptanz einer Hinderniskennzeichnung (insbesondere
Befeuerung) ab 100 m Anlagenhöhe lässt sich
auch ohne Höhenbeschränkung durch Aufl agen zu technischen
Maßnahmen verbessern. Nach der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen
(AVV Luftfahrtkennzeichnung) ist es
schon seit 2007 möglich, insbesondere durch die Verwendung
von Sichtweitenmessgeräten bei guter Sicht die
Befeuerung zu reduzieren und überdies zu synchronisieren
und nach unten abzuschirmen. Mit der Novellierung
der AVV 2015 wurden rechtliche Rahmenbedingungen
geschaffen, die die bisherigen Maßnahmen zur Störwirkungsminimierung
bei der Kennzeichnung von Windenergieanlagen
erheblich erweitern. Hierzu gehört unter
anderem die neu eingeführte Möglichkeit einer bedarfsgesteuerten
Nachtkennzeichnung für Windenergieanlagen.
Daneben werden im Rahmen der Nachtkennzeichnung
Obergrenzen für die Lichtstärke sowie begrenzende
Abstrahlwinkel defi niert und die bisherige
Ermessens-Vorschrift für die Synchronisierung von Feuern
wird nunmehr verpfl ichtend. Die Anforderungen an
die Hindernisbefeuerungsebenen am Turm von Windenergieanlagen
mit einer Gesamthöhe von mehr als 150
Meter über Grund werden dahingehend neu gefasst, dass
für einen großen Teil der Windenergieanlagen künftig
weniger Hindernisbefeuerungsebenen erforderlich werden.
Die neue Möglichkeit der bedarfsgesteuerten Befeuerung
kann dem Projektierenden im immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahren als Aufl age aufgegeben
werden, sofern die Luftfahrtbehörde die erforderliche
Zustimmung erteilt hat und die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit
gegeben ist. Technisch zuverlässige Lösungen
zur Minderung der Lichtimmissionen können Höhenbeschränkungen
entbehrlich machen.
Im Zusammenhang mit der Neuausrichtung der Bundeswehr
hat diese ihr Nachttiefflugsystem untersucht. In einem
ersten Schritt konnte die Bundeswehr im bestehenden
Nachttiefflugsystem ad hoc zahlreiche Streckenabschnitte
identifi zieren, unter denen Bauhöhen von
Windenergieanlagen bis zu einer maximalen Höhe von
213 Meter über Grund zulässig sind. In einem nächsten
Schritt konnte aufgrund der Standortentscheidungen
und unter Berücksichtigung der künftigen Luftfahrzeugfl
otten- und Fähigkeitsentwicklung eine bundesweite bedarfsabhängige
Anhebung der Untergrenze des Nachttiefflugsystems
um ca. 100 Meter ermöglicht werden. Mit
dieser Entscheidung der Bundeswehr entfallen zuvor
geltend gemachte Rechtfertigungen für Bauhöhenbeschränkungen
für Windenergieanlagen aus Gründen militärischer
Tiefflugübungsstrecken bis zu einer Höhe von
213 Meter über Grund. Bei der Überprüfung bestehender
Höhenbegrenzungen sollten die Gemeinden dies berücksichtigen.
4.3.8
Sicherung der Planung
Die Zurückstellung von Baugesuchen zur Sicherung der
gemeindlichen Planungshoheit ist unter den Voraussetzungen
des § 15 Absatz 3 Baugesetzbuch (für Vorhaben
nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 Baugesetzbuch)
möglich. Diese Regelung ist auf immissionsschutzrechtliche
Genehmigungsverfahren entsprechend anwendbar
(OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2014 – 8 B 646/14).
Die Prognose einer Gefährdung der gemeindlichen Planung
ist gerechtfertigt, wenn objektive Anhaltspunkte
dafür vorliegen, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben
dieser Planung – nach dem jeweiligen Stand des
Planungsverfahrens und gemessen an der Plankonzeption
und den Planzielen – widerspricht oder dass ein solcher
Widerspruch zumindest möglich ist. Dies kann auch
268 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
Sofern die Errichtung von Windenergieanlagen in Konzentrationszonen
für die Windenergienutzung im Widerspruch
zum Fachplanungsrecht stünde, zum Beispiel
Baufl äche im Bereich einer Landschaftsschutzverordnung,
ist es zwingend erforderlich, dass die entsprechende
Fachplanung auch schon im Planverfahren darlegt,
ob eine Ausnahme beziehungsweise Befreiung in
Aussicht gestellt werden kann. Ist dies nicht der Fall, ist
eine Planung nicht zielführend.
Öffentliche Planungsträger, die nach § 4 Baugesetzbuch
oder § 13 Baugesetzbuch beteiligt worden sind, haben
ihre Planungen gemäß § 7 Baugesetzbuch dem Flächennutzungsplan
insoweit anzupassen, als sie diesem Plan
nicht widersprochen haben.
4.7
Umweltprüfung in der Bauleitplanung
Seit Inkrafttreten der Änderungen des Baugesetzbuchs
durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau am
20.7.2004 muss grundsätzlich bei allen Flächennutzungsund
Bebauungsplanungen für die Belange des Umweltschutzes
eine Umweltprüfung (UP) durchgeführt werden,
in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen
zu ermitteln und in einem Umweltbericht
zu beschreiben und zu bewerten sind. Mit der Umweltprüfung
werden Auswirkungen eines Vorhabens abgeschätzt
auf
a) Menschen, Tiere und Pfl anzen,
b) Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
c) Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
d) Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten
Schutzgütern.
In diese Prüfung sind auch noch weitere Umweltbelange
einzubeziehen, die in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Baugesetzbuch
und § 1a Baugesetzbuch aufgeführt sind und die
letztlich auch dem Schutz der vorgenannten Umweltgüter
dienen.
Bei dieser Umweltprüfung werden auch die Behörden
und die Öffentlichkeit beteiligt. Das Ergebnis dieser
Umweltfolgenabschätzung ist in der bauleitplanerischen
Abwägung zu berücksichtigen. Die Umweltprüfung in
der Bauleitplanung ist als umfassendes Prüfverfahren
konzipiert, das den Anforderungen, sowohl der
EU-Richtlinie für die projektbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung
(UVP) als auch der EU-Richtlinie für
die planbezogene Umweltprüfung entspricht.
Im Falle einer bereits in anderen Planverfahren (zum
Beispiel der Regionalplanung) durchgeführten Umweltprüfung
kann sich die Umweltprüfung in dem zeitlich
nachfolgenden Planverfahren auf zusätzliche oder andere
erhebliche Umweltauswirkungen beschränken.
4.8
Entschädigungsansprüche bei Änderung der Bauleitplanung
Bei der Änderung oder Aufhebung von Bebauungsplänen
mit Festsetzungen zur Zulässigkeit von Windenergieanlagen
ist zu prüfen, ob Entschädigungsansprüche nach
den §§ 39ff. Baugesetzbuch entstehen können.
Auch wenn die Nutzungsmöglichkeiten, die § 35 Baugesetzbuch
eröffnet, grundsätzlich nicht die in § 42 Baugesetzbuch
vorausgesetzte Qualität einer eigentumsrechtlichen
Position haben (vergleiche BVerwG, Urteil vom
11.4.2013, 4 CN 2.12), kann möglicherweise bei der Änderung
oder Aufhebung einer Konzentrationszone im
Flächennutzungsplan etwas anderes gelten. In seinem
Urteil vom 26.4.2007 (vergleiche BVerwG, Urteil vom
26.4.2007 – 4 CN 3/06) hat das Bundesverwaltungsgericht
die Möglichkeit zur Normenkontrolle gemäß § 47
Absatz 1 Nummer 1 Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) auf die Darstellung von Konzentrationsfl ächen
in einem Flächennutzungsplan (Sonderbaufl ächen im
Sinne von § 5 Absatz 2 Nummer 1 Baugesetzbuch, § 1
Absatz 1 Nummer 4 Baunutzungsverordnung), mit denen
die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
erreicht werden sollen, erweitert. § 35 Absatz 3
Satz 3 Baugesetzbuch verleiht derartigen Darstellungen
rechtliche Außenwirkung gegenüber den Bauantragstelrationszonen
einer Feinsteuerung durch Bebauungspläne
(zum Beispiel Festlegung der Standorte der Anlagen) unterziehen
und diese Bebauungsplanung durch eine Veränderungssperre
sichern. Die Aufstellung eines Bebauungsplanes
kann insbesondere zur Ermöglichung eines
Repowering sinnvoll sein (vergleiche Nummer 4.9).
Die Sonderregelungen des § 249 Absatz 1 Sätze 1 und 2
Baugesetzbuch gelten für Bebauungspläne, die aus den
Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt
werden, entsprechend (vergleiche § 249 Absatz 1 Satz 3
Baugesetzbuch).
Die Gemeinde kann den Abstand von Windenergieanlagen
untereinander in einem Bebauungsplan dadurch
steuern, dass sie Baugrenzen festsetzt, innerhalb derer
jeweils nur eine Windenergieanlage Platz fi ndet. Im Bebauungsplan
können sowohl Baugrenzen festgesetzt
werden, die allein für Fundament und Turm gelten, als
auch Baugrenzen, die sich darüber hinaus auf den Rotor
der Windenergieanlage beziehen. Gemäß § 23 Absatz 3
Satz 1, § 16 Absatz 5 Baunutzungsverordnung können
außerdem für Fundament und Turm einerseits und die
Rotoren andererseits unterschiedliche Baugrenzen festgesetzt
werden. In jedem Fall muss hinreichend bestimmt
sein, worauf sich die Baugrenze bezieht.
Darüber hinaus können Festsetzungen zum Maß der
baulichen Nutzung, zur Erschließung, zum Immissionsschutz,
zu den erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
getroffen und gegebenenfalls örtliche Bauvorschriften
nach § 86 Landesbauordnung in der Fassung
der Bekanntmachung vom 1. März 2000 (GV. NRW.
S. 256), die zuletzt durch Gesetz vom 15. Dezember 2016
(GV. NRW. S. 1162) geändert worden ist, über die äußere
Gestaltung erlassen werden. Dies gilt entsprechend bei
der Festsetzung von Flächen für Versorgungsanlagen.
Hinsichtlich der Höhenbeschränkung gilt das unter
Nummer 4.3.7 Ausgeführte entsprechend.
Eine Veränderungssperre ist gemäß § 14 Baugesetzbuch
zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich
zulässig. Die Planung, die die Veränderungssperre
sichern soll, muss ein Mindestmaß dessen erkennen lassen,
was Inhalt des zu erlassenden Bebauungsplans sein
soll. Eine Planung, bei der in einem raumordnerisch für
die Windenergie vorgesehenen Gebiet Festsetzungen von
„Null bis Hundert“ möglich sind, also alles noch offen
ist, kann nicht durch Veränderungssperre gesichert werden
(OVG NRW, Urteil vom 28.01.2005 – 7 D 4/03.NE).
4.5
Vorhabenbezogener Bebauungsplan
Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan
gemäß § 12 Baugesetzbuch die Zulässigkeit
von Vorhaben bestimmen, soweit ein Vorhabenträger auf
der Grundlage eines von ihm vorgelegten und mit der
Gemeinde abgestimmten Planes zur Durchführung der
Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen bereit und
in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer
bestimmten Frist und zur Übernahme der Planungsund
Erschließungskosten ganz oder teilweise verpfl ichtet.
4.6
Beteiligung
Die Gemeinde holt gemäß § 4 Absatz 2 Baugesetzbuch
die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger
öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die
Planung berührt werden kann, zum Planentwurf und zu
der Begründung ein. Sie beteiligt gemäß § 3 Baugesetzbuch
die Öffentlichkeit. Das OVG NRW hat festgestellt,
dass im Rahmen der Bekanntmachung der Offenlage
nach § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch zur Planung einer Konzentrationszone
auf den Geltungsbereich der Ausschlusswirkung
nach § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch
hinzuweisen sei. Ebenso wurde festgestellt, dass es aus
rechtsstaatlichen Gründen erforderlich sei, dass dem Adressaten
der Bekanntmachung nach § 6 Abs. 5 Baugesetzbuch
der räumliche Geltungsbereich der Darstellung
der Konzentrationszone hinreichend deutlich gemacht
werde; dies sei bei einer solchen Darstellung grundsätzlich
der gesamte Außenbereich der Gemeinde (OVG
NRW, 7 D 100/15.NE, 06.12.2017).
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 269
lagen bereits errichtet wurden. Wenn diese Anlagen nunmehr
außerhalb der Konzentrationszonen liegen, ist eine
Neuerrichtung am alten Standort in der Regel nicht
mehr möglich.
Bei der planungsrechtlichen Absicherung des Repowering
ist es zunächst von Bedeutung, dass dem Repowering
innerhalb der Konzentrationszonen genügend Fläche
zur Verfügung gestellt wird.
Gemäß § 249 Absatz 2 Baugesetzbuch kann nach § 9 Absatz
2 Satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch auch festgesetzt
werden, dass die im Bebauungsplan festgesetzten Windenergieanlagen
nur zulässig sind, wenn sichergestellt ist,
dass nach der Errichtung der im Bebauungsplan festgesetzten
Windenergieanlagen andere im Bebauungsplan
bezeichnete Windenergieanlagen innerhalb einer im Bebauungsplan
zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgebaut
werden. Die Standorte der zurück zu bauenden
Windenergieanlagen können auch außerhalb des Bebauungsplangebietes
oder außerhalb des
Gemeindegebietes liegen. Gemäß § 249 Absatz 2 Satz 3
Baugesetzbuch können entsprechende Darstellungen im
Flächennutzungsplan aufgenommen werden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einer immissionsschutzrechtlich
genehmigungsbedürftigen Windenergieanlage
hierfür eine Verzichtserklärung der Betreiberin
oder des Betreibers erforderlich ist. Daneben besteht
auch die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag zwischen
den Rechtsträgern der Genehmigungsbehörde und der
Betreiberin oder dem Betreiber zu schließen. In jedem
Fall ist die Beseitigung der zurückzubauenden Windenergieanlage
zu gewährleisten. Im Hinblick auf den
baurechtlichen Bestandsschutz hat die Betreiberin oder
der Betreiber beziehungsweise die Inhaberin oder der
Inhaber der Genehmigung der zurück zu bauenden
Windenergieanlagen darüber hinaus eine Rückbauverpfl
ichtung zu übernehmen. Die Rückbauverpfl ichtung ist
durch Baulast oder in anderer Weise sicherzustellen.
Eine Planung nach § 249 Absatz 2 Baugesetzbuch wird
nur dann zielführend sein, wenn die Gemeinde zwischen
den Betreiberinnen und Betreibern der Alt-Windenergieanlagen
und den Flächeneigentümerinnen und Flächeneigentümern
der geplanten Konzentrationszone vermittelt
und die Umsetzbarkeit der Planung so unterstützt.
Im Einzelnen wird auf den Leitfaden des Deutschen
Städte- und Gemeindebundes „Kommunale Handlungsmöglichkeiten
beim Ausbau der Windenergie – unter besonderer
Berücksichtigung des Repowering“ verwiesen
(DStGB-Dokumentation Nummer 111).
5
Genehmigung von Windenergieanlagen
5.1
Verfahren zur Genehmigung von Windenergieanlagen
Bei Windenergieanlagen handelt es sich um Anlagen im
Sinne von § 3 Absatz 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz
in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013
(BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Artikel 3 des
Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2771). Sie unterliegen
den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen
nach § 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz bei genehmigungsbedürftigen
Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.
5.1.1
Immissionsschutzrechtliche Verfahren
Windenergieanlagen, mit einer Gesamthöhe von mehr als
50 m, unterfallen Nummer 1.6 des Anhangs zur Verordnung
über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4.
BImSchV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.
Mai 2017 (BGBl. I S. 1440) und bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz.
Windenergieanlagen sind dann im
Sinne der Ziffern 1.6.1 und 1.6.2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige
Anlagen zu Gruppen zusammenzufassen,
wenn sie von derselben Betreiberin oder demselben
Betreiber betrieben werden und
a) sich innerhalb einer bauleitplanerisch ausgewiesenen
Fläche befi nden, oder
lerinnen und Bauantragstellern sowie gegenüber Vorhabenträgerinnen
und Vorhabenträgern mit der Folge, dass
Vorhaben an Standorten außerhalb der Konzentrationsfl
ächen in der Regel unzulässig sind. Somit sind Darstellungen
im Flächennutzungsplan mit den Rechtswirkungen
des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch von ihrer
Rechtswirkung mit einem Bebauungsplan vergleichbar
und es ist nicht auszuschließen, dass auch ein Entschädigungsanspruch
gemäß §§ 39 ff Baugesetzbuch bei Änderung
einer Konzentrationszone im Flächennutzungsplan
besteht.
4.9
Repowering
Unter Repowering wird allgemein der Austausch alter
Windenergieanlagen durch neuere moderne Windenergieanlagen
verstanden, die neben höherem Ertrag auch
vom Bau her höher und mit größeren Rotoren ausgestattet
sind.
Das Repowering bietet vielfältige Vorteile:
Zum einen kann dadurch die Effektivität und die Ausbeute
der Windenergienutzung erheblich gesteigert und
damit ein bedeutender auch lokaler Beitrag zum Klimaschutz
geleistet werden. In diesem Rahmen können auch
Windenergieanlagenstandorte erhalten werden, für die
eine langjährige Akzeptanz gegeben ist.
Die Repowering-Anlagen sind neue Windenergieanlagen
mit moderner Anlagentechnik, die nach heutigem Genehmigungsstandard
errichtet werden und somit oftmals
gegenüber den zu ersetzenden, veralteten Windenergieanlagen
eine Reduzierung von Emissionen und anderen
Umweltbeeinträchtigungen mit sich bringen. Durch die
geringere Drehzahl der Rotoren sowie die Ersetzung von
Altanlagen mit refl ektierender Farbgebung, unterschiedlicher
Rotordrehrichtung und -drehzahl, verschiedenen
Bauhöhen etc. durch Neuanlagen mit einheitlicher Anlagengröße,
Farbgebung, Rotordrehzahl und -drehrichtung
sowie gegebenenfalls die Verringerung der Anlagenzahl
mit größeren Abständen untereinander ergibt sich eine
Entlastung des Landschaftsbildes. Das LANUV zeigt in
einer Veröffentlichung einprägsam die Zusammenhänge
zwischen gestiegener Nennleistung, deutlich gestiegenem
Ertrag und gesunkener Schallemission von modernen
Windenergieanlagen auf und verdeutlicht so nicht nur
die energetischen, sondern auch die immissionsschutztechnischen
Chancen des Repowerings (http://www.lanuv.
nrw.de/geraeusche/pdf/RepoweringOkt2011.pdf).
Beim Repowering kann sich die Zahl der Anlagen reduzieren.
Altanlagen liegen in vielen Fällen verstreut über
das gesamte Gemeindegebiet. Dies gilt insbesondere für
Anlagen, die vor der Einführung der Privilegierung der
Windenergieanlagen, verbunden mit der Steuerungswirkung
durch Festsetzung von Konzentrationszonen, durch
Änderung des Baugesetzbuches im Jahre 1996 errichtet
worden sind. Das Repowering bietet Möglichkeiten,
durch Zusammenfassung von Repoweringanlagen in
Konzentrationszonen die Windenergienutzung im Gemeindegebiet
neu zu ordnen.
Um den vielschichtigen Aufgabenstellungen dabei gerecht
zu werden, ist die Entwicklung eines gemeindlichen
Repowering-Konzeptes sinnvoll.
Für das Repowering gelten die gleichen planungsrechtlichen
Anforderungen wie für die Neuerrichtung von
Windenergieanlagen. Sind im Flächennutzungsplan
Konzentrationszonen für die Windenergie dargestellt,
setzt die Zulässigkeit der neuen Windenergieanlagen im
Außenbereich grundsätzlich voraus, dass die Standorte
für die neuen Windenergieanlagen auch innerhalb einer
Konzentrationszone für die Windenergie liegen.
Altanlagen genießen zwar auch außerhalb von Konzentrationszonen
Bestandsschutz, mit dem Rückbau der Altanlagen
erlischt dieser jedoch. Hat sich in der Zeit zwischen
der Errichtung der Altanlage und der Wiedererrichtung
einer neuen Anlage das Planungsrecht
geändert, kann es sein, dass am Standort einer Altanlage
die Errichtung einer neuen Anlage nicht mehr zulässig
ist. Viele Gemeinden haben die Zulässigkeit von Windenergieanlagen
erst zu einem Zeitpunkt über § 35 Absatz
3 Satz 3 Baugesetzbuch gesteuert, an dem viele An270
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
durch Gesetz vom 15. Dezember 2016 (GV. NRW. S. 1162)
geändert worden ist, sind. Gleiches gilt, wenn ein Anzeigeverfahren
nach § 15 Bundes-Immissionsschutzgesetz
durchgeführt wird, denn gemäß § 63 Absatz 2 Landesbauordnung
schließt nur die Genehmigung nach § 16
Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz die Baugenehmigung
ein.
Gemäß § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz schließt die
immissionsschutzrechtliche Neu- oder Änderungsgenehmigung
andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen,
insbesondere Genehmigungen, Zulassungen,
Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit
Ausnahme der in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten
Entscheidungen ein (Konzentrationswirkung).
Von der Konzentrationswirkung erfasst werden ausschließlich
anlagebezogene („die Anlage betreffende“)
Entscheidungen. Anlagebezogen sind solche Entscheidungen,
die Voraussetzung für die Errichtung und den
Betrieb der Anlage sind und insoweit eine „Freigabewirkung“
für die Betreiberin oder den Betreiber der Anlage
haben.
Dementsprechend ist die forstbehördliche Genehmigung
nach § 9 Absatz 1 Bundeswaldgesetz vom 2. Mai 1975
(BGBl. I S. 1037), zuletzt geändert durch Artikel 1 des
Gesetzes vom 17. Januar 2017 (BGBl. I S. 75) in Verbindung
mit § 39 Landesforstgesetz für das Land Nordrhein-
Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung
vom 24.04.1980 (GV. NRW. S. 546), zuletzt geändert
durch Artikel 18 des Gesetzes vom 15.11.2016 (GV. NRW.
S. 934) (Waldumwandlungsgenehmigung) insoweit gemäß
§ 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz konzentriert,
als die Umwandlung von Wald deshalb erforderlich ist,
weil auf dem Grundstück, auf dem die Anlage errichtet
oder betrieben werden soll, Wald stockt (OVG Lüneburg,
Beschluss vom 29.08.2013, – 4 ME 76/13 –, Juris, Rn. 21)
und die Waldfl äche daher in eine andere Nutzungsart
überführt wird. Wenn sich die Waldumwandlung hingegen
auf Flächen bezieht, die nicht direkt von der Errichtung
oder dem Betrieb der Anlage betroffen sind, sondern
lediglich in der Nähe liegen, ist eine Konzentrationswirkung
wegen des fehlenden Anlagenbezugs nicht
gegeben. Das gilt auch dann, wenn die Umwandlung der
Waldfl ächen in eine andere Nutzungsart erforderlich ist,
damit es nicht zu schädlichen Umweltauswirkungen
durch die Anlage auf umliegende Waldgebiete kommt
(Durch Erlass vom 23.02.2015 des MKULNV, Az. V.2,
wurden die insoweit widersprechenden Regelungen in
der Verwaltungsvorschrift für das Bundes-Immissionsschutzgesetz
aufgehoben).
Konzentriert die immissionsschutzrechtliche Genehmigung
die Waldumwandlungsgenehmigung, wird durch
Nebenbestimmungen sichergestellt, dass der Verlust der
Waldfunktionen im Regelfall durch Ersatzaufforstungen
ausgeglichen wird.
5.1.2
Umweltverträglichkeitsprüfung
Für Windfarmen mit 3 bis 5 Anlagen ist eine standortbezogene
Vorprüfung und mit 6 bis 19 Anlagen eine allgemeine
Vorprüfung erforderlich, ob wegen möglicher
nachteiliger erheblicher Umweltauswirkungen eine UVP
erforderlich ist. Bei 20 und mehr Anlagen innerhalb einer
Windfarm ist immer eine UVP erforderlich.
a) Bestimmung der Windfarm
Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern
der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung
zuzuordnen ist beziehungsweise ob eine
bestimmte Windenergieanlage zu einer Windfarm zu
zählen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung
noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen.
Der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als in
den nachgelagerten Umweltprüfungen (OVG NRW, Beschluss
vom 23.07.2014 – 8 B 356/14 –, Rdn. 72).
Gemäß der Legaldefi nition in § 2 Abs. 5 des Gesetzes
über die Umweltverträglichkeitsprüfung besteht eine
Windfarm im Sinne des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
aus drei oder mehr Windkraftanlagen,
deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und
die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabb)
sich ihr Einwirkungsbereich in Bezug auf die Schutzgüter
des § 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz überschneidet
oder berührt.
Die Abgrenzung einer Anlagengruppe im Sinne der Verordnung
über genehmigungsbedürftige Anlagen ist daher
von der Abgrenzung der Windfarm im Sinne des Gesetzes
über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der
Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010
(BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes
vom 8. September 2017 (BGBl. I S. 3370) (dazu
siehe Nummer 5.1.2) zu unterscheiden, die keinen Betreiberbezug
kennt.
Nach den Bestimmungen der Zuständigkeitsverordnung
Umweltschutz Nordrhein-Westfalen vom 3. Februar 2015
(GV. NRW. S. 268), zuletzt geändert am 17.04.2018 (GV.
NRW. S. 206) sind die Unteren Umweltschutzbehörden
bei den Kreisen oder kreisfreien Städten zuständig für
die Genehmigung von Windenergieanlagen im immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahren. Nach § 3
der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz NRW
Nordrhein-Westfalen geht die Zuständigkeit für die
Durchführung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens
an die jeweilige Bezirksregierung
über, wenn die Kreise beziehungsweise kreisfreien
Städte an den Antrag stellenden beziehungsweise betreibenden
Unternehmen zu mehr als 50 Prozent beteiligt
sind.
Der Schutz der Gesundheit ist durch die Regelungen des
Bundes-Immissionsschutzgesetz, seiner Verordnungen
und Verwaltungsvorschriften gewährleistet. Der Schutz
vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Immissionsschutzrecht
beginnt bereits an der Schwelle zur erheblichen
Belästigung (§ 3 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz)
und damit vor dem Eintritt von Gesundheitsgefahren.
Das Immissionsschutzrecht geht damit
über den Schutz der Gesundheitsgefahr hinaus. Es hat
auch das körperliche und seelische Wohlbefi nden des
Menschen und damit die Abwehr von Belästigungen zum
Ziel.
Wird eine bestehende Anlage geändert, ist bei wesentlichen
Änderungen ein Änderungsgenehmigungsverfahren
nach § 16 Bundes-Immissionsschutzgesetz, ansonsten
eine Anzeige nach § 15 Bundes-Immissionsschutzgesetz
erforderlich. Demgegenüber liegt eine Neuerrichtung vor,
wenn die Änderungen derart prägend sind, dass die gesamte
Anlage als eine neue Anlage qualifi ziert werden
muss.
Werden eine Anlage oder Teile einer Anlage im Rahmen
der erteilten Genehmigung ersetzt oder ausgetauscht,
bedarf es nach § 16 Absatz 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz
keiner Genehmigung. Halten sich der Austausch
oder das Ersetzen hingegen nicht im Rahmen der vorliegenden
Genehmigung, handelt es sich um eine Änderung,
für die §§ 15 und 16 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz
zu prüfen sind. Einer Neugenehmigung nach § 4
Bundes-Immissionsschutzgesetz bedarf es auch in diesen
Fällen dann, wenn die Anlage in ihrem Kernbestand, in
ihrem Charakter grundlegend geändert wird. Bei einer
Änderung des Anlagentyps ist in der Regel eine Neugenehmigung
erforderlich. Sind die Umweltauswirkungen
jedoch im Wesentlichen identisch und weichen etwa der
Rotorradius oder die Gesamthöhe der neuen Anlage nur
geringfügig ab oder werden die Leistung oder die Lärmauswirkungen
sogar verringert, kann insoweit grundsätzlich
auch ein Änderungsgenehmigungsverfahren in
Betracht kommen. In diesem Fall ist es nicht erforderlich
alle mit deiner Neugenehmigung verbundenen Verfahrensschritte
erneut vorzunehmen (vergleiche unter anderen
Bay. VGH, Beschluss vom 08.06.2015 – 22 CS 15.686
–, Juris, Rn. 35; VG Trier, Beschluss vom 03.05.2013, – 5 L
324/13.TR –, Juris, Rn. 15).
Kommt die Immissionsschutzbehörde zu dem Ergebnis,
dass das Vorhaben keine immissionsschutzrechtlich relevante
Änderung im Sinne des § 16 in Verbindung mit § 6
Absatz 1 Nummer 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz
darstellt, können dennoch andere Genehmigungsverfahren
erforderlich sein. So kann etwa ein Baugenehmigungsverfahren
notwendig sein, da Windenergieanlagen
bauliche Anlagen im Sinne der Landesbauordnung
Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung
vom 1. März 2000 (GV. NRW. S. 256), die zuletzt
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 271
gungen in der Regel räumlich nicht weiterreichen als die
artenschutzrechtlich zu beurteilenden Einwirkungen
und daher mit den diesbezüglichen folgenden Regelungen
ausreichend erfasst sind.
Artspezifi sche Nachteile können etwa in einem artbedingten
Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen
auf Fortpfl anzungs- oder Ruhestätten sowie auf
die Nahrungssituation oder eine besondere Empfi ndlichkeit
der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen
der physikalischen Umgebung bestehen.
Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Bereich
um beziehungsweise in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage
abstrakt mit artspezifi schen Nachteilen zu
rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche
Erkenntnisse sachgerechte Anhalte
(OVG NRW, Beschluss vom 23.07.2014 – 8 B 356/14; OVG
NRW, Beschluss vom 30.03.2017 – 8 A 2915/15; OVG
NRW, Urteil vom 18.05.2017 – 8 A 870/15).
Die Landesregierung hat als oberste Naturschutzbehörde
auf Basis der naturschutzfachlichen Expertise des
LANUV mit der Veröffentlichung des Leitfadens „Umsetzung
des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung
und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-
Westfalen“ von ihrer vom Bundesverwaltungsgericht
anerkannten Einschätzungsprärogative (BVerwG,
Urteil vom 27.06.2013 – 4 C 1.12, Rn. 15) auch im Hinblick
auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare
der geschützten Arten bei Realisierung des Vorhabens
ausgesetzt sein können, Gebrauch gemacht. Im
Leitfaden sind die Diskussion um die Artenauswahl der
windenergieempfi ndlichen Arten sowie die Abstandsempfehlungen
des sogenannten „Helgoländer Papiers“
der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten
(LAG VSW 2014) berücksichtigt worden. Für Nordrhein-
Westfalen wurden die windenergieempfi ndlichen
Arten im Anhang des Leitfadens sowohl auf der Grundlage
des alten Helgoländer Papieres als auch auf der
Grundlage weiterer naturschutzfachlicher Literatur und
Quellen zusammengestellt. Die Abstandsempfehlungen
der LAG VSW wurden als Empfehlung für die Untersuchungsgebiets-
Abgrenzung im Anhang 2 des Leitfadens
herangezogen und aufgrund der regionalen Kenntnisse
in NRW gegebenenfalls modifi ziert (Methodik bestätigt
durch OVG NRW, Beschluss vom 30.03.2017 – 8 A
2915/15, Beschluss vom 09.06.2017 – 8 B 1264/16).
Bei der Abgrenzung einer Windfarm ist der Einwirkungsbereich
auf der Grundlage der Tabelle in Anhang 2
des oben genannten Leitfadens zu ermitteln.
In Spalte 2 der Tabelle ist für die windenergieempfi ndlichen
Arten der Radius des maximal möglichen Einwirkungsbereiches
um die geplante WEA bei der Abgrenzung
einer Windfarm im Sinne des Gesetzes über die
Umweltverträglichkeitsprüfung angegeben. In Spalte 3
der Tabelle fi ndet sich der erweiterte maximal mögliche
Einwirkungsbereich; dieser ist allerdings nur relevant
beim Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf intensiv
und häufi g genutzte Nahrungshabitate sowie regelmäßig
genutzter Flugkorridore zu diesen. Es wird hiermit
klargestellt, dass in Nordrhein-Westfalen bei der Ermittlung
des Bereiches, in dem abstrakt mit
artspezifi schen Nachteilen zu rechnen sein kann, nicht
die Abstandsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft
der Vogelschutzwarten (LAG VSW 2014) zu
Grunde zu legen sind. Des Weiteren sind die in Spalte 2
und 3 angegebenen Radien jeweils vom Mittelpunkt des
Mastes aus (d. h. nicht von den Rotorblattspitzen aus) zu
legen.
Überschneiden sich diese Einwirkungsbereiche verschiedener
Einzelanlagen oder mindestens einer Anlage einer
Konzentrationszone sind die betreffenden Einzelanlagen
und die gesamte Konzentrationszone zu einer Windfarm
zu verbinden.
Grafi k „Windfarm“ siehe Anhang.
Im oben dargestellten Beispiel sind die drei neu geplanten
Anlagen (X Neu) mit der Einzelanlage (X Alt 1) sowie
mit den drei Anlagen der linken vorhandenen Konzentrationszone
(X Alt 2) zu einer Windfarm zu ver binden.
Alle sieben Anlagen sind durch die Einwirkungsbereiche
der nächstgelegenen Anlagen zum Brutvorkommen (V1)
einer windenergieempfi ndlichen Vogelart miteinander
hängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern
errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler
Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn
sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone
oder in einem Gebiet nach § 8 Abs. 7 des Raumordnungsgesetzes
befi nden.
Die Neuerrichtung einer Windenergieanlage innerhalb
einer Windfarm stellt unter UVP-Gesichtspunkten eine
Änderung des Vorhabens „Windfarm“ dar. Vorbelastung
und Umweltauswirkungen der neu beantragten Anlagen
können zusammen die Möglichkeit erheblicher, nachteiliger
Umweltauswirkungen ergeben und damit zur Notwendigkeit
einer UVP für die neu beantragten Anlagen
führen. Hinsichtlich der Mengenschwellen der Ziffer 1.6
der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
bleiben Anlagen, die vor dem 14.03.1999
genehmigt worden sind, unberücksichtigt; sie sind aber
als materielle Vorbelastung bei der Beurteilung der Umweltauswirkungen
zu berücksichtigen. Anträge, die zeitlich
erst gestellt werden, nachdem die Antragsunterlagen
für das zu beurteilende Vorhaben vollständig eingereicht
wurden, bleiben sowohl hinsichtlich der Mengenschwellen
als auch hinsichtlich der materiellen Beurteilung der
Umweltauswirkungen unberücksichtigt.
In einer Windfarm sind alle Windenergieanlagen zusammenzufassen,
die in einem funktionalen Zusammenhang
stehen und bei denen die abstrakte Möglichkeit besteht,
dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf ein bestimmtes
Schutzgut überschneiden oder wenigstens berühren.
Grundsätzlich reicht dazu eine typisierende Bewertung
des Einwirkungsbereiches in Bezug auf akustische
und optische Beeinträchtigungen (zum Beispiel:
Rotordurchmesser, Anlagenhöhe, geometrischer Schwerpunkt
der umrissenen Fläche).
Bei ausreichenden Anhaltspunkten für die Betroffenheit
ganz bestimmter UVP-Schutzgüter (zum Beispiel
„Tiere“ im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes
über die Umweltverträglichkeitsprüfung) muss dagegen
eine konkret schutzgutbezogene Bewertung erfolgen
(OVG NRW, Beschluss vom 30.03.2017 – 8 A 2915/15). Im
Fall der Betroffenheit von windenergieempfi ndlichen
Tierarten in der Umgebung einer Windenergieanlage ist
dazu die abstrakte Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen
nach artspezifi scher Empfi ndlichkeit oder Gefährdung
zu untersuchen.
Die Empfi ndlichkeit von Tierarten gegenüber betriebsbedingten
Auswirkungen von Windenergieanlagen in Nordrhein-
Westfalen ist im Leitfaden „Umsetzung des Artenund
Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung
von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“ des
MULNV NRW (Az. III 4 – 616.19.02.05) in der jeweils
gültigen Fassung abschließend geregelt. Bei Arten, die
nach diesem Leitfaden nicht als windenergieempfi ndlich
qualifi ziert werden, ist nicht abstrakt mit artspezifi schen
Nachteilen zu rechnen. Der Prüfmaßstab für die Abgrenzung
der Windfarm muss nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes
NRW vom 23.07.2014 (Az: 8 B
356/14) weiter sein als bei der nachgelagerten artenschutzrechtlichen
Prüfung.
Die abstrakte Möglichkeit einer Gefährdung windenergieempfi
ndlicher Tierarten setzt voraus, dass diese in der
Umgebung einer Windenergieanlage auch tatsächlich
wiederholt vorkommen, etwa im Rahmen tatsächlich genutzter
Lebensstätten oder bedeutender Lebensraumelemente
(zum Beispiel Brutplätze, bedeutende Nahrungsbereiche).
Indikatoren dafür sind die Häufi gkeit, Intensität
und Regelmäßigkeit der Nutzung. Ausreichende
Anhaltspunkte für eine tatsächliche Nutzung können
sich aus vorliegenden Erkenntnissen der unteren Naturschutzbehörde
sowie weiteren Erkenntnisquellen ergeben
(zum Beispiel Karte der Schwerpunktvorkommen
windenergieempfi ndlicher Vogelarten aus dem Energieatlas
NRW, @LINFOS, vorliegende Unterlagen aus Artenschutzprüfungen,
ernstzunehmende Hinweisen der
anerkannten Naturschutzvereinigungen oder Biologischen
Stationen). Eine rein abstrakte Annahme, dass ein
bestimmter Naturraum ein potenziell geeigneter Lebensraum
für eine bestimmte Art ist, reicht nicht aus, um einen
Einwirkungsbereich im Sinne des Gesetzes über die
Umweltverträglichkeitsprüfung zu begründen. Es kann
davon ausgegangen werden, dass derartige Beeinträchti272
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
5.2
Zulässigkeitsvoraussetzungen
5.2.1
Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit
Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens
ist sicherzustellen, dass die Errichtung
oder der Betrieb der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen
im Sinne des § 3 Absatz 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz
verursacht. Schädliche Umwelteinwirkungen
lassen sich häufi g durch Einhaltung erforderlicher
Abstände, gegebenenfalls in Verbindung mit
Aufl agen (Drehzahl-/Leistungsbegrenzung, zeitweise
Abschaltung) vermeiden (OVG NRW, Beschluss vom
13.07.1998 – 7 B 956/98).
5.2.1.1
Lärm
Die Beurteilung, ob schädliche Umweltauswirkungen in
Form von erheblichen Belästigungen durch Geräuschimmissionen
zu befürchten sind, erfolgt auf Grundlage der
Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA
Lärm) vom 26.08.1998 (GMBl S. 503, zuletzt geändert
durch Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 01.06.2017
(BAnz AT vom 08.06.2017 B5). Es ist dabei entsprechend
der in der Baunutzungsverordnung zum Ausdruck kommenden
Wertung bei Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage
von einer abgestuften Schutzwürdigkeit
der verschiedenen Baugebiete auszugehen. Bei einem
Aufeinandertreffen verschiedener Gebietstypen kann es
angemessen sein, Zwischenwerte zu bilden (vergleiche
6.7 – Gemengelagen – TA Lärm), soweit dies nach der gegenseitigen
Pfl icht zur Rücksichtnahme erforderlich ist.
Dieser Zwischenwert ist in jedem Einzelfall unter Beachtung
der konkreten Sachverhaltsumstände zu bilden.
Grenzt etwa ein reines Wohngebiet an den Außenbereich,
können im Randbereich einer solchen Wohnnutzung Geräusche
mit einem Beurteilungspegel von 40 dB(A)
nachts zumutbar sein (OVG NRW, Urteil vom 04.11.1999
– 7 B 1339/99). Der Außenbereich wird dabei wie ein
Mischgebiet behandelt. Bewohnern im Außenbereich ist
deshalb der Schutzmaßstab für gemischt genutzte Bereiche
zuzugestehen (OVG NRW, Urteil vom 18.11.2002 – 7
A 2127/00). Bei einem Aufeinandertreffen des Außenbereichs
mit einem allgemeinen Wohngebiet kann dementsprechend
auch ein Zwischenwert im angrenzenden Bereich
gebildet werden.
Antragsteller sollten den Genehmigungsbehörden gesicherte
Datenblätter vorlegen, in denen unabhängige Institute
das Geräuschverhalten der Anlage in allen regulären
Betriebszuständen mindestens bis zum Erreichen der
Nennleistung belegen.
Die Anforderungen an die Emissionsdaten sind in der
Technischen Richtlinie für Windkraftanlagen, Teil 1:
„Bestimmung der Schallemissionswerte“, Revision 18,
Stand: 01.02.2008 (Herausgeber: Fördergesellschaft für
Windenergie und andere erneuerbare Energien e.V.
(FGW), Oranienburger Straße 45, 10117 Berlin) beschrieben.
Ergänzend zu den Vorgaben der Technischen Richtlinie
FGW werden auch akustische Vermessungen durch Messstellen
anerkannt, die ihre Kompetenz zum Beispiel
durch die Teilnahme an regelmäßigen Ringversuchen zur
akustischen Vermessung von Windenergieanlagen nach
Technischer Richtlinie nachweisen.
Der maßgebliche Immissionsort im Einwirkungsbereich
einer Windenergieanlage ist nach Nummer 2.3 der TA
Lärm in Verbindung mit Nummer A.1.3 des Anhangs der
TA Lärm zu bestimmen. Da die Immissionsrichtwerte
(Nummer 6.1 TA Lärm) gebietsabhängig festgelegt sind,
kann eine Überschreitung auch an einem Ort zu erwarten
sein, der weiter entfernt ist als andere nahe Immissionsorte.
Ein maßgeblicher Immissionsort kann ebenso an
der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück anzunehmen
sein, wo nach dem Planungs- und Baurecht
schutzbedürftige Räume (DIN 4109–Schallschutz im
Hochbau-, Ausgabe November 1989) zulässig sein können.
Dabei ist der Schutz auf die nicht bebaute Fläche
auszudehnen, wenn das in Betracht kommende Bauvorhaben
hinreichend konkret ist und die Bauausführung in
verknüpft. Die Einwirkungsbereiche ergeben sich aus
dem artspezifi schen Untersuchungsradius (R) gemäß Anlage
2 des oben genannten Leitfadens um die entsprechenden
Windenergieanlagen. Ausgangspunkt für die
Abgrenzung der Windfarm sind die konkret beantragten
Anlagen, so dass nur unmittelbar in ihrem Einwirkungsbereich
liegende Artvorkommen zu betrachten sind. Eine
kaskadenartige Verkettung mit den drei weiteren Anlagen
(X Alt 3) der rechten Konzentrationszone hinter der
Trennlinie über weitere Artvorkommen (V2) außerhalb
des originären Einwirkungsbereichs hinaus, ist nicht erforderlich.
Nur wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des
Einzelfalls trotz der abstrakten Überschneidung der artbezogenen
Einwirkungsbereiche auf Grund der tatsächlichen
Gegebenheit des konkreten Standortes eine Überschneidung
der artbezogenen Einwirkungsbereiche von
vornherein ausgeschlossen ist (etwa im Fall besonderer
trennender topografi scher oder baulicher Hindernisse
zwischen den Anlagen), kann die betreffende Anlage als
Bestandteil einer Windfarm ausgeschlossen werden.
Unabhängig von der zuvor dargelegten Verknüpfung
über Einwirkungsbereiche in Bezug auf windenergieempfi
ndliche Vogelarten können die betroffenen Windenergieanlagen
mit weiteren Windenergieanlagen durch
die Überschneidung von Einwirkungsbereichen anderer
Umweltaspekte verbunden sein. Bei der Abgrenzung der
Windfarm ist auch die oben genannte Empfehlung zu berücksichtigen,
grundsätzlich alle Windenergieanlagen einer
ausgewiesenen Konzentrationszone zu einer Windfarm
zusammenzufassen.
b) Standortbezogene Vorprüfung
Bei der standortbezogenen Vorprüfung besteht eine
UVP-Pfl icht nur dann, wenn von dem Vorhaben erhebliche
nachteilige Umweltauswirkungen auf ein schützenswertes
Gebiet nach Nummer 2.3 der Anlage 3 zum des
Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ausgehen
können. Findet eine standortbezogene Vorprüfung
des Einzelfalles für eine in einer Konzentrationszone eines
Flächennutzungsplans geplante Windfarm statt,
kann davon ausgegangen werden, dass erhebliche nachteilige
Umweltauswirkungen nicht zu erwarten sind,
wenn sich nicht neue Gesichtspunkte ergeben, die bei
der Ausweisung im Flächennutzungsplan noch nicht berücksichtigt
werden konnten. Werden im Übrigen die in
Nummer 8.2.2.2 empfohlenen Abstände zu schützenswerten
Gebieten eingehalten, sind in der Regel erhebliche
negative Auswirkungen nicht zu erwarten, soweit
zwischen den Gebieten ein notwendiger Funktionsaustausch
gewährleistet ist.
Unterliegt das Vorhaben der Pfl icht einer standortbezogenen
Vorprüfung im Sinne des § 7 Abs. 2 des Gesetzes
über die Umweltverträglichkeitsprüfung, so besteht für
den Vorhabenträger gemäß § 7 Abs. 3 des Gesetzes über
die Umweltverträglichkeitsprüfung die Möglichkeit, die
Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu
beantragen und damit die Stufe der Vorprüfung entfallen
zu lassen. Ein solcher Antrag ist nur bei Vorhaben möglich,
für die nach Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
eine Vorprüfungspfl icht besteht
sowie bei der Änderung derartiger Vorhaben. Die
zuständige Behörde entscheidet nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten
über den Antrag.
c) Allgemeine Vorprüfung
Bei der allgemeinen Vorprüfung wird hinsichtlich aller in
Anlage 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung
genannten Kriterien geprüft, ob von dem Vorhaben
erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen ausgehen
können. Bei Vorliegen der Pfl icht zur allgemeinen
Vorprüfung besteht ebenfalls gemäß § 7 Abs. 3 des Gesetzes
über die Umweltverträglichkeitsprüfung für den
Vorhabenträger die Möglichkeit, die Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung zu beantragen.
d) Umweltverträglichkeitsprüfung
Ist bereits im Bauleitplanverfahren eine Umweltprüfung
durchgeführt worden, sollen im Genehmigungsverfahren
die Vorprüfung des Einzelfalls oder die UVP auf zusätzliche
oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen
beschränkt werden.
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 273
Bei der Schallimmissionsprognose ist der Nachweis zu
führen, dass unter Berücksichtigung der oberen Vertrauensgrenze
aller Unsicherheiten, insbesondere der Emissionsdaten
und der Ausbreitungsrechnung, der nach TA
Lärm ermittelte Beurteilungspegel mit einer Wahrscheinlichkeit
von 90 Prozent den für die Anlage anzusetzenden
Immissionsrichtwert einhält.
Soweit neuere Erkenntnisse zum Prognosemodell vorliegen,
die einen neuen Stand der Technik etablieren, sind
diese zu berücksichtigen. Mit Erlass vom 29.11.2017
wurden in Nordrhein-Westfalen die neuen von der
Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz
(LAI) überarbeiteten „Hinweise zum Schallimmissionsschutz
bei Windkraftanlagen“ eingeführt. Das u. a. dort
verankerte Prognosemodell auf Basis des Interimsverfahrens
des DIN/VDI-Normenausschusses Akustik,
Lärmminderung und Schwingungstechnik (NALS, Fassung
2015-05.1) gibt den aktuellen Erkenntnisstand wieder.
Nach Errichtung der Anlage ist durch eine Bescheinigung
zu belegen, dass die errichtete Anlage in ihren wesentlichen
Elementen und in ihrer Regelung mit derjenigen
Anlage übereinstimmt, die der akustischen Planung
zugrunde gelegt worden ist. Eine Abnahmemessung ist
nicht erforderlich, wenn Erkenntnisse vorliegen, die eine
Emissionswertüberschreitung sicher ausschließen. Sollte
eine Abnahmemessung erforderlich sein, ist wie folgt zu
verfahren:
Um richtlinienkonforme Emissionsmessungen zu gewährleisten,
muss jede Anlage mit einer kontinuierlichen
Aufzeichnung geeigneter Betriebsparameter (zum Beispiel
Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe, Leistung,
Drehzahl) versehen sein. Sofern eine Anlage aus Gründen
des Immissionsschutzes nachts zum Beispiel durch
eine Leistungs- oder Drehzahlbegrenzung geräuschreduziert
betrieben wird, müssen die Betriebsparameter in
einer Form gespeichert werden, die rückwirkend für einen
Zeitraum von wenigstens sechs Monaten den Nachweis
der tatsächlichen Betriebsweise ermöglicht. Diese
Daten müssen der Genehmigungsbehörde auf Anfrage
zur Verfügung gestellt werden. Dort sind sie für die Betroffenen
entsprechend den Vorgaben des Umweltinformationsrechts
einsehbar.
Im Rahmen der Abnahmemessung besteht auch die Möglichkeit
von Immissionsmessungen gemäß A.3.3.7 TA
Lärm.
Im Falle einer rechnerischen Richtwertüberschreitung ist
die Übertragung von Schallkontingenten verschiedener
Anlagen untereinander grundsätzlich möglich.
Windenergieanlagen erzeugen in Abhängigkeit von
Windstärke und Windrichtung Geräuschemissionen die
auch Infraschallanteile beinhalten. Nach aktuellem
Kenntnisstand liegen die Infraschallimmissionen selbst
im Nahbereich bei Abständen zwischen 150 und 300 m
deutlich unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle.
Nach heutigem Kenntnisstand konnte unterhalb
dieser Schwelle bisher kein Nachweis einer negativen
gesundheitlichen Auswirkung durch Infraschall erbracht
werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass
Infraschall nur dann gesundheitliche Folgen haben kann,
wenn Menschen ihn hören oder zumindest spüren können.
Ob Infraschall wahrgenommen wird, hängt wesentlich
von der Frequenz in Kombination mit der Höhe des
Schalldrucks ab. Erst bei sehr hohen Schalldruckpegeln,
wie sie üblicherweise nicht in der Umgebung von Windenergieanlagen
auftreten, entfaltet Infraschall Wirkungen,
die das Befi nden oder die Gesundheit beeinträchtigen
können. Auch unter Berücksichtigung der im November
2016 vom Umweltbundesamt veröffentlichten
Broschüre über „Mögliche gesundheitliche Effekte von
Windenergieanlagen“ liegen keine Hinweise über chronische
Schädigungen vor, die vor dem Hintergrund einer
tragfähigen Wirkungshypothese in einem Zusammenhang
mit einer Infraschallemission von Windenergieanlagen
gebracht werden können. Nach Einschätzung des
Umweltbundesamtes stehen daher die derzeit vorliegenden
wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Infraschall einer
Nutzung der Windenergie nicht entgegen.
Häufi g gestellte Fragen zum Thema „Windenergie und
Infraschall“ hat das Umweltministerium Nordüberschaubarer
Zukunft zu erwarten ist. Hinreichend
konkret ist, wenn in den nächsten 2-3 Jahren mit einer
Baugenehmigung zu rechnen ist. Das Vorliegen eines Bebauungsplanes
alleine reicht nicht aus. Wirkt eine Windenergieanlage
innerhalb eines Industrie- oder Gewerbegebietes
auf Nutzungen des gleichen Betreibers ein, so
sind dort die Regelungen des Arbeitsschutzes anzuwenden.
Die Beurteilung für einen Einwirkungsort ist nur dann
ausreichend, wenn daraus geschlossen werden kann, dass
auch an keinem anderen Ort im Einwirkungsbereich der
Windenergieanlage schädliche Umwelteinwirkungen
hervorgerufen werden können.
Die Schallimmissionsprognose ist nach Anhang A. 2 der
TA Lärm durchzuführen. Bei Anwendung der Irrelevanzregelung
der Nummer 3.2.1 Absatz 2 TA Lärm ist zu beachten,
dass eine Vielzahl von Einzelanlagen, die auf einen
Immissionspunkt einwirken, zu einer relevanten Erhöhung
des Immissionspegels führen können. In diesem
Fall ist eine Sonderfallprüfung durchzuführen. Die Irrelevanz
einer Anlage ist dabei im Einzelfall nachzuweisen.
Die Gesamtbelastung durch alle Anlagen darf nicht
zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte von
mehr als 1 dB(A) gemäß Nummer 3.2.1 Absatz 3 TA
Lärm führen. Der Beurteilungspegel ist als ganzzahliger
Wert anzugeben (siehe auch Empfehlungen des Länderausschusses
für Immissionsschutz der 133. Sitzung, 22.
und 23. März 2017, LAI-Hinweise zur Auslegung der TA
Lärm, Top 9.4). Die Rundungsregeln gemäß Nummer
4.5.1 DIN 1333 –Zahlenangaben- sind anzuwenden.
Der Immissionsprognose ist grundsätzlich diejenige bestimmungsgemäße
Betriebsart zugrunde zu legen, die zu
dem höchsten Beurteilungspegel führt (vergleiche A.1.2
des Anhangs der TA Lärm). Der maximal zulässige Emissionswert
ist unter Beachtung des in der Prognose angesetzten
Emissionsverhaltens der Anlage festzulegen.
Wenn infolge ständig vorherrschender Fremdgeräusche
keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen
durch die zu beurteilende Anlage zu berücksichtigen
sind, kann in Anlehnung an die Regelungen der Nummer
3.2.1 Absatz 5 der TA Lärm verfahren werden.
Die Fördergesellschaft für Windenergie (FGW) beabsichtigt
eine Aktualisierung der bisherigen Revision 18 vom
01.02.2008 der Technischen Richtlinie 1 – TR 1 „Bestimmung
der Schallemissionswerte“. Bis zur erfolgten Aktualisierung
der TR 1 ist wie bisher bei der Bewertung von
Tonhaltigkeiten von Windenergieanlagen bei Neuplanungen
zu Verfahren:
a) Aktuelle Regelung:
0 ≤ KTN < 2 Tonhaltigkeitszuschlag KT von 0 dB 2 ≤ KTN ≤ 4 Tonhaltigkeitszuschlag KT von 3 dB KTN > 4 Tonhaltigkeitszuschlag KT von 6 dB
KTN = Tonhaltigkeit bei Emissionsmessungen im
Nahbereich nach der Technischen Richtlinie FGW gemessen
KT = in Abhängigkeit vom KTN ab einer Entfernung
von 300 m für die Immissionsprognose anzusetzende
Tonzuschläge
Neu zu errichtende Anlagen, deren Tonhaltigkeitszuschlag
KTN ≥ 2 dB beträgt, entsprechen nicht mehr
dem Stand der Technik. In Ausnahmefällen kann eine
Anlage mit einem KTN = 2 dB auch dann genehmigt
werden, wenn sie nachts so schallreduziert betrieben
wird, dass die Tonhaltigkeit im Nahbereich KTN weniger
als 2 dB beträgt. Der nächtliche schallreduzierte
Betrieb kann aufgehoben werden, wenn nach
Fertigstellung durch Messungen an repräsentativen
Immissionsorten der Nachweis geführt wird, dass
auch im Normalbetrieb keine Tonhaltigkeit an den
Immissionsorten (Wohngebäude, etc.) auftritt.
b) Künftige Regelung nach Aktualisierung der TR 1 der
FGW:
Nach erfolgter Aktualisierung der TR 1 ist die Bestimmung
der Tonhaltigkeit nach den Festlegungen
der LAI-Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei
Windkraftanlagen (Entwurf Stand 30.06.2016) vorzunehmen.
274 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
lastung eintritt oder in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag
geregelt ist, dass durch die Sanierung weiterer Anlagen
auch anderer Betreiberinnen oder Betreiber in absehbarer
Zeit eine deutliche Immissionsverbesserung
eintreten wird.
Sofern die Erneuerung der Windenergieanlagen einer
Betreiberin oder eines Betreibers noch nicht zu einer
deutlichen Verbesserung führen und auch die anderen
Betreiberinnen und Betreiber noch nicht an einem gemeinsamen
Sanierungskonzept mitwirken, kann eine
Genehmigung im Rahmen einer Sonderfallprüfung
schließlich auch dann möglich sein, wenn sich die Antragstellerin
oder der Antragsteller in Anlehnung an
Nummer 3.2.1 Absatz 4 TA Lärm verpfl ichtet, innerhalb
von in der Regel drei Jahren alle seine Anlagen in der
Windfarm durch Ersatz, Sanierung oder Änderung der
Betriebsbedingungen (Schalloptimierung, Nachtabschaltung)
so zu betreiben, dass die auf ihre oder seine Anlagen
insgesamt entfallenden übertragbaren Immissionsanteile
eingehalten werden. Sie oder er erstellt dazu für
die eigenen Anlagen ein Repoweringkonzept, das sich in
das Sanierungskonzept für den gesamten Windpark einfügt.
Dieses Konzept soll über einen öffentlich-rechtlichen
Vertrag oder über eine entsprechende Aufl age in der
Genehmigung für die Neuanlage rechtsverbindlich geregelt
werden. Wenn der Beitrag der Anlagen der Antragstellerin
oder des Antragstellers an der Richtwertüberschreitung
im Vergleich zu dem Beitrag des Windparks
insgesamt als gering anzusehen ist, kann unter Berücksichtigung
der Verhältnismäßigkeit eine längere Frist
sachgerecht sein. Dabei ist aber immer auch die Zumutbarkeit
der Höhe der noch andauernden Richtwertüberschreitung
zu beachten.
5.2.1.3
Schattenwurf
Die sog. bewegten Schatten und die als Disco-Effekt bezeichneten
periodischen Lichtrefl ektionen fallen als
„ähnliche Umweltauswirkungen“ unter den Begriff der
Immissionen des § 3 Absatz 2 Bundes-Immissionsschutzgesetz.
Der Disco-Effekt stellt heutzutage aufgrund der matten
Beschichtung der Windenergieanlagen kein Problem
mehr dar.
Schattenwurf von geringer Dauer ist hinzunehmen beziehungsweise
kann vernachlässigt werden (vergleiche
OVG NRW, Beschluss vom 09.09.1998 – 7 B 1560/98). Von
einer erheblichen Belästigungswirkung kann ausgegangen
werden, wenn die maximal mögliche Einwirkungsdauer
am jeweiligen Immissionsort – gegebenenfalls unter
kumulativer Berücksichtigung aller Beiträge einwirkender
Windenergieanlagen – mehr als 30 Stunden pro
Kalenderjahr und darüber hinaus mehr als 30 Minuten
pro Tag beträgt (vergleiche OVG NRW, Urteil vom
18.11.2002, – 7 A 2140/00). Es ist deshalb sicher zu stellen,
dass der Immissionsrichtwert (die astronomisch maximal
mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro
Kalenderjahr entspricht einer tatsächlichen Beschattungsdauer
von 8 Stunden pro Jahr) nicht überschritten
wird. Der Immissionsrichtwert für die tägliche Beschattungsdauer
beträgt 30 Minuten. Diese Werte beziehen
sich auf Wohnnutzungen und sind nicht unmittelbar auf
andere Nutzungen übertragbar. Für Schattenwurfeinwirkungen
auf andere Nutzungsarten ist die zulässige Beschattungsdauer
daher im Einzelfall unter Berücksichtigung
der Schutzwürdigkeit der jeweiligen Nutzungsart
zu bestimmen. Durch eine Aufl age zur Genehmigung
kann sichergestellt werden, dass durch eine Abschaltautomatik,
die meteorologische Parameter (zum Beispiel
Intensität des Sonnenlichtes) berücksichtigt, die tatsächliche
Beschattungsdauer auf 8 Stunden pro Jahr begrenzt
wird. Für weitere Einzelheiten der Bewertung
sind die „Hinweise zur Beurteilung der optischen Emission
von Windkraftanlagen (WKA-Schattenwurf-Hinweise)“
des Länderausschusses für Immissionsschutz
(LAI) vom Mai 2002 heranzuziehen.
5.2.1.4
Anlagen an Infrastrukturtrassen
Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen an Infrastrukturtrassen
(siehe unter Nummer 4.3.6) ist zur Beurrhein-
Westfalen in einem Faktenpapier beantwortet
(https://www.umwelt.nrw.de/fi leadmin/redaktion/PDFs/
klima/windenergieanlagen_infraschall_faktenpapier.pdf).
Der Untersuchungsbericht der Landesanstalt für Umwelt,
Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg
(LUBW) vom November 2016 gibt weitere Auskunft über
die Messdurchführung von Infraschallmessungen und
beinhaltet Ergebnisse über Infraschallmessungen an
Windenergieanlagen und unter anderem in innerstädtischen
Bereichen (http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.
de/servlet/is/257896/).
5.2.1.2
Repowering in durch Lärm vorbelasteten Gebieten
Unter Repowering wird allgemein der Austausch alter
Windenergieanlagen durch neuere moderne Windenergieanlagen
verstanden (vergleiche Nummer 4.9).
Zielsetzung des Repowerings in durch Lärm vorbelasteten
Gebieten muss sein, dass durch ein schrittweises
Repowering letztendlich die Einhaltung der zulässigen
Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 der TA Lärm
erreicht wird. Es darf keine Verfestigung oder Verschlechterung
der bestehenden Lärmsituation erfolgen.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich lediglich auf
die nach TA Lärm erforderlichen Prüfschritte. Die übrigen
Genehmigungsvoraussetzungen müssen geprüft werden.
Wird für eine Windenergieanlage eines Windparks, der
die Immissionsrichtwerte der TA Lärm überschreitet, ein
Antrag auf Neuerrichtung gestellt und werden auch mit
der neuen Anlage die Immissionsrichtwerte der TA Lärm
weiterhin überschritten, ist die Anlage unter immissionsschutzrechtlichen
Gesichtspunkten nach der Regelfallprüfung
nur zulässig, wenn die Irrelevanzkriterien der
Nummer 3.2.1 Absatz 2 oder 3 TA Lärm eingehalten werden.
Nach Nummer. 3.2.1 Absatz 4 TA Lärm kann eine
Genehmigungsfähigkeit auch dadurch hergestellt werden,
dass die Betreiberin oder der Betreiber durch
Schallreduzierung an anderen eigenen Anlagen eine
Richtwerteinhaltung erzielen kann.
Darüber hinaus kann eine entsprechende Neuerrichtung
bei Vorliegen besonderer Umstände im Rahmen einer
Sonderfallprüfung nach Nummer 3.2.2 TA Lärm zulässig
sein.
Solche Umstände können nach Nummer 3.2.2 c) TA
Lärm etwa gegeben sein, wenn eine Verbesserung der Immissionssituation
sicher absehbar ist. Insoweit muss aus
tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine hohe Wahrscheinlichkeit
gegeben sein, dass die Immissionsbelastung
in überschaubarer Zeit deutlich spürbar verbessert
wird. Eine Frist für die Verbesserung ist insoweit nicht
vorgesehen.
So kann im Rahmen der Sonderfallprüfung ein Repowering
dann zulässig sein, wenn ein Sanierungskonzept
nach dem System der übertragbaren Immissionsanteile
für den gesamten Windpark erstellt wird. Ein solches Sanierungskonzept
wird ausführlich auf der Internetseite
des LANUV unter www.lanuv.nrw.de/geraeusche/pdf/
RepoweringOkt2011.pdf erläutert. In dieses Sanierungskonzept
sind alle Anlagen einzubeziehen, auch die Anlagen,
deren Immissionsbeitrag mehr als 10 dB(A) unterhalb
des maßgeblichen Immissionsrichtwertes liegt. Dabei
wird berechnet, welchen Wert der
Schallleistungspegel der Einzelanlage maximal annehmen
darf, damit gesichert ist, dass die Immissionsrichtwerte
auch unter Berücksichtigung der Nummer 3.2.1
Absatz 3 TA Lärm an allen Immissionsorten sicher eingehalten
werden. Auf Basis des so ermittelten Schallleistungspegels
werden die übertragbaren Immissionsanteile
für jede vorhandene Windenergieanlage berechnet. Die
Immissionsbeiträge der neuen Anlagen dürfen diesen
übertragbaren Immissionsanteil der stillzulegenden Anlagen
nicht überschreiten.
Wenn zunächst nur eine Betreiberin oder ein Betreiber
eigene Anlagen innerhalb des Windparks entsprechend
eigener Immissionsanteile erneuern möchte, kann eine
Genehmigung im Rahmen einer Sonderfallprüfung nach
Nummer 3.2.2 c) TA Lärm möglich sein, wenn bereits
hierdurch eine deutliche Verbesserung der ImmissionsbeMinisterialblatt
für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 275
fahrtsmöglichkeit aufweisen, die die Wartung der Windenergieanlagen
zulässt. Der Anschluss einer Windenergieanlage
an ein Verbundnetz zum Zwecke der
Stromeinspeisung gehört nicht zum bauplanungsrechtlichen
Inhalt der Erschließung (BVerwG, Beschluss vom
05.01.1996 – 4 B 306.95). Die privilegierte Anlage nach
§ 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch kann eine Übergabestation
als Nebenanlage mitziehen. Sofern mehrere
Anlagen dieselbe Übergabestation nutzen, kann diese
auch eigenständig über § 35 Absatz 1 Nummer 3 Baugesetzbuch
privilegiert zulässig sein.
Soweit durch Darstellungen im Flächennutzungsplan
(siehe Nummer 4.3.1) eine Ausweisung für die Windenergienutzung
an anderer Stelle erfolgt ist, sind Windenergieanlagen
– ausgenommen die Anlagen, die gemäß § 35
Absatz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch privilegiert sind –
außerhalb dieser Flächen in der Regel nach § 35 Absatz 3
Satz 3 Baugesetzbuch nicht zulässig.
Ausnahmen von der Ausschlusswirkung durch die Darstellung
im Flächennutzungsplan sind, auch bei Windenergieanlagen,
die als untergeordnete Nebenanlagen
anderer privilegierter Vorhaben errichtet werden sollen,
im Einvernehmen mit der Gemeinde möglich, wenn Umstände
vorliegen, die bei der Festlegung der Konzentrationszone
nicht berücksichtigt wurden, oder wenn solche
Umstände wegen der notwendigerweise nur groben Betrachtung
der Bereiche in der Flächennutzungsplanung
nicht greifen (vergleiche OVG NRW, Urteil vom
30.11.2001 – 7 A 4857/00; BVerwG, Urteil vom 17.12.2002
– 4 C 15.01; OVG Niedersachsen, Urteil vom 15.05.2009 –
12 LC 55/07). Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die
Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Ausnahmefalles
umso geringer ist, je detaillierter eine Gemeinde
die Kriterien im Rahmen der Abwägung geprüft und zugrunde
gelegt hat. Während der Gesetzgeber mit dem
Tatbestandsmerkmal „entgegenstehen“ die besondere
Bedeutung der Privilegierung hervorhebt, die tendenziell
zugunsten des Vorhabens zu Buche schlägt, bringt er mit
der Regel-Ausnahme-Formel in § 35 Absatz 3 Satz 3
Baugesetzbuch zum Ausdruck, dass außerhalb der Konzentrationsfl
ächen dem Freihalteinteresse grundsätzlich
der Vorrang gebührt. Diese Wertung darf nicht im Zulassungsverfahren
konterkariert werden. Eine Abweichung
im Einzelfall ist zwar möglich, sie steht aber unter dem
Vorbehalt, dass die Konzeption, die der Planung zugrunde
liegt, als solche nicht in Frage gestellt wird
(BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15.01; OVG NRW,
Urteil vom 15.03.2006 – 8 A 2672/03).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die
Atypik sich daraus ergeben, dass eine Windenergieanlage
wegen ihrer Größe oder wegen ihrer Funktion zum Beispiel
als einem anderen privilegierten Vorhaben zugeordnete
Nebenanlage besondere Merkmale aufweist, die sie
aus dem Kreis der Anlagen heraushebt, deren Zulassung
die Gemeinde hat steuern wollen (bspw. bei Anlagen, die
nicht der Einspeisung in das öffentliche Netz, sondern
nur der Eigenversorgung dienen).
Ist in der Nähe des vorgesehenen Standorts bereits eine
zulässigerweise errichtete Windenergieanlage vorhanden,
so kann dies bei der Interessenbewertung ebenfalls zum
Vorteil der Antragstellerin oder des Antragstellers ausschlagen.
Auch die kleinräumlichen Verhältnisse können
es rechtfertigen, von der auf den gesamten Planungsraum
bezogenen Beurteilung des Planungsträgers abzuweichen.
Ist aufgrund topographischer oder sonstiger
Besonderheiten eine Beeinträchtigung der als störempfi
ndlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen des
betreffenden Landschaftsraums nicht zu besorgen, so widerspricht
es der Zielrichtung des Planvorbehalts nicht,
das Vorhaben zuzulassen (siehe OVG NRW, Urteil vom
15.03.2006 – 8 A 2672/03). Besondere Umstände können
auch dann vorliegen, wenn der vorgesehene Standort
trotz seiner Lage außerhalb der Konzentrationszone ausnahmsweise
keines der Kriterien erfüllt, die nach dem
Planungskonzept der Gemeinde eine Nutzung ausschließen
sollen (vergleiche OVG NRW, Urteil vom 30.11.2001 –
7 A 4857/00).
teilung der Überlagerung der Geräusche der Windenergieanlage
durch die Verkehrsgeräusche eine Einzelfallbetrachtung
auf der Grundlage der Nummer 3.2.1 Absatz 5
der TA Lärm erforderlich.
5.2.2
Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit
Über die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens
nach §§ 31, 33 bis 35 Baugesetzbuch zur Errichtung
einer Windenergieanlage ist gemäß § 36 Absatz 1 Baugesetzbuch
im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden.
Ein erneutes Ersuchen um Erteilung des gemeindlichen
Einvernehmens kann bei Änderung der
Ausgangssituation erforderlich werden (bejaht bei einer
erheblichen Standortabweichung – siehe OVG NRW, Urteil
vom 18.08.2009 – 8 A 613/08). Die Zurückstellung eines
Baugesuchs (nach § 15 Baugesetzbuch) während der
Frist des § 36 Absatz 2 Satz 2 Hbs. 1 Baugesetzbuch hat
zur Folge, dass die Frist mit der Zustellung des Zurückstellungsbescheids
an den Bauherrn aufhört und nach
Ablauf des Zurückstellungszeitraums ohne Anrechnung
des bereits verstrichenen Teils von neuem beginnt
(BVerwG, Urteil vom 26.03.2015 – 4 C 1.14).
Nach § 2 Absatz 3 der Verordnung zur Durchführung des
Baugesetzbuches vom 07. Juli 1987 (GV. NRW. S. 220), die
zuletzt durch Verordnung vom 18. Juli 2013 (GV. NRW.
S. 493) geändert worden ist, ist für das Ersetzen eines
rechtswidrig versagten Einvernehmens die Bauaufsichtsbehörde
beziehungsweise die Genehmigungsbehörde zuständig.
Auf mögliche Amtshaftungsansprüche gegen die
Genehmigungsbehörde, die ein rechtswidrig versagtes
Einvernehmen nicht ersetzt, wird hingewiesen (siehe
auch BGH, Urteil vom 16.09.2010 – III ZR 29/10).
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach
den §§ 29 bis 35 Baugesetzbuch. Im beplanten Innenbereich
ist anhand der jeweiligen Gebietskategorie zu prüfen,
ob eine Windenergieanlage gemäß § 30 Baugesetzbuch
in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung (als
eigenständige Hauptanlage) zulässig ist. Im unbeplanten
Innenbereich muss sich die Windenergieanlage gemäß
§ 34 Absatz 1 Baugesetzbuch in die Eigenart der näheren
Umgebung einfügen. In den Fällen, in denen die Eigenart
der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung
entspricht, ist die Zulässigkeit nach
§ 34 Absatz 2 Baugesetzbuch anhand der Gebietskategorien
der Baunutzungsverordnung zu prüfen. Beispielsweise
in Gewerbegebieten gemäß § 8 Baunutzungsverordnung
und Industriegebieten gemäß § 9 Baunutzungsverordnung
können Windenergieanlagen grundsätzlich
als gewerbliche Anlagen zulässig sein. Im Innenbereich
können Windenergieanlagen grundsätzlich auch als untergeordnete
Nebenanlagen gemäß § 14 Baunutzungsverordnung
in allen Baugebieten zulässig sein (siehe auch
Nummer 6.2.2).
Das bauliche Vorhaben einer Windenergieanlage gemäß
§ 29 Baugesetzbuch ist gleichermaßen durch Turm und
Rotor gekennzeichnet. Das Bundesverwaltungsgericht
hat festgestellt, dass die äußeren Grenzen des Bauleitplans
oder die Grenzen der Baugebiete oder Baufl ächen
stets von der gesamten Windenergieanlage einschließlich
des Rotors einzuhalten sind (BVerwG, Urteil vom
21.10.2004 – 4 C 3.04). Dies gilt entsprechend für Windenergieanlagen
innerhalb von Darstellungen im Flächennutzungsplan
für die Windenergienutzung, denn
Zweck des § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch ist es,
Vorhaben zu steuern und nicht nur Bestandteile von diesen.
Für die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im Außenbereich
gelten im Übrigen folgende Regelungen (Nummern
5.2.2.1 bis 5.2.2.4):
5.2.2.1
Allgemeine Voraussetzungen (Außenbereich)
Im Außenbereich sind Windenergieanlagen als untergeordnete
Anlagen zu privilegierten Vorhaben gemäß § 35
Absatz 1 Baugesetzbuch (siehe Nummer. 5.2.2.2) oder als
selbstständige Anlagen gemäß § 35 Absatz 1 Nummer 5
Baugesetzbuch zulässig, wenn öffentliche Belange nicht
entgegenstehen und eine ausreichende Erschließung gesichert
ist. Das Grundstück muss eine ausreichende Zu276
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
d) Außerhalb von förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz
gestellten Landschaftsteilen begründet
eine Beeinträchtigung des Orts- oder Landschaftsbildes
allein noch nicht die Unzulässigkeit eines solchen
Vorhabens. Vielmehr muss eine qualifi zierte Beeinträchtigung
im Sinne einer Verunstaltung des Ortsoder
Landschaftsbildes gegeben sein. Eine solche Verunstaltung
liegt nur vor, wenn das Vorhaben seiner
Umgebung grob unangemessen ist und auch von einem
für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als
belastend empfunden wird (OVG NRW, Urteil vom
12.06.2001 – 10 A 97/99; best. durch BVerwG, Beschluss
vom 15.10.2001 – 4 B 69.01). Eine Verunstaltung
der Landschaft kann weder aus der technischen
Neuartigkeit und der dadurch bedingten optischen
Gewöhnungsbedürftigkeit der Windenergieanlagen
noch allein aus deren angesichts ihrer Größe markanten
und weit sichtbaren Erscheinung abgeleitet werden
(OVG NRW, Urteil vom 28.02.2008 – 10 A
1060/06; siehe auch BVerwG, Beschluss vom
18.03.2003 – 4 B 7.03; OVG Niedersachsen, Urteil vom
28.02.2010 – 12 LB 243/07).
e) Auch wenn bestimmte Landschaftsteile, die sich in
einem Landschaftsschutzgebiet befi nden, durch eine
Windenergieanlage, die außerhalb dieses Gebiets errichtet
werden soll, optisch beeinfl usst werden, liegt
eine Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs nur
vor, wenn dies zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes
im Sinne von § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer
5 Baugesetzbuch führt (BVerwG, Beschluss vom
08.05.2008 – 4 B 28/08).
Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes
NRW (Urteil vom 18.11.2002 – 7 A 2140/00)
darf bei der rechtlichen Wertung der Wirkungen von
Windenergieanlagen nicht unberücksichtigt bleiben,
dass der Gesetzgeber sie im Außenbereich grundsätzlich,
das heißt vorbehaltlich einer planerischen Steuerung
durch Raumordnungspläne und gemeindliche
Flächennutzungspläne, privilegiert hat, so dass die
Anlagen als solche nach den gesetzgeberischen Vorgaben
im Außenbereich nicht als Fremdkörper, sondern
von ihrem Erscheinungsbild her vielmehr eher als außenbereichstypisch
und nicht wesensfremd zu werten
sind (siehe auch OVG NRW, Urteil vom 19.05.2004 – 7
A 3368/02; OVG NRW, Urteil vom 24.6.2004 – 7 A
997/03). Gleichwohl dürfen bei der wertenden Einschätzung
des Störpotentials die anlagentypischen
Drehbewegungen der Rotorblätter als Blickfang trotz
gegebener Privilegierung nicht außer Betracht gelassen
werden (BVerwG, Beschluss vom 15.10.2001 – 4 B
69.01). Für die Annahme, ob eine Verunstaltung des
Orts- oder Landschaftsbildes vorliegt, ist die jeweilige
durch die Standortwahl vorgegebene Situation
maßgeblich. Ob eine Landschaft durch technische
Einrichtungen und Bauten bereits so vorbelastet ist,
dass eine Windenergieanlage sie nicht mehr verunstalten
kann, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls.
In welcher Entfernung eine Windenergieanlage nicht
mehr verunstaltend wirken kann, lässt sich ebenfalls
nicht abstrakt festlegen (BVerwG, Beschluss vom
18.03.2003 – 4 B 7.03).
f) Der Belang des Habitat und Artenschutzes ist als Unterfall
des Naturschutzes zu berücksichtigen. Zu den
Belangen im Einzelnen wird auf Nummer 8.2.2.2 und
Nummer 8.2.2.3 verwiesen.
g) Hinsichtlich der Belange des Denkmalschutzes formuliert
§ 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch
eigenständige Anforderungen, die – unbeschadet
der Konkretisierung durch Landesrecht (dazu Nummer
8.2.4) – unmittelbar dort eingreifen, wo grobe
Verstöße in Frage stehen (vergleiche BVerwG, Beschluss
vom 26.06.2014 – 4 B 47.13). Die Vorschrift hat
im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften,
die nach § 29 Absatz 2 Baugesetzbuch unberührt
bleiben, eine Auffangfunktion (BVerwG, Urteil vom
21.04.2009 – 4 C 3.08).
h) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange kann
auch bei einer Gefährdung der Wasserwirtschaft
(siehe 8.2.3.1 und 8.2.3.2) und des Hochwasserschutzes
(siehe 8.2.3.3 und 8.2.3.4) gegeben sein. Gegebenenfalls
bedarf die Anlagenerrichtung neben der im-
5.2.2.2
Untergeordnete Nebenanlage (Außenbereich)
Eine Windenergieanlage kann im Außenbereich nach
§ 35 Absatz 1 Baugesetzbuch als unselbstständiger Teil
eines seinerseits privilegierten Betriebes genehmigungsfähig
sein. Voraussetzung ist, dass die Windenergieanlage
dem Betrieb räumlich und funktional unmittelbar zuund
untergeordnet ist. Ob das Vorhaben im Verhältnis zu
dem privilegiert zulässigen Betrieb bodenrechtlich eine
Nebensache ist, sich ihm dienend unterordnet, gegenüber
der Hauptnutzung im Hintergrund steht, ist nicht aufgrund
einer typisierenden, sondern einer konkreten Betrachtungsweise
des privilegierten Betriebes und der ihm
zugeordneten Nebennutzung zu beurteilen (BVerwG, Beschluss
vom 28.08.1998 – 4 B 66.98). Die Windenergieanlage
muss sich in angemessener räumlicher Nähe zu dem
mit Energie versorgten Betrieb befi nden. Nach der
Zweckbestimmung muss der überwiegende Teil der erzeugten
Energie dem privilegierten Vorhaben zugutekommen.
Für Windenergieanlagen, die als untergeordnete Nebenanlage
nach § 35 Absatz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch privilegiert
sind, gilt § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
nicht (siehe auch oben Nummer 5.2.2.1; OVG Niedersachsen,
Urteil vom 29.04.2008 – 12 LB 48/01; BVerwG,
Beschluss vom 04.11.2008 – 4 B 44.08).
Eine Windenergieanlage kann im Einzelfall als untergeordnete
Nebenanlage mehreren im Außenbereich zulässigerweise
errichteten Betrieben dienen, wenn der überwiegende
Teil der erzeugten Energie diesen Betrieben
insgesamt zukommt. Die funktionelle Zuordnung ist gegebenenfalls
durch eine Nebenbestimmung zur Genehmigung
auf Dauer sicherzustellen. Die Zuordnung einer
Anlage zu mehreren Betrieben ist immer erfüllt, wenn
a) die Betreiberinnen und Betreiber der Windenergieanlage
gesellschaftsrechtlich verbunden sind und
b) die Betreiberinnen und Betreiber der Windenergieanlage
nachweisen, dass der Stromverbrauch in ihren
Betrieben zusammengenommen höher als 50 Prozent
der voraussichtlichen jährlichen Erzeugungsleistung
der Windenergieanlage ist und
c) die Windenergieanlage sich in angemessener räumlicher
Nähe zu den mit Energie versorgten Betrieben
befi ndet.
5.2.2.3
Entgegenstehen öffentlicher Belange (§ 35 Absatz 3 Baugesetzbuch)
Bei der Prüfung des konkreten Standorts einer Anlage
im Genehmigungsverfahren können – abhängig von der
Regelungsintensität auf Ebene der Bauleitplanung (siehe
unten) – insbesondere folgende öffentliche Belange berührt
sein und dem Vorhaben ggfs. entgegenstehen:
a) Die Darstellung „Fläche für die Landwirtschaft“ löst
in der Regel keinen Widerspruch zu der Errichtung
einer Windenergieanlage im Sinne von § 35 Absatz 3
Satz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch aus.
b) Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen
(§ 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 Baugesetzbuch) ist
in § 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz defi niert. Die
Abschattungswirkung für Funkwellen stellt keine
schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des § 35 Absatz
3 Satz 1 Nummer 3 Baugesetzbuch in Verbindung
mit § 3 Absatz 1 und 2 sowie § 5 Absatz 1 Nummer 1
Bundes-Immissionsschutzgesetz dar (OVG NRW, Urteil
vom 18.08.2009 – 8 A 613/08). Auf Nummer 5.2.1
(Lärm, Schattenwurf) wird verwiesen.
c) Belange des Naturschutzes und der Landschaftspfl ege
im Sinne des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch
stehen einem Vorhaben insbesondere dann
entgegen, wenn dieses in nicht durch Ausnahmegenehmigung
oder Befreiung zu behebender Weise in
Widerspruch zu einer gültigen Landschaftsschutzverordnung
steht (OVG NRW, Urteil vom 05.09.2006 – 8
A 1971/04; ständige Rechtsprechung BVerwG, Beschluss
vom 02.02.2000 – 4 B 104.99). Auf Nummer
8.2.2.5 (Landschaftsschutzgebiete) wird verwiesen.
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 277
11.12.2006 – 4 B 72.06) hat folgende Bewertungskriterien
zur Beeinträchtigung entwickelt:
Lage bestimmter Räumlichkeiten und deren Fenster
sowie von Terrassen und Ähnlichem zur Windenergieanlage;
bestehende oder in zumutbarer Weise herstellbare
Abschirmung des Wohngrundstücks zur Anlage;
Hauptwindrichtung und damit Stellung des Rotors
zu einem Wohnhaus; topographische Situation;
Sichtschutz durch Waldgebiete oder Gebäude; die
Größe des Rotordurchmessers, weitere Beeinträchtigungen
durch bereits vorhandene Windenergieanlagen.
Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes
NRW lassen sich unter Berücksichtigung dieser
Kriterien für die Ergebnisse der Einzelfallprüfungen
grobe Anhaltswerte prognostizieren:
Ist der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer
Windenergieanlage geringer als das Zweifache der
Gesamthöhe der Anlage (Nabenhöhe + halber Rotordurchmesser),
dürfte die Einzelfallprüfung überwiegend
zu einer dominanten und optisch bedrängenden
Wirkung der Anlage gelangen. Beträgt der Abstand
das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der Anlage,
bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung
des Einzelfalls. Diese vom Oberverwaltungsgericht
NRW aufgestellten Regeln sind Faustformeln,
die eine bestimmte Würdigung der Umstände nahelegen,
aber die Prüfung des konkreten Einzelfalls nicht
entbehrlich machen (siehe auch BVerwG, Beschluss
vom 23.12.2010 – 4 B 36.10).
Das OVG NRW hat diese Grundsätze in seiner jüngeren
Rechtsprechung bestätigt, auch in Bezug auf modernere
Windenergieanlagen, die durch einen höheren
Turm und einen größeren Rotordurchmesser gekennzeichnet
sind (Beschluss vom 20.07.2017 – 8 B 396/17
und 21.11.2017 – 8 B 935/17).
Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren
ist die größtmögliche Minimierung der Befeuerung,
insbesondere durch die Nutzung von Sichtweitenmessgeräten
und Synchronisierung der Befeuerung,
als Aufl age dem Projektierer aufzugeben. Dabei
ist darauf zu achten, dass die Aufl age nicht den luftrechtlichen
Nebenbestimmungen widerspricht.
Aus dem Rücksichtnahmegebot kann sich auch das
Erfordernis von Abständen von Windenergieanlagen
untereinander ergeben. (OVG NRW, Beschluss vom
01.02.2000 – 10 B 1831/99). In diesem Zusammenhang
wird darauf hingewiesen, dass auch aus Gründen der
Standsicherheit Abstände erforderlich sind (siehe
Nummer 5.2.3.4).
Befi ndet sich der Standort der Windenergieanlage innerhalb
einer im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone,
ist Folgendes zu beachten: Eine positive
Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig
erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren
rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse im
Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15/01).
Innerhalb einer im Flächennutzungsplan dargestellten
Konzentrationszone dürfen die Belange des § 35 Absatz 3
Satz 1 Baugesetzbuch, die bereits im Rahmen der Planung
abschließend abgewogen worden sind, bei der
Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage
nicht wieder als Genehmigungshindernis aktiviert
werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom 20.05.2010 –
4 C 7.09). Entgegenstehende öffentliche Belange werden
deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen
nur relevant, soweit sie auf Ebene der Bauleitplanung
noch nicht abschließend berücksichtigt wurden.
Die Regelungsdichte eines Bauleitplans wird auf der einen
Seite durch das Gebot der Konfl iktbewältigung (planerisch
zu bewältigende Nutzungskonfl ikte sollen im aktuellen
Planverfahren und nicht erst in einem späteren
Genehmigungsverfahren gelöst werden) und auf der anderen
Seite durch das Gebot der planerischen Zurückhaltung
(planerische Zurückhaltung für die Fälle, in denen
eine Konfl iktbewältigung sachgerecht auf Ebene der
Einzelgenehmigung erfolgen kann) bestimmt. Je nach
Detailierungsgrad des Bauleitplans ändert sich das Prüfprogramm
auf der Ebene der Vorhabenzulassung.
missionsschutzrechtlichen Genehmigung einer entsprechenden
wasserrechtlichen Genehmigung.
i) Eine Störung der Funktionsfähigkeit von Funkstellen
und Radaranlagen (§ 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8
Baugesetzbuch) können der Zulässigkeit einer Windenergieanlage
entgegenstehen. Dies setzt voraus, dass
die Windenergieanlage die Funktion der Radaranlage
für den ihr zugewiesenen Zweck in nicht hinzunehmender
Weise einschränkt. Der in § 35 Absatz 3
Satz 1 Nummer 8 Baugesetzbuch normierte öffentliche
Belang soll nur dann die bauplanungsrechtliche
Unzulässigkeit eines Vorhabens begründen, wenn es
um die Abwehr von Gefahren geht, deren Gewicht
den im Gesetzgebungsverfahren in den Blick genommenen
öffentlichen Belangen – hier: militärische Belange
sowie Flugsicherheit – vergleichbar ist. Ob die
Beeinträchtigung privater Richtfunkstrecken als öffentlicher
Belang des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8
Baugesetzbuch einzustufen ist, ist in der Rechtsprechung
noch nicht abschließend geklärt. Der Richtfunkkanal
wird abgeschattet und eine Hindernisdämpfung
wird verursacht, wenn die erste Fresnelzone
von den Rotorblättern einer Windenergieanlage
überstrichen wird. Allerdings hängt es vom Ausmaß
der Hindernisdämpfung ab, ob eine unzulässige Beeinträchtigung
vorliegt (vergleiche OVG NRW, Beschluss
vom 27.08.2014 – 8 B 550/14). Allerdings werden
Beeinträchtigungen des Rundfunkempfangs vom
Schutzbereich des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nummer 8
Baugesetzbuch nicht erfasst (OVG NRW, Urteil vom
18.08.2009 – 8 A 613/08).
Die Funktionsfähigkeit von Wetterradarsystemen
kann durch Windenergieanlagen ebenfalls beeinträchtigt
werden. Auch insoweit ist zu prüfen, ob das
Radarsystem tatsächlich durch das Bauvorhaben
technisch beeinfl usst wird und ob sich diese Störung
auf die Funktionsfähigkeit des Radars auswirkt, d.h.,
ob der der Rardaranlage zugewiesene Zweck in nicht
hinnehmbarer Weise eingeschränkt wird.
Soweit es sich um Funk- und Radaranlagen handelt,
die der Sicherheit des Luftverkehrs dienen, wird auf
Nummer 8.2.6 verwiesen.
j) Zum Belang der Landesverteidigung im Einzelnen
wird auf Nummer 8.2.8 verwiesen. Die entsprechende
Darlegungslast bei der Geltendmachung von Belangen
der Landesverteidigung liegt bei der Bundeswehr
(vergleiche OVG Niedersachsen, Beschluss vom
13.04.2011 – 12 ME 8/11). In Konfl iktfällen sind
Nachfragen an das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz
und Dienstleistungen der Bundeswehr
(BAIUDBw), Referat Infra I 3, Fontainengraben 200,
53123 Bonn zu richten. E-Mail (auch für alle informellen
Voranfragen an die Bundeswehr): windenergie@
bundeswehr.org.
k) Die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen
ist ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3
Satz 1 Baugesetzbuch; die bloße Möglichkeit einer
Störung der Funktionsfähigkeit reicht für ein Entgegenstehen
im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch
nicht aus (vergleiche OVG NRW, Beschluss
v. 09.06.2017, 8 B 1264/16); vergleiche auch
Nummer 8.2.12.
l) Auch das Gebot der Rücksichtnahme ist in § 35 Absatz
3 Satz 1 Baugesetzbuch verankert. Der im Außenbereich
Wohnende muss grundsätzlich mit der Errichtung
von in diesem Bereich privilegierten Windenergieanlagen
und ihren optischen Auswirkungen
rechnen (OVG NRW, Beschluss vom 12.01.2006 – 8 A
2285/03). Auf Abwehrrechte kann sich nur derjenige
berufen, dessen eigene Nutzung formell und materiell
legal ist, wobei die Beweislast für die formelle Legalität
die Bauherrin oder den Bauherrn trifft (OVG
NRW, Beschluss vom 24.06.2010 – 8 A 2764/09; best.
durch BVerwG, Beschluss vom 23.12.2010 – 4 B
36.10). Ob von einer Windenergieanlage eine rücksichtslose
optisch bedrängende Wirkung auf eine
Wohnbebauung ausgeht, ist stets anhand aller Umstände
des Einzelfalls zu prüfen. Das Oberverwaltungsgericht
NRW (siehe Urteil vom 09.08.2006 – 8 A
3726/05 –, best. durch BVerwG, Beschluss vom
278 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
terleitung auf die Umgebung (Gebäude, bauliche Anlagen
und Wald) vorgebeugt wird. Dies wird in der Regel
durch Wahrung der im Erlass aufgeführten Abstandsregelungen
(zum Beispiel in 5.2.2.3, 5.2.3.1 und 8.1) erreicht.
Soweit besondere Standort- oder Risikofaktoren
im Einzelfall erkennbar sind, wie dies regelmäßig bei
Anlagen im Wald oder in der Nähe des Waldes anzunehmen
ist, sind neben den regelmäßig zu beachtenden Anforderungen
(z. B. Blitzschutzanlagen, Wartung und Instandhaltung)
weitere geeignete Vorkehrungen zu treffen,
wie beispielsweise
a) soweit möglich Verwendung nichtbrennbarer Baustoffe,
b) Brandfrüherkennung mit automatischer Abschaltung
der Anlagen und vollständiger Trennung von der
Stützenergie,
c) Vorhaltung selbsttätiger Feuerlöschanlagen,
(siehe auch VdS3523: 2008-07, Windenergieanlagen,
Leitfaden für den Brandschutz).
Besondere Standort- oder Risikofaktoren sind bei Anlagen
auf dem freien Feld regelmäßig nicht erkennbar.
5.2.3.3
Beachtung Technischer Baubestimmungen
Für Windenergieanlagen wird auf die unter Nummer
2.7.9 und zugehörigen Anlagen (2.4/7 und 2.7/12) im
Runderlass „Änderung des Runderlasses Einführung
Technischer Baubestimmungen nach § 3 Abs. 3 BauO
NRW“ vom 4. Februar 2015 (MBl. NRW S. 166) bekannt
gemachten technischen Regeln verwiesen, die nach Nummer
1 der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen
(VV TB) vom 13. Juni 2017 (MBl. NRW S. 660)
als Technische Baubestimmungen im Sinne des § 87 Bauordnung
für das Land Nordrhein-Westfalen 2016 (Landesbauordnung
2016 – BauO NRW 2016) vom 15. Dezember
2016 (GV. NRW. 2016 S. 1162), die zuletzt durch Gesetz
vom 21. Dezember 2017 (GV. NRW. S. 1005) geändert
wurde, gelten. Die „Richtlinie für Windenergieanlagen;
Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm
und Gründung; Fassung Oktober 2012“ (Schriftenreihe B
des DIBt, Heft 8) ist als Technische Baubestimmung eingeführt.
Auf die Anlage 2.7/12 wird auch hinsichtlich der
erforderlichen gutachtlichen Stellungnahmen eines oder
einer Sachverständigen als Bestandteil der Bauvorlagen
für Windenergieanlagen, kleine Windenergieanlagen und
sehr kleine Windenergieanlagen bis 10 m Gesamthöhe
hingewiesen. Geeignete sachverständige Stellen sind
dort benannt.
5.2.3.4
Standsicherheit
Gemäß § 15 Absatz 1 Landesbauordnung muss jede bauliche
Anlage standsicher sein und darf auch die Standsicherheit
anderer baulicher Anlagen nicht gefährden. Gemäß
§ 18 Absatz 3 Landesbauordnung sind Erschütterungen
oder Schwingungen, die von baulichen Anlagen
ausgehen, so zu dämmen, dass Gefahren oder unzumutbare
Belästigungen nicht entstehen. Wird eine Windenergieanlage
in Windrichtung vor einer bereits bestehenden
Windenergieanlage errichtet, kann sie durch Erhöhung
der Turbulenzintensität einen schnelleren Verschleiß von
Anlagenteilen der nachgesetzten Anlage bewirken und
damit auf Dauer deren Standsicherheit beeinträchtigen
(siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 01.02.2000 – 10 B
1831/99). Um den bauordnungsrechtlichen Anforderungen
unter Beachtung der Technischen Baubestimmungen
Rechnung zu tragen, ist für freistehende Windenergieanlagen
mit Turm und Gründung ein ausreichender Abstand
untereinander und zu anderen vergleichbar hohen
Bauwerken erforderlich.
Für den Standsicherheitsnachweis von Windenergieanlagen
wird auf der Grundlage der aktuellen Richtlinien für
Windenergieanlagen (sowohl in den Fassungen März
2004 als auch Oktober 2012, hier: Schriftenreihe B des
DIBt, Heft 8) eine geringere Turbulenzintensität angesetzt
als nach der zuvor bauaufsichtlich eingeführten
Richtlinie für Windkraftanlagen (in der Fassung Juni
1993), die noch bis zum Jahresende 2005 angewendet
werden durfte. Der verringerte Ansatz der Turbulenzin-
5.2.2.4
Rückbauverpfl ichtung
Nach § 35 Absatz 5 Satz 2 Baugesetzbuch ist für Vorhaben
nach § 35 Absatz 1 Nummern 2 – 6 Baugesetzbuch
als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpfl ichtungserklärung
abzugeben, das Vorhaben einschließlich
Nebenanlagen nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen
Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen (Fundament,
Zuwegungen) zu beseitigen.
Zur Rückbauverpfl ichtung nach § 35 Absatz 5 Satz 2 in
Verbindung mit Satz 3 Baugesetzbuch hat das Bundesverwaltungsgericht
mit Urteil vom 17.10.2012 (Az: 4 C
5.11) klargestellt, dass die Regelung die Einhaltung der
Erklärung der Betroffenen oder des Betroffenen, mit der
sie oder er sich zum Rückbau verpfl ichte, sicherstellen
solle und dass dies auch die Absicherung eines möglichen
Liquiditätsrisikos beinhalte. Die Durchsetzung der
Rückbaupfl icht solle nicht daran scheitern, dass von der
Vollstreckung abgesehen werde, weil ausreichende Mittel
für eine Ersatzvornahme nicht zur Verfügung ständen.
Selbst wenn eine öffentlich-rechtliche Baulast eingetragen
ist, muss daher von der Bauherrin oder vom Bauherrn
auch eine Sicherheitsleistung, die (in der Regel
durch Bankbürgschaft) zugunsten der Genehmigungsbehörde
oder der Bauaufsichtsbehörde zu bestellen ist, gefordert
werden. Die Sicherheitsleistung muss den Rückbau
der Windenergieanlage einschließlich des den Boden
versiegelnden Fundaments am Ende der voraussichtlichen
Lebensdauer der Anlage vollständig abdecken.
Wenn nichts Gegenteiliges nachgewiesen wird, kann von
einer Sicherheitsleistung in Höhe von 6,5 Prozent der
Gesamtinvestitionskosten ausgegangen werden. Im Einzelfall
kann sich aus der Konstruktion der Windenergieanlage
eine höhere oder niedrigere Sicherheitsleistung
ergeben. Die Sicherheitsleistung muss spätestens bei
Baubeginn vorliegen. Dies kann durch eine entsprechende
Nebenbestimmung zur Genehmigung gesichert
werden.
5.2.3
Bauordnungsrechtliche Anforderungen
Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen ist die
Einhaltung der Anforderungen des Bauordnungsrechts
sicherzustellen.
Die für die Einspeisung ins Stromnetz erforderlichen
Übergabestationen bis 20 m2 Grundfl äche und 4 m Höhe
sind gemäß § 65 Absatz 1 Nummer 9a Landesbauordnung
in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März
2000 (GV. NRW. S. 256), die zuletzt durch Gesetz vom 15.
Dezember 2016 (GV. NRW. S. 1162) geändert worden ist,
baugenehmigungsfrei. Die Genehmigungsfreiheit entbindet
nicht von der Verpfl ichtung zur Einhaltung der Anforderungen,
die in öffentlich-rechtlichen Vorschriften
gestellt werden, § 65 Absatz 4 Landesbauordnung.
5.2.3.1
Abstandfl ächen
Die notwendige Abstandfl äche einer Windenergieanlage
ergibt sich aus § 6 Absatz 10 Landesbauordnung.
Zu weiteren erforderlichen Abständen siehe auch
Nummer 5.2.2.3 und Nummer 8.
5.2.3.2
Brandschutz
Für Windenergieanlagen mit mehr als 30 m Höhe ist
nach § 68 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 Landesbauordnung
mit den Bauvorlagen ein Brandschutzkonzept bei der
Genehmigungsbehörde einzureichen, § 69 Absatz 1
Satz 2 Landesbauordnung. Einzelheiten ergeben sich aus
§ 9 Verordnung über bautechnische Prüfungen vom 6.
Dezember 1995 (GV. NW. 1995 S. 1241 ), die zuletzt
durch Artikel 2 der Verordnung vom 2. Dezember 2016
(GV. NRW. 2017 S. 2) geändert wurde. Für Kleinwindanlagen
unter 30 m ist, auch wenn sich um einen Sonderbau
im Sinne von § 54 Landesbauordnung handelt, in
der Regel die Vorlage eines Brandschutzkonzeptes nicht
erforderlich.
Windenergieanlagen müssen so beschaffen sein, dass der
Entstehung eines Brandes der Anlage und der BrandweiMinisterialblatt
für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 279
tere Fachbehörden (wie beispielsweise die Umweltschutzbehörden/
Naturschutzbehörden) zu beteiligen.
6.2
Zulässigkeit
6.2.1
Immissionsschutzrechtliche Voraussetzungen
Für Kleinwindanlagen gilt infolge von § 22 Bundes-Immissionsschutzgesetz,
gegebenenfalls in Verbindung mit
§ 13 Landesimmissionsschutzgesetz NRW vom 18.03.
1975, zuletzt geändert am 20.09.2016 (GV. NRW. S. 791),
dass sie die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte nach
Nummer 6.1 TA Lärm und sonstige immissionsschutzrechtliche
Anforderungen einhalten müssen. Werden
Kleinwindanlagen an Gebäuden befestigt, sind aufgrund
der baulichen Verbundenheit auch die Immissionsrichtwerte
für Innen nach Nummer 6.2 TA Lärm zu berücksichtigen,
sofern im Gebäude nicht nur die Anlagenbetreiberin
oder der Anlagenbetreiber wohnt.
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Höhen und Leistungsklassen
der Kleinwindanlagen und der unterschiedlich
geprägten Standorte, an denen Kleinwindanlagen
verwirklicht werden sollen, lassen sich jedoch allgemeine
Empfehlungen kaum aussprechen.
Insbesondere bei Anlagen im Innenbereich sind im baurechtlichen
Genehmigungsverfahren aussagekräftige
Unterlagen vorzulegen, die eine Prüfung der immissionsschutzrechtlichen
Zulässigkeit des Betriebs ermöglichen
(zum Beispiel gesicherte Datenblätter, in denen unabhängige
Institute das Geräuschverhalten der Anlage in
allen regulären Betriebszuständen mindestens bis zum
Erreichen der Nennleistung belegen).
6.2.2
Bauplanungsrechtliche Voraussetzungen
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach
den §§ 29 bis 36 Baugesetzbuch.
Im beplanten Innenbereich ist anhand der jeweiligen
Gebietskategorie zu prüfen, ob eine Windenergieanlage
(als eigenständige Hauptanlage) nach § 30 Baugesetzbuch
in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung zulässig
ist. Im unbeplanten Innenbereich muss sich die
Windenergieanlage gemäß § 34 Absatz 1 Baugesetzbuch
in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. In den
Fällen, in denen die Eigenart der näheren Umgebung einem
der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht,
ist die Zulässigkeit nach § 34 Absatz 2 Baugesetzbuch
anhand der Gebietskategorien der Baunutzungsverordnung
zu prüfen.
Im Innenbereich können Kleinwindanlagen grundsätzlich
auch als untergeordnete Nebenanlagen gemäß § 14
Baunutzungsverordnung in allen Baugebieten zulässig
sein. Voraussetzung ist, dass sie dem primären Nutzungszweck
von Grundstücken dienen und der Eigenart des
Baugebiets nicht widersprechen (vergleiche OVG Niedersachsen,
Beschluss vom 29.06.2012 – 12 LA 155/11).
Kleinwindanlagen dienen nur solange dem primären
Nutzungszweck von Grundstücken (funktionale Unterordnung),
wie sie überwiegend (> 50 Prozent) für das jeweilige
Grundstück selbst Energie erzeugen, nicht aber,
wenn die erzeugte Energie überwiegend in das öffentliche
Netz eingespeist wird. Darüber hinaus müssen sie
der Hauptnutzung räumlich-gegenständlich untergeordnet
sein. Die räumliche Unterordnung ist zwar nicht bereits
dann ausgeschlossen, wenn die Anlage über die
Firsthöhe der übergeordneten baulichen Anlage um etliche
Meter hinausragt. Aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes
und wegen ihrer Abmessungen darf die Nebenanlage
aber der Hauptanlage nicht gleichwertig erscheinen
oder diese optisch verdrängen. Eine
Kleinwindanlage kann im Hinblick auf ihr geringes bauliches
Volumen in der optischen Wirkung derart zurücktreten,
dass sie gegenüber einem Gebäude, dessen Energieversorgung
sie dient, auch räumlich-gegenständlich
als untergeordnet erscheint. Maßgeblich für die räumlich-
gegenständliche Unterordnung ist der optische Gesamteindruck
aus Standort und Größe der Kleinwindanlage,
den Abmessungen der benachbarten Hauptanlagen,
der Bebauungsdichte des Baugebietes sowie der Grundtensität
bedingt größere Mindestabstände der Windenergieanlagen
zur Gewährleistung der Standsicherheit. Bei
Unterschreitung der Abstände von 8 beziehungsweise 5
Rotordurchmessern nach Abschnitt 6.3.3 der aktuellen
Richtlinie für Windenergieanlagen können sowohl nach
den Richtlinien März 2004 (Abschnitt 6.3.3) als auch Oktober
2012 (Abschnitt 7.3.3) standsicherheitsrelevante
Auswirkungen in Betracht kommen.
Für Anlagen, die noch nach der älteren Richtlinie für
Windkraftanlagen (Fassung Juni 1993) ausgelegt sind,
gilt weiterhin, dass bei Abständen von weniger als 5 Rotordurchmessern
in Hauptwindrichtung standsicherheitsrelevante
Auswirkungen zu erwarten sind und ein
Abstand von weniger als 3 Rotordurchmessern im Hinblick
auf die Standsicherheit als gefährlich einzustufen
ist.
Zur Genehmigung der Unterschreitung von Abständen,
bei denen standsicherheitsrelevante Auswirkungen zu
erwarten sind, ist von der Antragstellerin oder vom Antragsteller
der hinzukommenden Windenergieanlage mittels
gutachtlicher Stellungnahme einer oder eines Sachverständigen
nachzuweisen, dass Gefahren oder unzumutbare
Belästigungen nicht entstehen (siehe auch
Ziffer 3.2 in der Anlage 2.7/12 des Runderlasses „Änderung
des Runderlasses Einführung Technischer Baubestimmungen
nach § 3 Abs. 3 Landesbauordnung“ vom 4.
Februar 2015 in Verbindung mit der Technischen Baubestimmung).
5.2.3.5
Eiswurf
Wegen der Gefahr des Eisabwurfes sind Abstände von
Windenergieanlagen zu Verkehrswegen, Erholungseinrichtungen
und Gebäuden einzuhalten oder funktionssichere
technische Einrichtungen zur Gefahrenabwehr
(zum Beispiel automatische Außerbetriebnahme bei Eisansatz
oder Rotorblattheizung) erforderlich. Detaillierte
Anforderungen werden in Anlage 2.7/12 des Runderlasses
„Änderung des Runderlasses Einführung Technischer
Baubestimmungen nach § 3 Abs. 3 Landesbauordnung“
vom 4. Februar 2015gestellt. Im Bereich unter Windenergieanlagen
mit technischen Einrichtungen zur Außerbetriebnahme
des Rotors bei Eisansatz ist durch Hinweisschilder
auf die verbleibende Gefährdung durch Eisabfall
bei Rotorstillstand oder Trudelbetrieb aufmerksam
zu machen.
6
Kleinwindanlagen bis 50 m Anlagenhöhe
6.1
Verfahren
Unter Kleinwindanlagen werden Anlagen mit einer Anlagengesamthöhe
von bis zu 50 m Höhe verstanden, die
entsprechend der Regelungen der Verordnung über genehmigungsbedürftige
Anlagen nicht unter die immissionsschutzrechtliche
Genehmigungspfl icht fallen.
Kleinwindanlagen gelten als bauliche Anlagen im Sinne
des § 29 Baugesetzbuch und des § 2 Landesbauordnung.
Nach § 65 Absatz 1 Nummer 44 lit b) Landesbauordnung
bedarf die Errichtung oder Änderung von Kleinwindanlagen
bis zu 10 m Anlagengesamthöhe, außer in reinen,
allgemeinen und besonderen Wohngebieten, sowie
Mischgebieten, keiner Baugenehmigung. Die Anlagengesamthöhe
bezieht sich dabei allein auf die Höhe der
Kleinwindanlage. Ferner bedarf nach § 65 Absatz 2
Nummer 4 Landesbauordnung die mit diesen genehmigungsfreien
Anlagen verbundene Änderung der Nutzung
oder der äußeren Gestalt des Gebäudes keiner Baugenehmigung.
Die Genehmigungsfreiheit entbindet nicht
von der Verpfl ichtung zur Einhaltung der Anforderungen,
die in öffentlich-rechtlichen Vorschriften gestellt werden
(§ 65 Absatz 4 Landesbauordnung). Für alle anderen
Windenergieanlagen bis 50 m Gesamthöhe, die entweder
neben oder auf einem Gebäude errichtet werden sollen,
ist nach § 63 Absatz 1 Landesbauordnung ein Baugenehmigungsverfahren
durchzuführen.
Neben der Baugenehmigung sind gegebenenfalls weitere
Genehmigungen/ Erlaubnisse einzuholen. Die Bauaufsichtsbehörden
haben im Genehmigungsverfahren wei280
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
bestimmungen zu Vermeidungs- beziehungsweise Ausgleichs-
und Ersatzmaßnahmen, die auf Grundlage der
naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung festgesetzt
wurden, zuständig. Hierzu kann sie die im Genehmigungsverfahren
beteiligte Naturschutzbehörde im Rahmen
der Amtshilfe um Unterstützung bitten.
Im Übrigen überwachen die Naturschutzbehörden gemäß
§ 3 Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung
mit § 2 Landesnaturschutzgesetz NRW in der Fassung
der Bekanntmachung vom 15. November 2016 (GV.
NRW. S. 934) die Einhaltung der naturschutzrechtlichen
Vorschriften. Dies betrifft insbesondere die Einhaltung
der Vorschriften zum Artenschutz gemäß §§ 44f Bundesnaturschutzgesetz
und Habitatschutz gemäß §§ 34 und
36 Bundesnaturschutzgesetz sowie die Umsetzung der in
diesem Zusammenhang in den Genehmigungsbescheid
aufgenommenen Nebenbestimmungen.
Vor allem der Umgang mit der Ansiedelung von neuen
Vorkommen europäisch besonders geschützter Arten
(FFH-Anhang IV-Arten, europäische Vogelarten) nach
Genehmigung und Errichtung von Anlagen wirft Fragen
der Überwachung auf, da diese Fallkonstellationen im
Genehmigungsverfahren noch nicht vorausgesehen und
über Nebenbestimmungen abgedeckt werden konnten.
Denkbar sind dabei insbesondere die folgenden zwei
Fallkonstellationen (siehe Lau: „Rechtsgutachten zum
Umgang mit der nachträglichen Ansiedelung von europarechtlich
geschützten Arten im Umfeld genehmigter
Vorhaben“ (Juli 2017), abrufbar unter http://artenschutz.
naturschutzinformationen.nrw.de/artenschutz/de/downloads):
a) Nachträgliche Ansiedlung nach Baubeginn der WEA
In diesem Fall führen Tötungen etc. in Folge des nachträglichen
Einwanderns regelmäßig zu keinem Verstoß
gegen die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des
§ 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz/Art. 12 Abs. 1
FFH-RL und Art. 5 VS-RL.
Ein behördliches Einschreiten gegen den Anlagenbetreiber
als Zustandsstörer wäre nur in dem sehr seltenen
Fall denkbar, soweit Vorkommen einer Art betroffen sind,
die für die Erhaltung der Art von herausragender Bedeutung
sind und die Art dort besonderen Risiken ausgesetzt
ist. Nur in diesem Sonderfall resultiert aus Art. 12 Abs. 4
FFH-RL beziehungsweise Art. 13 VS-RL grundsätzlich
eine Handlungspfl icht der zuständigen Naturschutzbehörde.
Gemessen an den Zielen der FFH- und VS-RL und
in Orientierung an Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ist ein Artvorkommen
dann von herausragender Bedeutung zu werten,
wenn es für die Stabilität des Erhaltungszustands der
Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet innerhalb
Deutschlands aus naturschutzfachlich belastbaren
Gründen unverzichtbar erscheint. Dafür ist auf das Verfahren
nach 2.4.3.1 VV-Artenschutz abzustellen und im
Einvernehmen mit dem FB 24 (Artenschutz) des LANUV
zu entscheiden.
b) Nachträgliche Ansiedlung nach Genehmigungserlass
aber vor Baubeginn
In diesem Fall können Tötungen etc. in Folge des nachträglichen
Einwanderns die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote
des § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz
auslösen, so dass ggfs. eine Anordnung gegenüber dem
Anlagenbetreiber als Handlungsstörer zu treffen ist.
Sofern in den beiden zuvor genannten Fällen ein behördliches
Einschreiten erforderlich wird, kommen nachträgliche
Anordnungen nach § 17 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz
nicht in Betracht. Der zuständigen Naturschutzbehörde
ist es jedoch eröffnet, auf der Basis des
§ 3 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz einzuschreiten und
gegen den Anlagenbetreiber entsprechende naturschutzrechtliche
Anordnungen zu erlassen. Im Rahmen der Erforderlichkeit
ist umfassend zu ermitteln und zu prüfen,
ob es neben der Option von Betriebseinschränkungen
andere mildere Mittel gibt, die ebenso geeignet sind, die
betreffenden Arten zu schützen.
Wenn sich die ermittelten erforderlichen Maßnahmen
nach einer Abwägung aller widerstreitenden Interessen
für den Betreiber als nicht angemessen darstellen,
müsste die Immissionsschutzbehörde prüfen, ob die Voraussetzungen
für einen (Teil-) Widerruf der Genehmistücksgrößen
(vergleiche VGH Mannheim, Beschluss vom
09.07.2014 – 8 S 39/14).
Im Außenbereich können Kleinwindanlagen als selbstständige
Anlagen nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 Baugesetzbuch
zu beurteilen sein, unabhängig davon, ob der
erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird
oder der privaten Energieversorgung dient. Aufgrund ihrer
geringen Höhe handelt es sich nicht um raumbedeutsame
Anlagen. Sie werden deshalb von der raumordnerischen
Steuerung der Anlagenerrichtung nicht erfasst.
Kleinwindanlagen können im Außenbereich auch als untergeordnete
Nebenanlagen zu privilegierten Vorhaben
nach § 35 Absatz 1 Baugesetzbuch zulässig sein (s. Nummer
5.2.2.2).
Hat eine Gemeinde von dem Institut der bauleitplanerischen
Steuerung Gebrauch gemacht und Konzentrationszonen
ausgewiesen, gilt für Anlagen, die von einem
privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb nach § 35
Absatz 1 Nummer 1 Baugesetzbuch mitgezogen werden,
§ 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch unabhängig von der
Höhe der Windenergieanlage nicht (BVerwG, Beschluss
vom 04.11.2008 – 4 B 44.08). In den übrigen Fällen des
§ 35 Absatz 1 Baugesetzbuch muss im Einzelfall geprüft
werden, ob eine Ausnahme von der Ausschlusswirkung
(§ 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch) möglich ist (siehe
auch oben Nummer 5.2.2.1).
Die Atypik kann sich daraus ergeben, dass eine Windenergieanlage
wegen ihrer Größe oder wegen ihrer Funktion
zum Beispiel als einem anderen privilegierten Vorhaben
zugeordnete Nebenanlage besondere Merkmale
aufweist, die sie aus dem Kreis der Anlagen heraushebt,
deren Zulassung die Gemeinde hat steuern wollen (bspw.
bei Anlagen, die nicht der Einspeisung in das öffentliche
Netz, sondern nur der Eigenversorgung dienen). Ist in
der Nähe des vorgesehenen Standorts bereits eine zulässigerweise
errichtete (Klein)Windenergieanlage vorhanden,
so kann dies bei der Interessenbewertung ebenfalls
zum Vorteil der Antragstellerin oder des Antragstellers
ausschlagen. Auch die kleinräumlichen Verhältnisse können
es rechtfertigen, von der auf den gesamten Planungsraum
bezogenen Beurteilung des Planungsträgers
abzuweichen. Ist aufgrund topographischer oder sonstiger
Besonderheiten eine Beeinträchtigung der als störempfi
ndlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen
des betreffenden Landschaftsraums nicht zu besorgen, so
widerspricht es der Zielrichtung des Planvorbehalts
nicht, das Vorhaben zuzulassen (siehe OVG NRW, Urteil
vom 15.03.2006 – 8 A 2672/03).
Im Übrigen wird auf die grundsätzlichen Ausführungen
in Nummer 5.2.2 verwiesen.
6.2.3
Bauordnungsrechtliche Voraussetzungen
Zu den bauordnungsrechtlichen Anforderungen wird auf
Nummer 5.2.3 verwiesen. Hinsichtlich des Nachweises
der Sicherheit und der erforderlichen Bauvorlagen gelten
in Verbindung mit Abschnitt 5.2.3.3 Erleichterungen
für kleine Windenergieanlagen im Anwendungsbereich
der DIN EN 61400-2 (s. a. Ziffern 1 und 3.1 in der Anlage
2.7/12 des Runderlasses „Änderung des Runderlasses
Einführung Technischer Baubestimmungen nach § 3
Abs. 3 Landesbauordnung“ vom 4. Februar 2015) sowie
für sehr kleine Windenergieanlagen bis 10 m Gesamthöhe
(s. a. Ziffer 5 der Anlage 2.7/12 des Runderlasses).
7
Überwachung und Gebühren
7.1
Überwachung
Die Überwachung des Immissionsschutzes (Lärm, periodischer
Schattenwurf und sonstige Lichteffekte) gemäß
§ 52 Bundes-Immissionsschutzgesetz obliegt den Unteren
Umweltschutzbehörden. Darüber hinaus ist die Untere
Umweltschutzbehörde gemäß § 17 Absatz 7 Bundesnaturschutzgesetz
vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542),
zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15.
September 2017 (BGBl. I S. 3434) für die Prüfung der
frist- und sachgerechten Durchführung der NebenMinisterialblatt
für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 281
planungsrechtliche Zulässigkeit, Immissionsschutz, Abstandfl
ächen, Naturschutz- und Landschaftspfl ege). Da
die Herstellungskosten einer Windenergieanlage maßgeblich
von einer technischen Ausstattung (zum Beispiel
Generator, Bremse, Kupplung, Welle, Nabe usw.) bestimmt
werden, die selbst keiner bauaufsichtlichen Prüfung
unterliegt, ist nach Tarifstelle 2.1.3 Absatz 2 Satz 2
bei der Berechnung der Gebühren die Hälfte der Herstellungssumme
zugrunde zu legen. Die Tarifstelle 2.3.1
bleibt unberührt.
Die Gebühren für Amtshandlungen nach Tarifstelle
2.4.10.1ff. Allgemeiner Gebührentarif (Bauüberwachung
und Bauzustandsbesichtigung) sind unter Berücksichtigung
der vorstehend ermittelten Genehmigungsgebühren
(Gebühr nach Tarifstelle 2.4.1.4 Buchst. b)) zu berechnen.
Die Gebühren im Sinne der Tarifstelle 2.4.8.1 (Prüfung
des Standsicherheitsnachweises) und 2.4.8.4 (Prüfung
von Konstruktionszeichnungen) sind nach Tarifstelle
2.1.5.3 zu ermitteln, wobei die Herstellungssumme der
Windenergieanlage zugrunde zu legen ist. Bei der Ermittlung
der Herstellungssumme bleiben jedoch die Herstellungskosten
der Windturbine unberücksichtigt, weil
die Windturbine keiner bautechnischen Prüfungen hinsichtlich
der Standsicherheit unterliegt (Tarifstelle 2.1.3
Absatz 2 Satz 1). Die Herstellungssumme besteht deshalb
vorliegend nur aus den veranschlagten Kosten des
Fundaments und des Turms der Windenergieanlage.
8
Tabuzonen, Berücksichtigung von Spezialgesetzen,
Behördenbeteiligung
Die nachfolgenden Ausführungen sind bei der Planung
(unter Beachtung der Planhierarchie und entsprechend
des jeweiligen Maßstabs und Konkretisierungsgrads)
und/oder bei der Genehmigung einzelner Anlagen zu beachten.
8.1
Fachrechtliche Tabuzonen in der Planung
Im Rahmen der Festlegung von Vorranggebieten für die
Windenergienutzung und der Darstellung von Konzentrationszonen
für die Windenergie ist es erforderlich entsprechend
der in Kapitel 3 beziehungsweise 4 dargelegten
Systematik ein Plankonzept zu erstellen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vollzieht
sich die Planung von Konzentrationszonen abschnittsweise
(vergleiche BVerwG, Beschluss vom
15.09.2009 – 4 BN 25.09). In einem ersten Arbeitsschritt
sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln, die
für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung
stehen. Dazu zählen sowohl die Tabuzonen selber, die
sich aus der Schutzbedürftigkeit bestimmter Bereiche
beziehungsweise Gebiete ergeben als auch solche Bereiche,
die sich aus Abständen zu diesen Tabuzonen ergeben.
Diese fachrechtlichen Tabuzonen können vom Planungsträger
im Rahmen der Abwägung nicht überwunden
werden und stellen insofern harte Tabuzonen dar
(siehe 4.3.3).
Aufgrund des Charakters der Planung als Angebotsplanung
ist in der Regel noch nicht der konkrete Anlagenstandort
und Anlagentyp bekannt. Dementsprechend ist
eine Ermittlung der harten Tabuzonen oft nicht möglich.
In diesen Fällen, in denen harte Tabuzonen nicht zuverlässig
ermittelbar sind, kann der Planungsträger einen
Fehler im Abwägungsvorgang dadurch vermeiden, dass
er unterstellt, bei der Fläche handele es sich um eine
weiche Tabufl äche, und die maßgeblichen Kriterien bei
der Abwägung den Belangen der Windenergie vorzieht
(siehe 4.3.3).
Je nach fachrechtlichem Belang wird bei der Frage, ob es
sich um ein hartes Tabukriterium handelt, zwischen
Standort des Turms und dem Fundament sowie der Fläche,
die vom Rotor überstrichen wird, differenziert werden
müssen. Diese Differenzierung ergibt sich aus den
Kapiteln 8.2.2.2, 8.2.2.4, 8.2.3.1, 8.2.3.2, 8.2.3.3, 8.2.3.4,
8.2.10 und 8.2.11. So werden beispielsweise Überschwemmungsgebiete
durch das Fundament und den
Turm einer Windenergieanlage berührt und nicht durch
die ein Überschwemmungsgebiet überstreichenden Rotorblätter.
Der Flächennutzungsplan muss insgesamt
vollzugsfähig sein. Nicht zwingend an jeder Stelle innergung
nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz
vorliegen. Für die Abgrenzung zwischen der Anordnung
nach § 3 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz und dem
Widerruf nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz
gelten dieselben Grundsätze wie für die
nachträgliche Anordnung nach § 17 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz.
Die Grenze wird durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
bestimmt.
Bei beiden Maßnahmen (naturschutzrechtliche Anordnung/
immissionsschutzrechtlicher (Teil-)widerruf) ist
der zuständigen Behörde ein Ermessen eingeräumt, das
nach den üblichen ordnungsrechtlichen Grundsätzen
auszuüben ist. Dieses Ermessen ist dann zu Gunsten des
Anlagenbetriebs intendiert, wenn sich die betreffende
Anlage innerhalb einer Konzentrationszone nach § 35
Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch oder eines entsprechenden
Vorranggebiets nach § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Raumordnungsgesetz
befi ndet.
Ist der artenschutzrechtliche Konfl ikt nachträglich auch
deshalb entstanden, weil Dritte entsprechende Habitatstrukturen
geschaffen haben (zum Beispiel Anlage von
künstlichen Nisthilfen innerhalb des Gefahrenbereichs)
können diese als Handlungsstörer zur Gefahrenabwehr
mit einer naturschutzbehördlichen Anordnung zur Beseitigung
der betreffenden Habitatstruktur herangezogen
werden.
Weitergehende Hinweise zum Umgang mit der nachträglichen
Ansiedelung von europarechtlich geschützten Arten
im Umfeld genehmigter Vorhaben fi nden sich in dem
oben zitierten Rechtsgutachten (Lau, Juli 2017).
Die Bauaufsichtsbehörden sind gemäß § 61 Landesbauordnung
bei Windenergieanlagen dafür zuständig, die
Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften im
Übrigen zu überwachen.
7.2
Gebühren
7.2.1
Entscheidungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz
Für die Genehmigung sowie weitere Entscheidungen
nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz berechnen
sich die Gebühren nach den Tarifstellen zu Nummer 15a
des Allgemeinen Gebührentarifs der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung.
Berechnungsgrundlage sind
die Errichtungskosten, die sich aus den voraussichtlichen
Gesamtkosten (einschließlich der Mehrwertsteuer)
der Windenergieanlage oder derjenigen Anlagenteile ergeben,
die nach der (Teil-, Änderungs-) Genehmigung errichtet
werden dürfen. Maßgeblich sind die voraussichtlichen
Gesamtkosten im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung,
es sei denn, diese sind niedriger als zum
Zeitpunkt der Antragstellung. Nach Tarifstelle 15a Nummer
1.1 des Allgemeinen Gebührentarifs der Allgemeinen
Verwaltungsgebührenordnung ist mindestens die
höchste Gebühr zu erheben, die für eine nach § 13 Bundes-
Immissionsschutzgesetz eingeschlossene behördliche
Entscheidung zu entrichten gewesen wäre, wenn diese
selbständig erteilt worden wäre.
7.2.2
Gebühren für Baugenehmigung, Bauüberwachung und
Bauzustandsbesichtigung, Prüfung des Standsicherheitsnachweises
Die Gebühren sind nach dem Allgemeinen Gebührentarif
der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung zu erheben,
soweit nicht die Gemeinden Gebührenordnungen
(Satzungen) mit abweichenden Gebührensätzen erlassen
haben (§ 2 Absatz 3 Gebührengesetz vom 23. August
1999 (GV. NRW. 1999 S. 524), das zuletzt durch Gesetz
vom 8. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 836) geändert
wurde). Nach Tarifstelle 2.4.1.4 Buchstabe b) des Allgemeinen
Gebührentarifs der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung
berechnet sich die Gebühr für die Baugenehmigung
einer Windenergieanlage, unabhängig von
ihrer Höhe, mit 10 v. T. der Herstellungssumme. Von den
veranschlagten (geschätzten) Herstellungskosten der gesamten
Windenergieanlage ist auszugehen, weil sie insgesamt
Gegenstand baurechtlicher Prüfungen ist (z. B.
282 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
derartiger Abstand kann auch bei allgemeinen Wohngebieten
erforderlich werden, wenn größere Anlagenfelder
und weitere Vorbelastungen vorliegen.
8.2.2
Naturschutz, Landschaftspfl ege, Wald
8.2.2.1
Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
Windenergieanlagen sind so zu planen und zu errichten,
dass vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und
Landschaft unterlassen werden. Wird eine Anlage genehmigt,
ist die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
auch hinsichtlich der Kompensationsverpfl ichtungen
(Ausgleich/ Ersatz/ Ersatzzahlungen) zu beachten.
Grundsätzlich ist zwischen der Kompensation von Eingriffen
in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild zu
unterscheiden.
Kohärenzsicherungs- und Schadenbegrenzungsmaßnahmen
für Natura 2000-Gebiete sowie vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen
und Kompensatorische Maßnahmen
zum Artenschutz können gleichzeitig der Kompensation
gemäß Eingriffsregelung dienen und umgekehrt. In diesem
Sinne sind bei der Erarbeitung von Kompensationskonzepten
kumulierende Lösungen nach dem Prinzip
der Multifunktionalität anzustreben (vergleiche Verwaltungsvorschriften
-Habitatschutz, Nummer 4.1.1.2 und
4.1.5.4. und Verwaltungsvorschriften -Artenschutz Nummer
2.2.3 und 2.4.3.2). Sofern eine konkrete Maßnahme
die jeweiligen naturschutzfachlichen und rechtlichen
Anforderungen des Habitatschutzes beziehungsweise des
Artenschutzes erfüllt, kann sie zugleich im Sinne der
Multifunktionalität bei der Kompensation der Eingriffe
in den Naturhaushalt entsprechend angerechnet werden.
Beim Repowering von Anlagen sind die positiven Effekte
durch den Rückbau einer oder mehrerer anderer Anlagen
zu berücksichtigen.
Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach den
§§ 15 bis 17 Bundesnaturschutzgesetz und den §§ 30 bis
33 Landesnaturschutzgesetz NRW ist im Genehmigungsverfahren
für die Windenergieanlagen abzuarbeiten. Die
Genehmigung ist mit entsprechenden Nebenbestimmungen
zu versehen, die die Kompensation sicherstellen.
Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen
sind aufgrund der Höhen der Anlagen (>
20m) in der Regel nicht ausgleichbar oder ersetzbar im
Sinne des § 15 Absatz 6 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz.
Eine landschaftsgerechte Wiederherstellung oder Neugestaltung
der Landschaft im Sinne von § 15 Absatz 2
Bundesnaturschutzgesetz, sodass die unvoreingenommene
Beobachterin und der unvoreingenommene Beobachter,
der die vom Eingriff betroffene Örtlichkeit nicht
kennt, diese nach Neugestaltung nicht als Fremdkörper
in der Landschaft erkennen kann, ist bei vertikalen
Strukturen mit der Höhe moderner Windenergieanlagen
nicht möglich. Daher ist, wenn eine solche Anlage zugelassen
wird, für diese Beeinträchtigungen ein Ersatz in
Geld zu leisten.
Die Höhe der Ersatzzahlung ergibt sich aus der Höhe der
Anlage und der Wertstufe des Landschaftsbildes im Umkreis
der 15-fachen Anlagenhöhe (Gesamthöhe aus Nabenhöhe
und Rotorblattlänge) aus den Beträgen der
nachfolgenden Tabelle. Die Wertstufe ist der landesweiten
Einstufung der Landschaftsbildeinheiten des LANUV
in den Fachbeiträgen des Naturschutzes und der
Landschaftspfl ege zu entnehmen. Sind von einem Vorhaben
unterschiedliche Wertstufen betroffen, ist ein gemittelter
Betrag in Euro anzusetzen.
Tabelle „Wertstufen“ siehe Anhang.
Ein räumlicher Zusammenhang, im Sinne eines Windparks
besteht, wenn Windenergieanlagen nicht weiter als
das Zehnfache des Rotordurchmessers voneinander entfernt
stehen.
In Fällen, in denen ein Teilausgleich möglich ist und
durchgeführt wird, ermäßigt sich eine für die nicht ausgeglichenen
Beeinträchtigungen zu leistende Ersatzzahlung
entsprechend (vergleiche VGH Kassel, Urteil vom
12.02.1993 – 4 UE 2744/90). Der Rückbau von Windenergieanlagen,
im Sinne eines Repowering, in demselben
halb der Konzentrationszone muss jeder Bestandteil einer
Windenergieanlage zulässig sein. Wenn es innerhalb
einer Konzentrationszone kleinere Bereiche gibt, die als
Standort für den Turm nicht in Frage kommen, allerdings
als Fläche, die vom Rotor überstrichen werden
kann, ist dies vertretbar. Es wird empfohlen, hierauf in
der Begründung des Flächennutzungsplans einzugehen.
Wenn auf der Planungsebene des Flächennutzungsplans
kleinfl ächige Tabubereiche für den Standort des Turms
und das Fundament sowie für die Fläche, die vom Rotor
überstrichen wird, aus maßstabsbedingten Gründen
zeichnerisch nicht abbildbar sind, ist es vertretbar, dass
diese Flächen – insbesondere bei Insellagen – innerhalb
der Darstellung der Konzentrationszonen liegen. Es wird
empfohlen, hierauf in der Begründung des Flächennutzungsplanes
einzugehen. Der konkrete Standort der
Windenergieanlage wird im Rahmen des Genehmigungsverfahrens
geprüft und bestimmt.
8.2
Berücksichtigung von Spezialgesetzen und Behördenbeteiligung
8.2.1
Immissionsschutz
Belange des Immissionsschutzrechts kommen bei der
Planung von Vorranggebieten und Konzentrationszonen
sowie der Genehmigung von Windenergieanlagen zum
Tragen. Bei der Planung von Konzentrationszonen empfi
ehlt es sich, die Abstände zu sensiblen Nutzungen als
weiche Tabuzonen zu werten.
Als immissionsschutzrechtlich bedingte harte Tabuzonen
könnten allenfalls nur solche Flächen angesehen werden,
in denen der Betrieb auch von einzelnen Windenergieanlagen
in jedem Fall die Immissionsrichtwerte der TA
Lärm nicht einhalten oder gegen das bauplanungsrechtliche
Gebot der Rücksichtnahme verstoßen würde und
dies absehbar nicht in nachfolgenden Genehmigungsverfahren
überwunden werden könnte (vergleiche OVG
NRW, Urteil vom 01.07.2013 – 2 D 16/12.NE, OVG NRW,
Urteil vom 05.07.2017 – 7 D 105/14.NE). Da bei der Planung
von Konzentrationszonen noch keine Gewissheit
über den Anlagentyp, -höhe und die Anlagenanzahl besteht,
wird die Ermittlung von harten immissionsschutzrechtlichen
Abständen daher regelmäßig nicht möglich
sein. Es wird demzufolge empfohlen, bei der Planung von
Konzentrationszonen Abstände zu sensiblen Nutzungen
– auch in Hinblick auf den vorbeugenden Lärmschutz –
als weiche Tabuzonen zu berücksichtigen.
Bei der Festlegung der dem Vorsorgegrundsatz dienenden
weichen Tabuzonen kann auf allgemeine Erfahrungswerte
zurückgegriffen werden. So können zum Beispiel
in der Bauleitplanung zum Schutz der Anwohnerinnen
und Anwohner die Belange des Immissionsschutzes unter
Berücksichtigung der konkreten Lage von Wohngebieten,
Splittersiedlungen beziehungsweise einzelnstehender
Gehöfte einbezogen werden.
Bei der Festlegung von Abständen können zukünftige
Siedlungsfl ächen nur berücksichtigt werden, wenn diese
Planung sich schon manifestiert hat, zum Beispiel im
Rahmen der Regionalplanung.
Bei der Wahl des Abstands zu sensiblen Nutzungen ist
im Bauleitplanverfahren einerseits sicherzustellen, dass
die Planung vollzugsfähig ist und andererseits der Windenergie
substanziell Raum zur Verfügung gestellt wird.
Im Rahmen der Genehmigung von Anlagen ist die Einhaltung
der Immissionswerte der TA Lärm durch Gutachten
nachzuweisen. Die hierzu notwendigen Abstände
können unter anderem in Abhängigkeit von der jeweils
beantragen Anlagenart, der Anlagenanzahl und der
Schutzwürdigkeit der betroffenen Gebiete (Immissionsrichtwerte
nach TA Lärm) variieren. Abstände zwischen
Windenergieanlagen und sensiblen Nutzungen ergeben
sich aus der Einhaltung der Werte der TA Lärm. So ergibt
sich in einer beispielhaften Fallgestaltung ein Abstand
von 1.500 m für eine Windfarm bestehend aus 5
Windenergieanlagen der 4 Megawatt-Klasse zu einem
reinen Wohngebiet (Immissionsrichtwert nachts: 35
dB(A), schallreduzierte Betriebsweise nachts, Schallimmissionsprognose
auf Basis des Interimsverfahrens). Ein
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 283
ferzonen um diese Gebiete naturschutzfachlich nicht erforderlich.
Gebiete der Buchstaben a), b) und g)
Die entsprechende Tabuwertung ist einzelfallbezogen
durch die jeweils zuständige Naturschutzbehörde zu begründen
und im Planverfahren zu dokumentieren. Die
gesetzlich und untergesetzlich grundsätzlich vorgesehenen
Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten (insbesondere
§ 30 Absatz 3 und 4, § 34 Absatz 3 und § 67 Bundesnaturschutzgesetz)
wurden in Nordrhein-Westfalen noch
nicht für Windenergie-Projekte in den unter a), b) und g)
genannten naturschutzrechtlich bedeutsamen Gebieten
genutzt. Ihre Nutzung kommt für Planungsverfahren für
Windenergieanlagen in diesen Gebieten auch grundsätzlich
nicht in Betracht, da davon ausgegangen werden
muss, dass das öffentliche Interesse an einer Energieversorgung
aus erneuerbaren Energien innerhalb des
Schutzgebietsnetzes nicht überwiegt und dies auch keine
unzumutbare Belastung darstellt. Dies ist gleichfalls einzelfallbezogen
durch die jeweils zuständige Naturschutzbehörde
zu begründen und im Planverfahren zu
dokumentieren.
Bei einem Repowering in Natura 2000-Gebieten stellt
sich die Lage dagegen anders dar. Zum einen besteht
eine Vorbelastung durch die bestehenden Windenergieanlagen.
Zum anderen wird dabei in der Regel die Anlagen-
und mithin Rotorenzahl reduziert. Zudem wird regelmäßig
aufgrund der Anlagengröße eine Vielzahl von
Anlagenstandorten räumlich verlagert. Damit sinkt in
der Regel auch die Wahrscheinlichkeit von kollisionsbedingten
Individuenverlusten windenergieempfi ndlicher
Arten. Vor diesem Hintergrund ist eine Wertung der unter
g.) genannten Natura 2000-Gebiete als harte Tabuzone
(i. S. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 – 4 CN 2.11 – und
Urteil vom 11.04.2013 – 4 CN 2.12; OVG NRW, Urteil
vom 01.07.2013 – 2 D 46/12.NE) für Repowering-Anlagen
naturschutzfachlich nicht zu rechtfertigen. Den Planungsträgern
verbleibt durch die Wertung als weiche Tabuzone
für Repowering-Anlagen vielmehr Spielraum für
die Ausweisung entsprechender Repowering-Windenergieanlagen-
Konzentrationszonen (vergleiche § 249 Absatz
2 Baugesetzbuch).
Ein Repowering von innerhalb der Natura 2000-Gebiete
liegenden Altanlagen ist dann möglich, wenn die Einrichtung
und der Betrieb nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen
des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele
oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen
führen. Auf Nummer 4.9. wird verwiesen. Für die Zulässigkeit
der Errichtung der Repowering-Anlagen ist die
Sicherstellung des Rückbaus der Altanlagen nachzuweisen.
Die unterschiedliche Tabuzonen-Wertung bei Neuanlagen
und Repowering-Anlagen in Natura 2000-Gebieten
beruht auf folgenden naturschutzfachlichen Erwägungen:
Nordrhein-Westfalen verfügt mit über hundert
Windenergieanlagen in Natura 2000-Gebieten und einer
noch größeren Anzahl von unmittelbar an diese Gebiete
angrenzenden Anlagen bereits über eine relativ hohe Inanspruchnahme
dieser Gebiete durch Windenergieanlagen.
Die Auswahl und die Abgrenzung der Natura
2000-Gebiete erfolgte nach vergleichbaren, strengen und
restriktiven Kriterien (Brocksieper & Woike, LÖBF-Mitteilungen
2/99). So wurden bei den FFH-Gebieten nur
solche mit einem Mindestanteil von FFH-Lebensraumtypen
in zusammenhängender Ausprägung abgegrenzt.
Ebenso wurden bei den Vogelschutzgebieten nur diejenigen
Gebiete ausgewiesen, die eines der fünf wichtigsten
Gebiete für die jeweilige Art in NRW darstellen. Dies
korreliert mit der sehr hohen Abdeckung der Vogelschutzgebiete
(VSG) mit den Schwerpunktvorkommen
windenergieempfi ndlicher und gleichzeitig Wert gebender
Vogelarten (siehe Anhang 1 und 3 des Leitfadens
„Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung
und Genehmigung von Windenergieanlagen in
Nordrhein-Westfalen“). Angesichts dieser aufgezeigten
restriktiven Gebietsausweisung ist damit bei einem Hinzutreten
weiterer Windenergieanlagen in jenen Gebieten
eine Planungssituation gegeben, in der bei Inanspruchnahme
einer neuen Windenergieanlagen-Konzentrationszone
für Neuanlagen mit der Verwirklichung von artenschutzrechtlichen
Verbotstatbeständen und mithin einer
Landschaftsraum stellt eine erhebliche Entlastung des
Naturhaushalts und des Landschaftsbildes dar, der als
Teilkompensation für die neuen Windenergieanlagen anzurechnen
ist (VG Schleswig, Urteil vom 18.08.2009 – 1
A 5/08). Die Entlastung des Naturhaushalts und des
Landschaftsbildes durch den Abbau der alten Windenergieanlagen
kann aber nicht nach anderen Maßstäben bewertet
werden, als der neu erfolgende Eingriff. Zur Berechnung
der Höhe des Ersatzgeldes ist dazu der für die
rückzubauende Windenergieanlage fi ktiv erforderliche
Kompensationsumfang nach demselben Verfahren zu berechnen
und von der für die Neuanlagen berechneten
Kompensation zu subtrahieren.
Gegebenenfalls erforderliche und umzusetzende Kompensationsmaßnahmen
für den Eingriff in den Naturhaushalt
(§ 15 Bundesnaturschutzgesetz), Kohärenzsicherungsmaßnahmen
nach § 34 Bundesnaturschutzgesetz
sowie artenschutzrechtliche Kompensations- und
Ausgleichsmaßnahmen (§ 44 Bundesnaturschutzgesetz)
können in den Fällen auf das ermittelte Ersatzgeld angerechnet
werden, in denen die Regelvermutung zur fehlenden
Ausgleichbarkeit des Eingriffs ausnahmsweise
nicht greift und sie zugleich zur nachhaltigen Gliederung
und Anreicherung des Landschaftsbildes beitragen.
Gemäß § 15 Absatz 6 Satz 7 Bundesnaturschutzgesetz ist
das Ersatzgeld zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes
und der Landschaftspfl ege zu verwenden.
Die Maßnahmen sollen möglichst in räumlicher Nähe
zum Ort des Eingriffs umgesetzt werden.
8.2.2.2
Naturschutzrechtlich bedeutsame Gebiete (ohne Landschaftsschutzgebiete)
Wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit kommen
die nachfolgend aufgeführten Bereiche regelmäßig als
sogenannte harte Tabuzonen (i. S. BVerwG, Urteil vom
11.04.2013 – 4 CN 2.12; OVG NRW, Urteil vom 01.07.2013
– 2 D 46/12.NE) nicht als Standorte für Windenergieanlagen
in Betracht:
a) Nationalparke, nationale Naturmonumente,
b) festgesetzte, ausgewiesene oder einstweilig sichergestellte
Naturschutzgebiete,
c) Naturdenkmale,
d) geschützte Landschaftsbestandteile gemäß § 29 Bundesnaturschutzgesetz,
e) gesetzlich geschützte Landschaftsbestandteile gemäß
§ 39 Landesnaturschutzgesetz NRW,
f) gesetzlich geschützte Biotope gemäß § 30 Bundesnaturschutzgesetz
sowie § 42 Landesnaturschutzgesetz
NRW,
g) Natura 2000-Gebiete (= FFH-Gebiete und europäische
Vogelschutzgebiete), einschließlich von Funktionsräumen,
um eine Verriegelung des Gebietes und
eine Barrierewirkung bei Flugbewegungen zu vermeiden
(OVG NRW, Urteil vom 3.8.2010, 8 A 4062/04).
Bezüglich der genannten Gebiete ergibt sich die Wertung
als harte Tabuzone für Anlagenstandorte bereits aus den
allgemeinen gesetzlichen Zerstörungs-, Beschädigungs-,
Beeinträchtigungs-, Veränderungs- oder Verschlechterungsverboten.
Gebiete und Objekte der Buchstaben c) – f)
Im Einzelfall ist es jedoch möglich, dass es sich bei den
Gebieten unter c) bis f) um kleinfl ächige Gebiete handelt,
deren Schutz zwar eine direkte Flächeninanspruchnahme
durch Fundamente, Zuwegungen oder Kranstellfl
ächen ausschließt, – einer Genehmigung stünde aber
nicht entgegen, wenn sich nur der Rotor über ihnen
dreht (zum Beispiel eine als geschützter Landschaftsbestandteil
geschützte Hecke). Ein Ausschluss dieser kleinfl
ächigen Gebiete ist daher nicht erforderlich, soweit auf
Genehmigungsebene sichergestellt werden kann, dass die
außerhalb gelegenen Fundament-, Zuwegungs- und
Kranfl ächenstandorte keinen nachteiligen Einfl uss auf
die jeweiligen Gebiete haben und andere Belange wie
beispielsweise der Artenschutz (vergleiche 8.2.2.3) nicht
entgegenstehen. Unter diesen Umständen sind auch Puf284
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen
das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Eine rechtliche Verpfl ichtung zur Durchführung einer
ASP besteht für den Regionalplan nicht, sondern erst für
die nachgelagerten Planungs- und Zulassungsverfahren
(vergleiche VV-Artenschutz, Nummer 2.7.2). Bei der Ausweisung
von Windenergie-Vorrangzonen auf Ebene der
Regionalplanung ist es allerdings sinnvoll, die Artenschutzbelange
im Sinne einer überschlägigen Vorabschätzung
zu berücksichtigen, soweit sie auf dieser
Ebene bereits ersichtlich sind. Auf diese Weise lassen
sich regionalplanerische Festlegungen vermeiden, die in
nachgeordneten Verfahren aus Artenschutzgründen nicht
umgesetzt werden können.
Bei der Änderung oder Aufstellung eines Flächennutzungsplans
für Konzentrationszonen für Windenergieanlagen
wird empfohlen eine ASP durchzuführen (vergleiche
gemeinsame Handlungsempfehlung „Artenschutz in
der Bauleitplanung und bei der baurechtlichen Zulassung
von Vorhaben“ vom 22.12.2010, Nummer 3.1). Anderenfalls
könnte der Flächennutzungsplan aufgrund eines
rechtlichen Hindernisses nicht vollzugsfähig sein
(vergleiche BVerwG, Urteil vom 27.06.2013, – 4 C 1.12).
Auch liefe die Planung Gefahr, dass der Windenergienutzung
nicht substanziell Raum gegeben würde, wenn die
Konzentrationszone mit dem Risiko der Realisierung artenschutzrechtlicher
Verbotstatbestände behaftet wäre
(OVG NRW, Urteil vom 22.09.2015, 10 D 82/13.NE). Flächen,
die nach dem Ergebnis der ASP wegen zu erwartender
Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände
unter Einbeziehung von Vermeidungsmaßnahmen
inklusive vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen
sowie des Risikomanagements nicht zur Verfügung
stehen, sind daher in der Regel vom Plangeber als harte
Tabuzonen einzuordnen.
Artenschutzrechtlich begründete Abstände zu Fortpfl anzungs-
und Ruhestätten sind gegebenenfalls vom Plangeber
als weiche Tabuzonen einzuordnen, wenn sie der Vorsorge
dienen sollen.
Wird die ASP erst nach der Anwendung von pauschalen
harten und weichen Tabukriterien auf der Ebene der
Einzelfallprüfung für die verbleibenden Potenzialfl ächen
durchgeführt, sind die Potenzialfl ächen, bei denen auch
unter Berücksichtigung von Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen
die Verletzung eines artenschutzrechtlichen
Verbotstatbestands feststeht und keine Ausnahme
möglich ist, zwingend auszuschließen, da ihrer
Nutzung durch die Windenergie ein unüberwindbares
Hindernis entgegensteht.
b) Genehmigungsverfahren
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windenergieanlagen
kann entsprechend dem Erlass des
MKULNV „Artenschutz im immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahren“ nur erteilt werden, wenn anlagenbezogene
artenschutzrechtliche Vorschriften der Errichtung
und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
Die Genehmigung kann Nebenbestimmungen enthalten,
die die Einhaltung der artenschutzrechtlichen
Vorschriften sicherstellen.
Hinsichtlich der weiteren konkreten Anforderungen und
Pfl ichten bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen
wird auf die gemeinsame Handlungsempfehlung
„Artenschutz in der Bauleitplanung und bei
der baurechtlichen Zulassung von Vorhaben“ des Ministeriums
für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr
NRW und des MKULNV NRW vom 22.12.2010 und
auf den Erlass „Artenschutz im immissionsschutzrechtlichen
Genehmigungsverfahren“ des MKULNV NRW vom
17.01.2011 in Verbindung mit der Verwaltungsvorschriften-
Artenschutz des MKULNV NRW vom 06.06.2016
(Az. III-4-616.06.01.17) sowie den Leitfaden „Umsetzung
des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung
von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen“
des MULNV NRW in der jeweils gültigen Fassung
verwiesen.
erheblichen Beeinträchtigung von Schutzzweck und Erhaltungszielen
zu rechnen ist. Für diese Wertung spricht
auch die Rechtsprechung zu Windenergieanlagen-Planungen
im Bereich der VSG Hellwegbörde und VSG Unterer
Niederrhein (OVG NRW, Urteil vom 11.09.2007 – 8
A 2696/06; OVG NRW, Urteil vom 30.07.2009 – 8 A
2358/08; OVG NRW, Urteil vom 27.07.2010 – 8 A 4062/04).
Insofern besteht in Nordrhein-Westfalen eine andere
Ausweisungspraxis und Planungssituation als in anderen
Bundesländern (vergleiche zum Beispiel Rheinland-
Pfalz, OVG Koblenz, Urteil vom 16.05.3013 – 1 C
11003/12). Damit besteht ein tatsächliches Hindernis auf
Zulassungsebene und in der Folge ein rechtliches Hindernis
für die Ausweisung von Konzentrationszonen für
Windenergie-Neuanlagen in Natura 2000-Gebieten.
Abstände zwischen den oben genannten naturschutzrechtlich
bedeutsamen Gebieten der Buchstaben a), b)
und g) und dem nächstgelegenen Punkt der Rotorfl ächen
(Rotorblattspitze) der Windenergieanlage als Pufferzone
sind in Abhängigkeit vom Schutzzweck und den Erhaltungszielen
des Gebietes einzelfallbezogen festzulegen.
Pufferzonen sind als harte Tabuzonen zu werten, wenn
sie für den Schutzzweck und die jeweiligen Erhaltungsziele
eines Gebietes zwingend erforderlich sind. Sofern
die Pufferzone nicht zwingend für den Schutzzweck und
die jeweiligen Erhaltungsziele eines Gebiets erforderlich
ist, sondern Vorsorgecharakter haben, kann der Plangeber
sie als weiche Tabuzone werten.
Sofern ein Gebiet der Buchstaben a), b) und g) dem
Schutz von windenergieempfi ndlichen Fledermausarten
oder windenergieempfi ndlichen europäischen Vogelarten
dient, sowie bei Europäischen Vogelschutzgebieten ist
aus Vorsorgegründen in der Regel eine Pufferzone von
300 m naturschutzfachlich begründet. Die Annahme einer
solchen Pufferzone aus Vorsorgegründen durch den
Plangeber führt zu ihrer Wertung als sogenannte weiche
Tabuzone. Im Einzelfall kann in Abhängigkeit vom
Schutzzweck und den Erhaltungszielen des Gebiets ein
niedriger oder höherer Abstandswert festgesetzt werden,
die wegen ihres grundsätzlichen Vorsorgecharakters
gleichfalls als weiche Tabuzone gewertet werden können.
Im Regelfall wie im Abweichungsfall ist im Planverfahren
darzulegen, dass sich der Abstand aus der besonderen
Schutzbedürftigkeit der für das betreffende Gebiet
maßgeblichen Arten ergibt.
Hinsichtlich der weiteren konkreten Anforderungen und
Pfl ichten bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen
im Bereich von FFH- und Vogelschutzgebieten
wird auf die Verwaltungsvorschrift zur Anwendung
der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der
Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (VRL)
zum Habitatschutz (VV-Habitatschutz) vom Ministerium
für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Naturund
Verbraucherschutz (MKULNV) NRW v. 06.06.2016,
(Az. III 4 – 616.06.01.18) – sowie den Leitfaden „Umsetzung
des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung
und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-
Westfalen“ des MULNV NRW (Az. III 4 –
616.19.02.05) in der jeweils gültigen Fassung verwiesen
(im LANUV-Fachinformationssystem (FIS) „Geschützte
Arten in NRW“ abrufbar unter dem Menüpunkt „Downloads“,
http://www.naturschutzinformationen-nrw.de/artenschutz/
de/downloads).
8.2.2.3
Artenschutz
Die Tötungs- und Störungsverbote besonders beziehungsweise
streng geschützter Tierarten sowie die Beschädigungs-
und Zerstörungsverbote ihrer Lebensstätten
und von Pfl anzen und ihrer Standorte sowie mögliche
Ausnahmen ergeben sich aus §§ 44 ff
Bundesnaturschutzgesetz. Nach § 67 Bundesnaturschutzgesetz
kann ferner unter bestimmten Voraussetzungen
eine Befreiung erfolgen. Zentrales Instrument
zur Abarbeitung des Belangs Artenschutz ist die Artenschutzprüfung
(ASP). Die Notwendigkeit zur Durchführung
einer ASP im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsverfahren
ergibt sich aus den unmittelbar geltenden
Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes.
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 285
Eine Waldumwandlungsgenehmigung kann in aller Regel
nicht erteilt werden bei
aa) standortgerechten, strukturreichen Laubwäldern
hoher Biotopwertigkeit,
bb) Naturwaldzellen,
cc) Prozessschutzfl ächen,
dd) Saatgutbeständen,
ee) langfristig angelegten forstwissenschaftlichen Versuchsfl
ächen,
ff) historisch bedeutenden Waldfl ächen.
Sind der Forstbehörde artenschutzrechtliche Bedenken
gegen den Standort der Windenergieanlage bekannt, gibt
sie in ihrer Stellungnahme einen ergänzenden Hinweis.
In Bezug auf die Beurteilung der Erholungsfunktionen
des Waldes sind insbesondere die Kriterien der Waldfunktionenkartierung
zu beachten.
Eine Waldumwandlungsgenehmigung kann in aller Regel
erteilt werden
aa) in strukturarmen Nadelwaldbeständen sowie
bb) auf Waldfl ächen, die jeweils aktuell aufgrund von
abiotischen oder biotischen Faktoren wie Sturm,
Eiswurf oder Eisbruch, Insektenfraß ohne Bestockung
sind.
Die forstbehördliche Genehmigung nach § 9 Absatz 1
Bundeswaldgesetz in Verbindung mit § 39 Landesforstgesetz
(Waldumwandlungsgenehmigung) ist gemäß § 13
Bundes-Immissionsschutzgesetz insoweit konzentriert,
als die Umwandlung von Wald deshalb erforderlich ist,
weil auf dem Grundstück, auf dem die Anlage errichtet
oder betrieben werden soll, Wald stockt (OVG Lüneburg,
Beschluss vom 29.8.2013, – 4 ME 76/13, Juris, Rn. 21) und
die Waldfl äche daher in eine andere Nutzungsart überführt
wird (siehe dazu weitergehende Ausführungen unter
Nummer 5.1.1). Konzentriert die immissionsschutzrechtliche
Genehmigung die Waldumwandlungsgenehmigung,
wird durch Nebenbestimmungen sichergestellt,
dass der Verlust der Waldfunktionen im Regelfall durch
die im Forstrecht vorgesehenen Ersatzaufforstungen ausgeglichen
wird.
Soweit Anlagen im Wald oder bis zu 35 m vom Waldrand
verwirklicht werden sollen, hat sich die Betreiberin oder
der Betreiber der Windenergieanlage zu verpfl ichten, im
Falle von Schäden an der Anlage durch umfallende
Bäume auf einen Ersatzanspruch zu verzichten. Darüber
hinaus soll sie oder er die Waldbesitzerin oder den Waldbesitzer
von Verkehrssicherungspfl ichten freistellen, die
sich aus der Errichtung oder dem Betrieb im Wald ergeben.
8.2.2.5
Landschaftsschutzgebiete (LSG)
Mit 45,2 Prozent der Landesfl äche decken Landschaftsschutzgebiete
einen Großteil der Fläche des Landes
Nordrhein-Westfalen ab. Die Großfl ächigkeit dieser Ausweisungen
ist unter anderem vor dem Hintergrund der
Abwehr der Siedlungsentwicklung in den baulichen Außenbereich
und der Zersiedelung der Landschaft zu verstehen.
In manchen Gemeinden umfassen Landschaftsschutzgebiete
daher fast den gesamten bauplanungsrechtlichen
Außenbereich, in dem der Gesetzgeber die
Errichtung von Windenergieanlagen privilegiert hat.
Deshalb kommt der Vereinbarkeit der Errichtung von
Windenergieanlagen mit Landschaftsschutzgebietsausweisungen
beziehungsweise -festsetzungen für den Ausbau
der Windenergie in Nordrhein-Westfalen besondere
Bedeutung zu.
a) Planungsverfahren
Üblicherweise besteht in Landschaftsschutzgebieten ein
Bauverbot. Dieses hat seine Grundlage in § 26 Abs. 2
Bundesnaturschutzgesetz und ergibt sich aus der jeweiligen
Landschaftsschutzgebietsverordnung beziehungsweise
dem Landschaftsplan. Es dient dazu, den besonderen
Charakter des jeweiligen Gebietes zu erhalten.
8.2.2.4
Wald
Der Grundsatz der Walderhaltung wird nicht nur durch
die Spezialgesetze des Forstrechts, sondern auch durch
das Raumordnungs- und Baurecht gewährleistet. Hierzu
wird insbesondere auf § 2 Absatz 2 Nummern 2, 5 und 6
Raumordnungsgesetz sowie auf § 1a Absatz 2 Baugesetzbuch
verwiesen. In der Anwendung des forstlichen Fachrechts
sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden:
a) Planungsverfahren
Hier wird auf die Ausführungen unter 3.2.4.2 und 4.3.3
verwiesen, die entsprechend gelten. Bezüglich der Beurteilung,
ob eine Waldumwandlungsgenehmigung in Aussicht
gestellt werden kann, ist die Forstbehörde frühzeitig
in die Planungsverfahren einzubeziehen. Dabei prüft
sie im Bauleitplanverfahren, ob die Umwandlung des
Waldes in eine andere Nutzungsart grundsätzlich genehmigungsfähig
ist (Kriterien siehe 8.2.2.4 b)). Andernfalls
ist der Wald als harte Tabuzone zu betrachten.
Grundlage für die Beurteilung in diesem Verfahrensstadium
sind Daten des Amtlichen Topographischen – Kartographischen
Informationssystems (ATKIS). ATKIS bildet
aufgrund der gewählten Maßstäblichkeit Wald erst
ab einer Größe von 1 ha und innerhalb von Waldgebieten
liegende Laubwald- oder Mischwaldfl ächen größer 4 ha
als gesondert dargestellte Bereiche ab.
Die Forstbehörde ermittelt daher erst ab einer Größe von
1 ha, ob innerhalb einer geplanten Konzentrationszone
wertvolle Waldbereiche liegen, für die keine Waldumwandlung
in Aussicht gestellt werden kann. Innerhalb
von zusammenhängenden Waldgebieten liegende Laubwaldfl
ächen zwischen 1 ha und 4 ha beurteilt die Forstbehörde
zusätzlich aufgrund vorliegender aktueller
Luftbilder oder durch Daten der Forsteinrichtung. Laubwaldfl
ächen über 4 ha können aufgrund der ATKIS-Daten
sowie vorliegender Luftbilder beurteilt werden.
Eine waldbestandsbezogene Einzelfallprüfung wird in
der Planungsphase grundsätzlich nicht durchgeführt,
dies ist ein Prüfschritt im nachfolgenden Genehmigungsverfahren.
Die forstbehördliche Stellungnahme bezieht sich auf die
Waldfl ächen, die durch direkte Flächeninanspruchnahme
für Fundamente des Maststandorts, die Kranstellfl ächen
und die Zuwegungen umgewandelt werden.
Überstreicht lediglich der Rotor Waldfl ächen, bewirkt
dies keine Nutzungsänderung und bedarf daher keiner
Waldumwandlungsgenehmigung.
Gemäß § 43 Absatz 1 lit. a) Landesforstgesetz bedarf es
keiner forstbehördlichen Umwandlungsgenehmigung bei
Waldfl ächen, für die in einem Bebauungsplan nach § 30
Baugesetzbuch eine anderweitige Nutzung vorgesehen
ist. Der Gesetzgeber ist bei dieser Regelung davon ausgegangen,
dass die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans
die Belange des Waldes und der Forstwirtschaft
unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 1a
Absatz 2 Baugesetzbuch gerecht abwägt auf Grundlage
der Stellungnahme der Forstbehörde als Träger öffentlicher
Belange.
b) Genehmigungsverfahren
Die Errichtung einer Windenergieanlage auf Waldfl ächen
erfordert neben dem Vorliegen der übrigen Zulassungsvoraussetzungen
eine forstbehördliche Genehmigung
nach § 9 Absatz 1 Bundeswaldgesetz in Verbindung mit
§ 39 Landesforstgesetz, es sei denn, die anderweitige
Nutzung der Waldfl äche ist bereits in einem Bebauungsplan
nach § 30 Baugesetzbuch vorgesehen.
Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens
nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz
holt die Genehmigungsbehörde gemäß § 10 Absatz 5
Bundes-Immissionsschutzgesetz die Stellungnahme der
Forstbehörde ein. Die Forstbehörde gibt eine Stellungnahme
ab und legt dar, ob eine Waldumwandlungsgenehmigung
erteilt werden kann.
Dabei berücksichtigt die Forstbehörde unter Beachtung
von Ziel 7.3-1 LEP und des Abwägungserfordernisses des
§ 39 Landesforstgesetz NRW folgende waldfachliche
Kriterien:
286 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
Eine Ausnahme-/Befreiungslage kann auch dann bestehen,
wenn dem Flächennutzungsplan vom Träger der
Landschaftsplanung im Planungsverfahren widersprochen
wurde. Der Widerspruch im Rahmen des § 20
Abs. 4 S. 4 Landesnaturschutzgesetz NRW kommt nicht
nur bei grundlegenden naturschutzfachlichen Bedenken
an einer Konzentrationszonenplanung in Betracht, bei
denen in der Folge erst recht auch das Bestehen einer
„Ausnahme-/Befreiungslage“ verneint werden muss. Ein
Widerspruch kommt auch dann in Betracht, wenn der
Träger der Landschaftsplanung zwar keine grundlegenden
Bedenken an einer Nutzung des Schutzgebietes
durch Windenergieanlagen hat, aber gewährleisten
möchte, dass deren Zulassung im Einzelfall per Genehmigungsverfahren
kontrolliert wird, etwa weil nicht jeder
Anlagentyp unproblematisch ist.
Schutzgebietsverordnung
Gilt das Bauverbot in der durch die höhere Naturschutzbehörde
nach § 43 Landesnaturschutzgesetz NRW erlassenen
Landschaftsschutzverordnung wegen Widerspruchs
der höheren Naturschutzbehörde nach § 7 Baugesetzbuch
im Planungsverfahren fort, steht dieses
Verbot der Darstellung von Konzentrationszonen dann
nicht entgegen, wenn die Erteilung einer in der Schutzgebietsverordnung
verankerten Ausnahme oder einer naturschutzrechtlichen
Befreiung nach § 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz
von den Ge- und Verboten in Aussicht
gestellt werden kann („Ausnahme-/Befreiungslage“). Insoweit
gilt sinngemäß das oben unter „cc) Landschaftsplan“
Ausgeführte.
Für den Vollzug der Schutzgebietsverordnung im Rahmen
späterer immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren
– also auch für die (vorbereitende) Entscheidung
über Ausnahmen und Befreiungen – ist jedoch
gem. § 2 Abs. 4 Landesnaturschutzgesetz NRW die untere
Naturschutzbehörde zuständig. Angesichts der Stellung
der Bezirksregierung (höhere Naturschutzbehörde)
als zu beteiligender Planungsträgerin im Verfahren nach
§ 7 Baugesetzbuch ist es insofern zielführend, wenn die
untere und die höhere Naturschutzbehörde sich darüber
abstimmen, ob eine Ausnahme oder eine naturschutzrechtliche
Befreiung nach § 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz
von den Ge- und Verboten in Aussicht gestellt
werden kann.
b) Genehmigungsverfahren
Hat eine Gemeinde Konzentrationszonen ausgewiesen
und wurde im Planungsverfahren eine Ausnahme-/Befreiungslage
bejaht, s.o. unter a) cc) – oder hat die Gemeinde
keine Konzentrationszonen für die Windenergie
ausgewiesen, ist über die Vereinbarkeit von Landschaftsschutz
und Windenergienutzung im Genehmigungsverfahren
zu entscheiden.
Die Errichtung von Windenergieanlagen in Landschaftsschutzgebieten
ist möglich, wenn die Befreiungsvoraussetzungen
des § 67 Bundesnaturschutzgesetz gegeben
sind.
In der Fallgruppe des § 67 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz
ist dazu unter anderem eine Abwägung des
öffentlichen Interesses an den betroffenen Belangen von
Naturschutz und Landschaftspfl ege und Artenschutz mit
dem öffentlichen Interesse an der Nutzung von Windenergieanlagen
vorzunehmen. Ob dieses öffentliche Interesse
überwiegt, hängt von der Schutzwürdigkeit der
Landschaft am konkreten Standort, insbesondere dem
Grad der Beeinträchtigung durch die Windenergieanlagen
ab (VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 13.10.2005,
Az. 3 S 2521/04; OVG Münster, B. v. 27.10.2017 – 8 A
2351/14).
Über den allgemeinen Landschaftsschutz hinaus lässt
sich insbesondere für die folgenden Bereiche ein überwiegendes
Interesse des Naturschutzes und der Landschaftspfl
ege begründen:
aa) Teilbereiche von Landschaftsschutzgebieten, die
überlagernd als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen
sind (soweit nicht Repowering-Anlagen, vergleiche
8.2.2.2);
bb) Teilbereiche von Landschaftsschutzgebieten, denen
in der Landschaftsschutzverordnung oder dem
Landschaftsplan explizit eine Funktion als Pufferaa)
Konfl iktlage
Ausnahme in Landschaftsplan/Schutzgebietsverordnung
und naturschutzrechtliche Befreiung nach § 67 Bundesnaturschutzgesetz
können formal stets erst für das konkrete
Vorhaben im Rahmen des Genehmigungsverfahrens
erteilt werden, also nicht bereits für den Flächennutzungsplan.
Hat der Satzungs- beziehungsweise Verordnungsgeber
keine generelle Freistellung vom Bauverbot
(Legalausnahme) für die Errichtung von Windenergieanlagen
vorgesehen oder keine Zonierung gemäß § 22 Absatz
1 Satz 3 Bundesnaturschutzgesetz vorgenommen,
steht das Bauverbot der Errichtung von Windenergieanlagen
und der Ausweisung von Konzentrationszonen zunächst
entgegen. Eine positive Standortzuweisung nach
§ 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch setzt voraus, dass
sich die Planung als vollzugsfähig erweist und dass ihr
auf unabsehbare Zeit keine unüberwindbaren rechtlichen
oder tatsächlichen Hindernisse im Wege stehen
(BVerwG, Urteil vom 17.12.2002 – 4 C 15/01).
bb) Generelle Konfl iktlösung auf Planungsebene
Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen:
Im Fall einer Festsetzung durch Landschaftsplan wird
der Träger der Landschaftsplanung im Verfahren zur
Aufstellung des Flächennutzungsplans beteiligt. Wenn er
dem Entwurf des Flächennutzungsplans nicht widerspricht,
tritt das Bauverbot des Landschaftsplans mit Inkrafttreten
des Flächennutzungsplans mit der Rechtswirkung
des § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch außer
Kraft, vergleiche § 20 Abs. 4 Satz 4 Landesnaturschutzgesetz
NRW. Einer vorherigen Anpassung des Landschaftsplans
bedarf es nicht. Aus Gründen der Rechtsklarheit
wird empfohlen, die über § 20 Abs. 4 Satz 4
Landesnaturschutzgesetz NRW erfolgten Änderungen im
Landschaftsplan deklaratorisch darzustellen. Widerspricht
der Träger der Landschaftsplanung dem Flächennutzungsplan-
Entwurf, gilt das Bauverbot fort. Zur
Möglichkeit, dem Flächennutzungsplan zu widersprechen
und eine Ausnahme oder Befreiung in Aussicht zu
stellen, wird auf cc) verwiesen.
Im Fall einer Ausweisung durch Schutzgebietsverordnung
gilt Folgendes: Gem. § 43 Landesnaturschutzgesetz
NRW kann die höhere Naturschutzbehörde durch ordnungsbehördliche
Verordnung Landschaftsschutzgebiete
ausweisen. Insofern ist auch die höhere Naturschutzbehörde
als öffentlicher Planungsträger i.S.d. § 7 Baugesetzbuch
anzusehen. Widerspricht sie dem Flächennutzungsplan
nicht, muss sie das kollidierende Bauverbot
an die Konzentrationszonenplanung anpassen, § 7 S. 1
Baugesetzbuch. Der Flächennutzungsplan kann erst
nach dieser Anpassung genehmigt werden, eine bloße
„Inaussichtstellung“ der Änderung der Verordnung
reicht hier nicht aus: Zwar eröffnet § 43 Abs. 1 S. 7 Landesnaturschutzgesetz
NRW die Möglichkeit der Genehmigung
eines Flächennutzungsplans bei „Inaussichtstellen
der Aufhebung der widersprechenden Ge- und Verbote
der Schutzgebietsverordnung vor Inkrafttreten des
entsprechenden Bebauungsplans“. Diese Bestimmung ist
allerdings im Fall einer Konzentrationszonenplanung regelmäßig
nicht einschlägig, weil typischerweise im Bereich
der Konzentrationszone kein Bebauungsplan aufgestellt
wird. Widerspricht die höhere Naturschutzbehörde
dem Flächennutzungsplan nach § 7
Baugesetzbuch, gilt das kollidierende Bauverbot in der
Schutzgebietsverordnung fort und braucht nicht an den
Flächennutzungsplan angepasst zu werden. Zur Möglichkeit,
dem Flächennutzungsplan zu widersprechen
und eine Ausnahme oder Befreiung in Aussicht zu stellen,
wird auf cc) verwiesen.
cc) Bestehen einer Ausnahme- oder Befreiungslage
Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen:
Landschaftsplan
Gilt das Bauverbot im Lanschaftsplan fort, steht es der
Darstellung von Konzentrationszonen dann nicht entgegen,
wenn die Erteilung einer Ausnahme im Lanschaftsplan
oder einer naturschutzrechtlichen Befreiung nach
§ 67 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz von den Ge- und
Verboten von der zuständigen unteren Naturschutzbehörde
in Aussicht gestellt werden kann („Ausnahme-/
Befreiungslage“).
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 287
dies vorsieht oder öffentliche Belange nicht entgegenstehen.
8.2.3.2
Wasserschutzgebiete und Heilquellenschutzgebiete
Bei den folgenden Vorgaben für Windenergieanlagen
kommt es bei der Windenergieanlage auf das Fundament
und die Gondel an und nicht auf die Rotorblätter. Die
Vorgaben für Wasserschutzgebiete (WSG) sind in den
§§ 51, 52 Wasserhaushaltsgesetz, den §§ 35 LWG in Verbindung
mit der jeweiligen Wasserschutzgebietsverordnung
oder Anordnung nach § 52 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz
enthalten. Sie gelten für festgesetzte und für
vorläufi g gesicherte Wasserschutzgebiete. Bei sich in der
Festsetzung befi ndlichen Wasserschutzgebietsverfahren,
die nicht vorläufi g gesichert sind, bei denen aber die
Wasserversorgung bereits besteht oder absehbar ist, sind
diese Vorgaben zwar nicht nach den oben genannten gesetzlichen
Regelungen unmittelbar zu beachten. Die diesen
Vorschriften zugrundeliegenden wasserwirtschaftlichen
Überlegungen zum Schutz der Wasserversorgung
gelten aber unabhängig davon und sind von der Wasserbehörde
in das Planungsverfahren einzubringen und von
der Planungsbehörde in ihre Erwägungen einzustellen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Einzelfällen die
Ausweisung des Schutzgebiets nicht mehr möglich sein
dürfte (siehe zum Beispiel VG Düsseldorf, Urteil vom
29.7.2004, – 4 K 2972/01). Die zuständige Wasserbehörde
hat in diesen Fällen zu prüfen, ob sie nach § 52 Absatz 2
Wasserhaushaltsgesetz vorgeht und vorläufi ge Anordnungen
zum Schutz der Wasserversorgung trifft. Bei
Wasserversorgungsanlagen, für die keine Schutzgebiete
ausgewiesen sind (zum Beispiel Kleinanlagen zur Eigenversorgung)
ist zu prüfen, ob ein ausreichend großer Abstand
einzuhalten ist, um Quantität und Qualität der
Wassergewinnung nicht negativ zu beeinfl ussen.
Wasserschutzgebiete werden, unabhängig ob es sich um
eine Trinkwasserversorgung aus Grundwasser oder
Oberfl ächengewässern handelt, auf dieser Grundlage in
der sie begründenden Verordnung in der Regel in drei
Wasserschutzzonen (WSZ) eingeteilt:
Die WSZ I ist die Zone unmittelbar um die Fassungsanlage.
Sie hat den Schutz der Wassergewinnungsanlage
und ihrer unmittelbaren Umgebung vor jeglichen Verunreinigungen
und Beeinträchtigungen zu gewährleisten.
Daher sind jegliche Baumaßnahmen abgesehen von den
Anlagen zur Wasserfassung und -gewinnung sowie das
Betreten (außer im Zusammenhang mit dem Betrieb der
Wassergewinnung) verboten.
Die WSZ II hat den Schutz vor Verunreinigungen durch
den Eintrag von pathogenen Keimen und abbaubaren
Stoffen (sowie erst recht von persistenten Stoffen) sicherzustellen.
Dementsprechend wird sie bemessen und
durch Verbote und Maßnahmen geschützt. Bei den Verboten
ist maßgeblich, dass der Fließweg innerhalb dieser
Zone bis zum Erreichen des Brunnens für einen Rückhalt/
Abbau der Kontamination durch diese Stoffe nicht
ausreichend ist und daher jede Besorgnis, dass diese
Stoffe eingetragen werden, ausgeschlossen werden muss.
Dementsprechend stellt nach den Richtlinien des Deutschen
Vereines des Fas- und Wasserfaches e.V. (Arbeitsblätter
W101, W102) bereits die Errichtung gewerblicher
Anlagen allgemeiner Art in WSZ II in der Regel ein hohes
und in der Regel nicht tolerierbares Gefährdungspotenzial
für das Trinkwasser dar und wird daher in WSZ
II vieler Schutzgebietsverordnungen allgemein verboten.
Die WSZ III bietet Schutz vor schwer abbaubaren Verunreinigungen
im großräumigen Umfeld der Wassergewinnungsanlage
und soll in etwa das unterirdische Einzugsgebiet
der Gewinnungsanlage erfassen. Zu baulichen
Anlagen regeln die Verordnungen in der Regel in der
WSZ III Genehmigungspfl ichten. In der Genehmigung
sind mögliche Gefährdungen der Wassergewinnung während
Errichtung, Betrieb oder Rückbau einer WEA durch
geeignete Nebenbestimmungen zu minimieren.
Bei Windenergieanlagen stellt vor allem das Fundament
einen dauerhaften Eingriff in die Schutzfunktion der
Deckschichten dar (Bodenverdichtung, präferentielle
Fließwege, Versiegelung). Die Grundwasserneubildung,
das heißt die Menge und Qualität des Sickerwassers und
zone zu Naturschutzgebieten oder Natura 2000-Gebieten
zugewiesen ist;
cc) Teilbereiche von Landschaftsschutzgebieten, die in
den Fachbeiträgen des Naturschutzes und der Landschaftspfl
ege des LANUV mit „herausragender Bedeutung“
für das Landschaftsbild (LBE 1) beziehungsweise
mit „herausragender Bedeutung“ für
den Biotopverbund (VB 1) dargestellt sind.
8.2.2.6
Freihaltung von Gewässern und Uferzonen
Im Außenbereich dürfen gemäß § 61 Absatz 1, 2 Bundesnaturschutzgesetz
an Bundeswasserstraßen und Gewässern
erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern mit
einer Größe von mehr als 1 ha im Abstand bis 50 m von
der Uferlinie keine baulichen Anlagen errichtet oder wesentlich
geändert werden, wobei die Entfernung grundsätzlich
vom Mastfuß aus zu messen ist. Bei hinreichenden
Anhaltspunkten für eine Gefährdung von Tierarten
ist in Abhängigkeit vom Einzelfall der Abstand bis zur
Rotorblattspitze auszuweiten.
Von diesem grundsätzlichen Bauverbot gibt es folgende
Ausnahmen:
a) Das Bauverbot besteht nicht für Vorhaben, die den
Festsetzungen eines Bebauungsplanes entsprechen,
der mit Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde
zustande gekommen ist (§ 61 Bundesnaturschutzgesetz,
§ 57 Absatz 2 Nummer 4 LG).
b) Das Bauverbot gilt ferner nicht in den Fällen des § 61
Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz und in den darüber
hinaus gehenden Fällen des § 57 Absatz 2 LG.
Von dem Verbot kann die höhere Naturschutzbehörde im
Einzelfall auf Antrag eine Ausnahme zulassen (§ 61 Absatz
3 Bundesnaturschutzgesetz, § 57 Absatz 3 LG).
8.2.3
Wasserwirtschaft
8.2.3.1
Bauverbote an Gewässern
Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit
Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage
auf das Fundament und den Turm an und nicht auf
die Rotorblätter.
Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen
das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Bei der Bauleitplanung ist mit der zuständigen Wasserbehörde
und dem Unterhaltungspfl ichtigen für das Gewässer
abzustimmen, welche wasserwirtschaftlichen Erfordernisse
im konkreten Fall vorliegen. Diese sind bei
der Abwägung einzustellen. Im Grundsatz ist ein Abstand
von mindestens 3 m zum Gewässer einzuhalten.
b) Genehmigungsverfahren
Anlagen in, an, über und unter Gewässern nach § 36
Wasserhaushaltsgesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I
S. 2585), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes
vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2771) stehen nach § 22
Landeswassergesetz vom 25. Juni 1995 (GV. NRW.
S. 926), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes
vom 8. Juli 2016 (GV. NRW. S. 559) unter einem Zulassungsvorbehalt;
die Zulassung darf nur erteilt werden,
wenn keine schädlichen Gewässerveränderungen gemäß
§ 3 Nummer 10 Wasserhaushaltsgesetz zu erwarten sind
und die Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert
wird, als den Umständen nach unvermeidbar ist. Dabei
ist zu beachten, dass die Anlage mit den Bewirtschaftungszielen
für das Gewässer vereinbar sein muss (§ 22
Landeswassergesetz in Verbindung mit §§ 36, 3 Nummer
10 und den §§ 27ff. Wasserhaushaltsgesetz).
An fl ießenden Gewässern zweiter Ordnung und an sonstigen
fl ießenden Gewässern darf nach § 97 Absatz 4 LWG
zum Schutz der Gewässerunterhaltung eine Windenergieanlage
innerhalb von 3 m von der Böschungsoberkante
nur zugelassen werden, wenn ein Bebauungsplan
288 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
die Rotorblätter. Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden,
in denen das Fachrecht zur Anwendung
kommen kann:
a) Planungsverfahren
Da es sich bei einer im Flächennutzungsplan dargestellten
Konzentrationszone nicht um eine Baugebiet handelt,
ist § 78 Absatz 1 Nummer 1 Wasserhaushaltsgesetz
nicht einschlägig, wonach in nach § 76 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz
festgesetzten oder nach § 76 Absatz 3
Wasserhaushaltsgesetz gesicherten Überschwemmungsgebieten
(ÜSG) eine Ausweisung von neuen Baugebieten
im Außenbereich verboten ist.
Bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen
in festgesetzten oder vorläufi g gesicherten
ÜSG hat die Gemeinde für die Gebiete, die nach § 30
Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuchs zu beurteilen
sind, gemäß § 78 Absatz 3 Wasserhaushaltsgesetz insbesondere
zu berücksichtigen:
aa) die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberund
Unterlieger,
bb) die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden
Hochwasserschutzes und
cc) die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Die Anforderungen an die Zulassung einzelner Windenergieanlagen
führen nur in Einzelfällen dazu, dass
eine Genehmigung nicht erteilt werden kann (siehe unten
b)), so zum Beispiel in Abfl ussbereichen des ÜSG in
der Nähe von Bebauung.
b) Genehmigungsverfahren
In nach § 76 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz festgesetzten
oder nach § 76 Absatz 3 Wasserhaushaltsgesetz gesicherten
ÜSG ist unabhängig von baurechtlichen Voraussetzungen
nach § 78 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 8 Wasserhaushaltsgesetz
die Errichtung von baulichen
Anlagen verboten. Eine Genehmigung kann nach § 78
Absatz 5 Wasserhaushaltsgesetz erteilt werden, wenn im
Einzelfall das Vorhaben
aa) die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich
beeinträchtigt und der Verlust von verloren
gehendem Rückhalteraum zeitgleich ausgeglichen
wird;
bb) den Wasserstand und den Abfl uss bei Hochwasser
nicht nachteilig verändert;
cc) den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt
und
dd) hochwasserangepasst ausgeführt wird;
oder wenn die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen
ausgeglichen werden können. Bei der
Prüfung sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft
zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für eine
Genehmigung werden nur in Ausnahmefällen nicht vorliegen.
8.2.3.4
Hochwasserschutzanlagen
Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit
Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage
auf das Fundament und den Turm an und nicht auf
die Rotorblätter.
Hochwasserschutzanlagen wie Deiche sind durch die Regelungen
des § 82 Landeswassergesetz und insbesondere
am Rhein durch Verordnungen nach §§ 82 Absatz 3 geschützt,
die weitergehende Anforderungen enthalten
können. Nach § 82 Absatz 1 Nummer 1 Landeswassergesetz
ist es auf dem Deich und in einer Schutzzone von
beidseitig 4 m vom Deichfuß unter anderem verboten,
die Erdoberfl äche zu vertiefen und Anlagen zu errichten.
Bei anderen Hochwasserschutzanlagen ist insoweit eine
Genehmigungspfl icht geregelt (§ 82 Absatz 1 Satz 3, 4
Landeswassergesetz). Im Übrigen sind die jeweiligen
Deichschutzverordnungen zu beachten.
die Fließwege können abhängig von der Art und Größe
des Fundaments dauerhaft beeinfl usst werden.
Auch die Errichtung, der Betrieb und der Rückbau haben
Auswirkungen. So kann es beim Einbau zu direkten
Stoffeinträgen von wassergefährdenden Stoffen aus der
Baustelle selbst, sowie zu Trübung und erhöhtem Eintragsrisiko
für Keim- und Schadstoffbelastungen infolge
der Baugrubenöffnung und -verfüllung kommen. Außerdem
wird der Boden durch Wege und die schweren Baufahrzeuge
verdichtet und seine Schutzfunktion beschädigt.
Beim Betrieb der Anlage kann es zur dauerhaften Auslaugung
und Freisetzung von Stoffen aus den ober- und
unterirdischen Anlagenteilen (Maschinenöle, Hydraulikfl
üssigkeiten, Biozide, Korrosionsschutzmittel; Beschichtungsmittel)
kommen.
Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen
das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Die Flächen in den WSZ I und II sind im Sinne der baurechtlichen
Rechtsprechung schlechthin ungeeignet für
Windenergieanlagen. Die Kommune beteiligt bei der
Aufstellung der Bauleitpläne die Untere Wasserbehörde
und erfragt, ob diese in dem konkreten WSG in Anbetracht
der konkreten Verhältnisse entgegen der Vermutung
in der Verordnung (Verbot) relevante Befreiungsmöglichkeiten
sieht. Hier sind neben den konkreten Regelungen
in der Schutzgebietsverordnung § 52 Absatz 1
Satz 2, 3 Wasserhaushaltsgesetz einschlägig. Überwiegende
Gründe des Wohls der Allgemeinheit liegen nicht
allein deshalb vor, weil eine Windenergieanlage regenerativen
Strom erzeugt. Bei der Prüfung, ob eine Befreiung
erteilt werden kann, sind wegen der überragenden
Bedeutung des Grundwassers zur Sicherstellung der öffentlichen
Trinkwasserversorgung strenge Maßstäbe anzulegen.
Im Regelfall wird eine Befreiung nur möglich sein, wenn
der Schutzzweck der Verordnung nicht gefährdet ist. Erforderlich
ist hierfür stets, dass bei dem beabsichtigten
Standort die (hydro-)geologischen Verhältnisse im Einzelfall
gegenüber den für die Abgrenzung und Festsetzung
allgemein festgestellten (hydro-)geologischen Verhältnissen
so abweichen, dass die Schutz- und Reinigungsfunktion
der Deckschichten und wasserführenden
Schichten trotz der Durchführung der Baumaßnahme
gewahrt bleibt. Eine solche Befreiung könnte gegebenenfalls
in Einzelfällen in Betracht kommen, wenn an geplanten
Standorten von Anlagen innerhalb der WSZ II
günstigere (hydro-) geologische Verhältnisse vorliegen,
die zu einer geringeren Gefährdung der Wassergewinnung
führen oder bei atypischen Anlagen. Diese Voraussetzungen
werden nur äußerst selten vorliegen. Bei der
in Aussichtstellung einer Befreiung hat die zuständige
Wasserbehörde zu prüfen, wie die Wasserversorgung weiterhin
sichergestellt wird. Im Grundsatz muss die Einzelfallprüfung
vorweggenommen werden.
Sofern bei Heilquellenschutzgebieten qualitative
Schutzzonen festgesetzt worden sind, gilt in diesen das
gleiche wie für die WSZ I bis III der Wasserschutzgebiete.
Sofern quantitative Schutzzonen festgesetzt worden
sind, sind in der Regel in der Schutzzone A (Innere
Zone) Eingriffe in den Untergrund von mehr als 5 m
Tiefe zumindest der Genehmigungspfl icht unterworfen.
Die Heilquellen-Schutzzonen des qualitativen und quantitativen
Schutzes können sich teilweise oder ganz überlagern.
b) Genehmigungsverfahren
Jede WSG-Verordnung enthält eine Regelung zur Befreiung
von den Verboten in den WSZen I und II, die in § 52
Absatz 1 Sätze 2, 3 Wasserhaushaltsgesetz vorgegeben
ist. Im Regelfall ist jedoch davon auszugehen, dass eine
solche Befreiung nicht erteilt werden kann.
8.2.3.3
Überschwemmungsgebiete
Bei den folgenden Vorgaben für Anlagen und damit
Windenergieanlagen kommt es bei der Windenergieanlage
auf das Fundament und den Turm an und nicht auf
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 289
der Stellungnahme gegenüber dem Planungsträger soll
sich ergeben, ob Belange des Denkmalschutzes der Planung
entgegenstehen und ob dies voraussichtlich zur
Versagung von Erlaubnissen für Windenergieanlagen in
der geplanten Konzentrationszone führen wird. Die Aussagen
sollen bezogen auf Teilfl ächen, bestimmte Anlagenstandorte
oder Anlagenhöhen differenziert werden.
Eine Vorgehensweise für die sachgerechte Ermittlung der
Belange des Denkmalschutzes ist in der Handreichung
„Kulturgüter in der Planung“, UVP-Gesellschaft e.V.
(Hrsg.), Hamm 2008, dargestellt.
b) Genehmigungsverfahren
Wenn eine denkmalrechtliche Erlaubnis gemäß § 9 Absatz
3 Satz 2 Denkmalschutzgesetz in der Genehmigung
nach Bundes-Immissionsschutzgesetz oder der Landesbauordnung
konzentriert wird, haben die für die Genehmigung
zuständigen Behörden die Belange des Denkmalschutzes
und der Denkmalpfl ege entsprechend dem
Denkmalschutzgesetz in angemessener Weise zu berücksichtigen
(§ 9 Absatz 3 Satz 1 Denkmalschutzgesetz). Der
Denkmalschutz hat den gleichen Stellenwert und die
gleiche Bedeutung wie bei einem gesonderten denkmalschutzrechtlichen
Verfahren (OVG NRW, Urteil vom
18.05.1984 – 11 A 1776/83 -).
Im Rahmen der Genehmigung sind die Tatbestandsvoraussetzungen
für die Erteilung einer denkmalrechtlichen
Erlaubnis einzelfallbezogen nach den Maßstäben des § 9
Absatz 2 Denkmalschutzgesetz zu prüfen. Neben dem
denkmalrechtlichen Umgebungsschutz (§ 9 Absatz 1b
Denkmalschutzgesetz) stellt dabei das denkmalrechtliche
Nutzungsgebot (§§ 1 Absatz 1 Satz 1, 8 Absatz 1
Denkmalschutzgesetz) einen für die nachvollziehende
Abwägung relevanten denkmalrechtlichen Belang dar
(vergleiche VG Gelsenkirchen, Urteil vom 03.11.1999 – 10
K 1131/97).
8.2.5
Straßenrecht
Gemäß § 9 Absatz 1 Bundesfernstraßengesetz in der Fassung
der Bekanntmachung vom 28. Juni 2007 (BGBl. I
S. 1206), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes
vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122) dürfen längs der
Bundesfernstraßen nicht errichtet werden (Anbauverbote)
a) Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 m
bei Bundesautobahnen und bis zu 20 m bei Bundesstraßen
außerhalb der zur Erschließung der anliegenden
Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten,
jeweils gemessen vom äußeren Rand der befestigten
Fahrbahn,
b) bauliche Anlagen, die außerhalb der zur Erschließung
der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der
Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an
Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen
werden sollen.
Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen
Vorschriften notwendige Genehmigungen gemäß
§ 9 Absatz 2 Bundesfernstraßengesetz der Zustimmung
der obersten Landesstraßenbaubehörde (Anbaubeschränkung),
wenn
a) bauliche Anlagen längs der Bundesautobahnen in einer
Entfernung bis zu 100 m und längs der Bundesstraßen
außerhalb der zur Erschließung der anliegenden
Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten
bis zu 40 m, gemessen vom äußeren Rand der
befestigten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert
oder anders genutzt werden sollen,
b) bauliche Anlagen auf Grundstücken, die außerhalb
der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke
bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten
oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder
mittelbar angeschlossen sind, erheblich geändert oder
anders genutzt werden sollen.
Diese Zustimmung darf nur versagt oder mit Bedingungen
und Aufl agen erteilt werden, soweit dies wegen der
Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten
oder der Straßenbaugestaltung nötig ist.
8.2.4
Denkmalschutz
Die denkmalrechtliche Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit
von Windenergieanlagen erfolgt auf der
Grundlage des Denkmalschutzgesetzes vom 11. März
1980 (GV. NRW. S. 226), das zuletzt durch Artikel 5 des
Gesetzes vom 15. November 2016 (GV. NRW. S. 934) geändert
wurde. Nach § 9 Absatz 1 Denkmalschutzgesetz
ist die Errichtung von Windenergieanlagen auf einem
Bodendenkmal, in einem Denkmalbereich und, wenn
hierdurch das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt
wird, in der engeren Umgebung von Baudenkmälern
und ortsfesten Bodendenkmälern erlaubnispfl
ichtig. Ob ein Bauvorhaben sich „in der engeren Umgebung“
eines Baudenkmals oder eines ortsfesten
Bodendenkmals befi ndet und ob durch das Bauvorhaben
das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird,
hängt unter anderem ab von Art, Standort und Bedeutung
des Denkmals einerseits und des geplanten Vorhabens
andererseits. Die Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde
ergeht im Benehmen mit dem Amt für Denkmalpfl
ege oder Bodendenkmalpfl ege beim
Landschaftsverband (§ 21 Denkmalschutzgesetz; vergleiche
Sonderregelung für das Stadtgebiet Köln gemäß § 22
Absatz 5 Denkmalschutzgesetz).
Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes
nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes
öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt (§ 9
Absatz 2 Denkmalschutzgesetz). Gründe des Denkmalschutzes
stehen einem Vorhaben entgegen, wenn es
Belange des Denkmalschutzes mehr als geringfügig beeinträchtigt.
Ob und inwiefern Gründe des Denkmalschutzes
der Errichtung von Windenergieanlagen entgegenstehen,
ist stets aus den Besonderheiten des zur Entscheidung
anstehenden konkreten Falles abzuleiten
(OVG NRW, Urteil vom 27.06.2000 – 8 A 4631/97, vergleiche
auch OVG NRW, Beschluss vom 12.02.2013 – 8 A
96/12). Zu möglichen Merkmalen und Kriterien der Prüfung
wird auf BayVGH, Urteil vom 18.07.2013 – 22 B
12.1741- verwiesen. Maßgeblich bei der Beurteilung ist
dabei die Perspektive eines fachkundigen Betrachters,
der mit dem jeweiligen Denkmal oder Denkmalbereich
und deren charakteristischen Merkmalen vertraut ist.
Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 9
Absatz 2 lit. b Denkmalschutzgesetz ist, dass für die
Durchführung der Maßnahme öffentliche Interessen
sprechen, die gewichtiger sind als die Belange des Denkmalschutzes
(OVG NRW, Urteil vom 18.05.1984 – 11 A
1776/83). Weiterhin muss geprüft werden, ob zur Verwirklichung
dieser öffentlichen Interessen keine weniger
denkmalbeeinträchtigenden Alternativen möglich sind
(Alternativenprüfung).
Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen
das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan
Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz
3 Satz 3 Baugesetzbuch darzustellen. Die Voraussetzungen
von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegen
nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer
Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges
Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen
erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen
Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander
und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch
abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1). Zu
diesen Belangen zählen auch gemäß § 1 Absatz 6 Nummer
5 Baugesetzbuch die Belange des Denkmalschutzes
und der Denkmalpfl ege, wie sie insbesondere als „bedeutsame
Kulturlandschaftsbereiche“, „bedeutsame
Orte“ und „Sichtbeziehungen“ mit ihren Elementen und
Strukturen in den kulturlandschaftlichen Fachbeiträgen
zu den Regionalplänen ausgewiesen sind. Gemäß § 1 Absatz
3 Denkmalschutzgesetz NRW sind bei öffentlichen
Planungen und Maßnahmen die Belange des Denkmalschutzes
und der Denkmalpfl ege angemessen zu berücksichtigen.
Die für den Denkmalschutz und die Denkmalpfl
ege zuständigen Behörden (dazu gehören als Träger
öffentlicher Belange auch die Ämter für Denkmalpfl ege
und Bodendenkmalpfl ege bei den Landschaftsverbänden
und der Stadt Köln) sind frühzeitig einzuschalten. Aus
290 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
b) Genehmigungsverfahren
Für die Anwendung des Straßenrechts im Genehmigungsverfahren
sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen
zu unterscheiden.
Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall
sind die Belange des Straßenrechts im Rahmen der Genehmigung
einzelfallbezogen zu prüfen. Innerhalb der
Anbauverbots- und der Anbaubeschränkungszone von
Bundesfernstraßen können im Regelfall keine Windenergieanlagen
errichtet werden.
Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive
Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig
erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine
unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse
im Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002
– 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan
dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des
§ 35 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch, die bereits im Rahmen
der Planung abschließend abgewogen worden sind,
bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage
nicht wieder als Genehmigungshindernis
aktiviert werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom
20.05.2010 – 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange
werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen
nur relevant, soweit sie auf Ebene der
Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt
wurden.
Es ist von daher nicht zielführend, wenn im Genehmigungsverfahren
einer Windenergieanlage eine straßenrechtliche
Genehmigung nicht erteilt werden kann, obwohl
die zuständige Straßenbaubehörde im Planverfahren
beteiligt worden ist und sie gegen die Planung keine
Bedenken geltend gemacht hat.
An Landes- und Kreisstraßen ist zu prüfen, ob möglichen
Beeinträchtigungen der Sicherheit oder Leichtigkeit
des Verkehrs im Einzelfall durch die Beifügung von
Nebenbestimmungen angemessen begegnet werden kann
(OVG NRW, Urteil v. 28.08.2008 – 8 A 2138/06). Im Übrigen
wird auf den Gemeinsamen RdErl. des Ministeriums
für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr
und des Ministeriums für Bauen und Wohnen vom
04.02.1997 (MBl. NRW. S. 310) über die Zusammenarbeit
der Straßenbaubehörden und der Bauaufsichtsbehörden
bei Anbauvorhaben an Straßen des überörtlichen Verkehrs
(Anbauerlass) verwiesen.
Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Straßenverkehr
durch Windenergieanlagen (zum Beispiel durch
Brand, Eiswurf) ist auszuschließen. Dafür wird der
Rückgriff auf technische Lösungen empfohlen. Andernfalls
sind Abstände gemäß Nummer 5.2.3.5 (vergleiche
Nummer 2 der dort genannten Anlage 2.7/12 der LTB)
von klassifi zierten Straßen einzuhalten.
8.2.6
Luftverkehrsrecht
Für den Bereich des Luftverkehrsrechts sind grundsätzlich
zwei für Windenergieanlagen relevante Aspekte zu
unterscheiden, die der Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt
und dem Schutz der Allgemeinheit dienen. Die Vorschriften
über Bauschutzbereiche gem. §§ 12 – 18 Luftverkehrsgesetz
in der Neufassung vom 10. Mai 2007
(BGBl. I S. 698), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz
11 des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der
Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017
(BGBl. I S. 2808) betreffen die Frage, ob Bauwerke als
physisches Luftfahrthindernis eine Gefahr für den Flugbetrieb
(Kollisionsrisiko) darstellen. Die Vorschrift des
§18a Luftverkehrsgesetz bezieht sich dagegen auf mögliche
Störwirkungen auf Navigations- und Radaranlagen
der Flugsicherungsorganisationen, die insbesondere von
Windenergieanlagen ausgehen. Die nach den zuvor genannten
Vorschriften bestehenden Schutzbereiche bedeuten
nicht, dass grundsätzlich nicht gebaut werden
darf, sondern nur, dass die Errichtung von Bauwerken in
diesen Bereichen unter einem luftrechtlichen Genehmigungs-
beziehungsweise Zustimmungsvorbehalt steht.
Grundsätzlich bedürfen alle Bauwerke, die eine Höhe
100 m über Grund überschreiten gem. § 14 Abs. 1 Luft-
Gemäß § 25 Absatz 1 Straßen- und Wegegesetz des Landes
Nordrhein-Westfalen bedürfen außerhalb der Ortsdurchfahrten
Baugenehmigungen oder nach anderen
Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung
der Straßenbaubehörde, wenn bauliche Anlagen
jeder Art
a) längs der Landesstraßen und Kreisstraßen in einer
Entfernung bis zu 40 m, gemessen vom äußeren Rand
der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn,
errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt
werden sollen;
b) über Zufahrten oder Zugänge an Landesstraßen und
Kreisstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen
oder bei bereits bestehendem Anschluss erheblich
geändert oder anders genutzt werden sollen.
Diese Zustimmung darf nur versagt oder mit Bedingungen
und Aufl agen erteilt werden, wenn eine konkrete Beeinträchtigung
der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs
zu erwarten ist oder Ausbauabsichten sowie Straßenbaugestaltung
dies erfordern.
Die Entfernungen sind nicht vom Mastfuß einer Windenergieanlage,
sondern von der Rotorspitze zum äußeren
Rand der befestigten Fahrbahn zu messen.
Innerhalb der Anbauverbotszone zu Bundesfernstraßen
können keine Windenergieanlagen errichtet werden,
während in der Anbaubeschränkungszone nach § 9 Absatz
2 Bundesfernstraßengesetz oder § 25 Straßen- und
Wegegesetz NRW mit Zustimmung der zuständigen Straßenbaubehörde
eine Anlagenerrichtung möglich ist. Für
die Versagung der Zustimmung nach § 9 Absatz 3 Bundesfernstraßengesetz
muss nicht die unbedingte Gewissheit
bestehen, dass das Vorhaben den Verkehrsablauf auf
der Bundesfernstraße beeinträchtigt oder gefährdet; es
reicht die erkennbare Möglichkeit (vergleiche BVerwG,
Urteil vom 28.5.1963 – I C 247.58). Für eine Versagung der
Zustimmung nach § 25 Absatz 2 Straßen- und Wegegesetz
NRW reicht hingegen nicht die erkennbare Möglichkeit
einer Beeinträchtigung des Verkehrsablaufs, sondern
es muss eine Prüfung aufgrund der konkreten Umstände
des Einzelfalls erfolgen (vergleiche OVG NRW, Urteil
vom 23.6.1994 – 23 A 4027/92).
Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen
das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan
Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz
3 Satz 3 Baugesetzbuch darzustellen. Die Voraussetzungen
von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegen
nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer
Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges
Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen
erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen
Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander
und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch
abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1). Zu
diesen Belangen zählen auch die verkehrlichen Belange
gemäß § 1 Absatz 6 Nummer 9 Baugesetzbuch. Hierbei
ist die Anbauverbotszone gemäß § 9 Bundesfernstraßengesetz
als hartes Tabukriterium zu werten, da dort die
Errichtung einer Windenergieanlage grundsätzlich nicht
möglich ist. Ob die Errichtung einer Windenergieanlage
innerhalb der nach § 9 Bundesfernstraßengesetz oder
§ 25 Straßen- und Wegegesetz NRW beschränkten Bereiche
zulässig ist, ist im Aufstellungsverfahren zu prüfen.
Hierzu beteiligt die Gemeinde die zuständige Straßenbaubehörde.
Aus dem Ergebnis der Prüfung ergibt sich,
ob die Beschränkungszone als hartes Tabukriterium zu
werten ist. Dies ist dann der Fall, wenn an Bundesfernstraßen
die erkennbare Möglichkeit einer Beeinträchtigung
beziehungsweise an Landesstraßen und Kreisstraßen
eine konkrete Beeinträchtigung der Sicherheit oder
Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist oder Ausbauabsichten
sowie Straßenbaugestaltung dies erfordern.
Stellt die zuständige Straßenbaubehörde eine Genehmigung
für die Errichtung von Windenergieanlagen im Bereich
der Anbaubeschränkung in Aussicht, stellt die Beschränkungszone
kein hartes Tabukriterium dar.
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 291
Betracht, wenn die nach § 14 Luftverkehrsgesetz zulässige
Höhe überschritten oder ein Bauschutzbereich berührt
wird. Auch wenn die zuvor genannten Höhen nicht
erreicht werden, sind Windenergieanlagen gegebenenfalls
gemäß § 16a Luftverkehrsgesetz in geeigneter Weise
zu kennzeichnen, wenn und soweit dies für die Sicherheit
des Luftverkehrs erforderlich ist. Über die Notwendigkeit
und die Art der Kennzeichnung hat die zuständige
Luftfahrtbehörde zu entscheiden (siehe auch Nummer
4.3.7).
Für die bauordnungsrechtliche Überwachung der Einhaltung
derjenigen Aufl agen, die die Luftverkehrsbehörde
im Genehmigungsverfahren zur Sicherstellung der
Luftverkehrssicherheit gefordert hat, sind gemäß § 61
Landesbauordnung die Bauaufsichtsbehörden zuständig.
Nach § 18a Absatz 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz dürfen
Windenergieanlagen nicht errichtet werden, wenn dadurch
Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können.
Damit können in Anlagenschutzbereichen für Flugsicherungseinrichtungen
– wie beispielsweise Radaranlagen
– Baubeschränkungen nach § 18a Luftverkehrsgesetz
bestehen (siehe hierzu Interaktive Karte der
Anlagenschutzbereiche http://www.anlagenschutz.baf.
bund.de/mapapps/resources/apps/anlagenschutz_v2/index.
html?lang=de). Ob eine Störung vorliegt, entscheidet
das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) aufgrund
einer gutachterlichen Stellungnahme der Deutsche
Flugsicherung GmbH (DFS) (§ 18a Absatz1 Satz 2
Luftverkehrsgesetz, vergleiche OVG Lüneburg, Beschluss
vom 22.01.2015 – 12 ME 39/14).
Die Darlegung einer Gefahr für den Luftverkehr im Einzelfall
erfolgt grundsätzlich durch die zuständige Luftfahrtbehörde
im Rahmen des Plan- beziehungsweise Genehmigungsverfahrens.
Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen
das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan
Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz
3 Satz 3 Baugesetzbuch darzustellen. Die Voraussetzungen
von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegen
nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer
Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges
Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen
erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen
Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander
und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch
abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1).
Ob die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb eines
Bauschutzbereichs gemäß §§ 12 oder 17 Luftverkehrsgesetz,
die Errichtung von Windenergieanlagen mit
geplanten Anlagenhöhen oberhalb der Höhen gemäß
§ 14 Luftverkehrsgesetz und / oder innerhalb eines Anlagenschutzbereichs
nach § 18 a Luftverkehrsgesetz
grundsätzlich zulässig ist, ist bereits im Aufstellungsverfahren
zu prüfen:
aa) Prüfung inner- und außerhalb der Bauschutzbereiche
gemäß §§ 12, 17 beziehungsweise 14 Luftverkehrsgesetz:
Hierzu beteiligt die Gemeinde im Planverfahren die
zuständige Luftfahrtbehörde. Aus dem Ergebnis
dieser Prüfung ergibt sich, ob der Bauschutzbereich
und darüber hinaus gehende Bereiche (Bauwerkbeschränkungen)
als hartes Tabukriterium zu werten
sind. Stellt die zuständige Luftfahrtbehörde eine
Zustimmung für die Errichtung von Windenergieanlagen
im Bereich der Bauschutzbereiche in Aussicht,
stellt der Bauschutzbereich kein hartes Tabukriterium
dar.
bb) Prüfung innerhalb der Anlagenschutzbereiche nach
§ 18 a Luftverkehrsgesetz:
Hierzu beteiligt die Gemeinde im Planverfahren unmittelbar
das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung.
Entscheidungen, ob die Errichtung einer
Windenergieanlage Flugsicherungseinrichtungen
nach § 18a Luftverkehrsgesetz stört, basieren immer
auf Einzelfallprüfungen konkreter Windenergieanlagen
durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicheverkehrsgesetz
der Zustimmung der Luftfahrtbehörde
im Genehmigungsverfahren. Auf natürlichen und künstlichen
Bodenerhöhungen kann die Zustimmung gem.
§ 14 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz bereits ab 30 m über
Grund erforderlich sein.
Die Bauschutzbereiche nach dem Luftverkehrsgesetz
dienen der Hindernisüberwachung für Flugplätze. Es
werden zwei Bauschutzbereiche unterschieden:
a) der „große“ Bauschutzbereich nach § 12 Luftverkehrsgesetz
sowie
b) der beschränkte („kleine“) Bauschutzbereich nach
§ 17 Luftverkehrsgesetz
Innerhalb der Bauschutzbereiche können die Luftfahrtbehörden
gem. § 13 Luftverkehrsgesetz für bestimmte
Geländeteile Bauhöhen festlegen, bis zu welchen Bauwerke
ohne ihre Zustimmung genehmigt werden können,
wenn dies aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse
oder des Verwendungszwecks des Flugplatzes für die Sicherheit
der Luftfahrt nicht im gesetzlich festgelegten
Umfang notwendig ist.
Die allgemeinen baurechtlichen Vorschriften, zu denen
auch das Gebot gehört, mit Vorhaben im Außenbereich
auf den luftverkehrsrechtlich genehmigten Betrieb eines
Segelfl uggeländes Rücksicht zu nehmen, werden nicht
durch vorrangige Regelungen des Luftverkehrsgesetzes
verdrängt (BVerwG, Urteil vom 18.11.2004 – 4 C 1.04).
Dies betrifft alle Flugplätze im Sinne des §6 Absatz 1
Satz 1 Luftverkehrsgesetz, deren hindernisfreier Betrieb
nicht über einen (beschränkten) Bauschutzbereich im
Sinne der §§ 12 und 17 Luftverkehrsgesetz gesichert
wird. Wenn ein bauliches Vorhaben nämlich den Betrieb
eines Flugplatzes gefährdet, obwohl es keinem luftverkehrsrechtlichen
Zustimmungs- oder Genehmigungsvorbehalt
unterliegt, kann das baurechtliche Gebot der
Rücksichtnahme auch zugunsten von Flugplätzen eine
eigenständige Bedeutung entfalten (BVerwG, a.a.O.).
Hier kommt der Hindernisfreiheit im Bereich der Platzrunde
besondere Bedeutung zu (OVG Schleswig-Holstein,
Urteil vom 19.01.2017 – 1 LB 18/15 –, juris; Hessischer
VGH, B. v. 07.09.2017 – 9 A 1785/15.Z –, juris). Die
festgelegte und veröffentlichte Platzrunde ist an Flugplätzen
durch den an- und abfl iegenden Luftverkehr im
Sichtfl ugbetrieb einzuhalten. Die „Gemeinsamen Grundsätze
des Bundes und der Länder für die Anlage und den
Betrieb von Flugplätzen für Flugzeuge im Sichtfl ugbetrieb“
(vom 03.08.2012, Nachrichten für Luftfahrer (NfL)
I 92/13, S. 11) dienen der Konkretisierung der unbestimmten
Rechtsbegriffe aus dem Luftverkehrsrecht
über die Gewährleistung der Sicherheit im Flugplatzverkehr.
Dementsprechend sind durch potenzielle Luftfahrthindernisse
regelmäßig Abstände von 400 m zum Gegenanfl
ug und 850 m zu anderen Teilen der Platzrunde einzuhalten.
Die Baufreiheit (Art. 14 GG) führt auch nicht
dazu, dass dem Bauwilligen ein Genehmigungsanspruch
bei Veränderung bestehender Flugbetriebsregeln oder einer
darauf (einseitig) „Rücksicht“ nehmenden Neubestimmung
der Platzrunde zusteht (OVG Schleswig-Holstein,
a.a.O.).
Die frühzeitige Einbindung der zuständigen Luftfahrtbehörden
zur Beurteilung der möglichen Auswirkungen
von Windenergieanlagen auf die Sicherheit des Luftverkehrs
ist grundsätzlich bei allen Windenergieplanungen
geboten. Bei heute üblichen Anlagenhöhen ist regelmäßig
von einer potenziellen Betroffenheit des Luftverkehrs
auszugehen. Außerhalb der Flugplatzbereiche ist in der
Regel eine Vereinbarkeit mit den Hindernisvorschriften
(§§12-18 Luftverkehrsgesetz) zu erreichen, wenn die
Windenergieanlagen als Luftfahrthindernisse gekennzeichnet
und veröffentlicht werden (siehe auch folgender
Absatz zu Aufl agen). Von einer Lage außerhalb der Flugplatzbereiche
kann ausgegangen werden, wenn ein Radius
von 15 km zu Flughäfen beziehungsweise 4 km zu
sonstigen Flugplätzen überschritten wird (vergleiche
§§ 12 und 17 Luftverkehrsgesetz).
Die Zustimmung der Luftfahrtbehörde kann gem. § 12
Abs. 4 Luftverkehrsgesetz davon abhängig gemacht werden,
dass die Genehmigung unter Aufl agen erteilt wird.
Als Aufl agen kommen insbesondere Höhenbeschränkungen
oder das Anbringen einer Tages- und Nachtkennzeichnung
in Frage. Aufl agen kommen grundsätzlich in
292 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
Es sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden, in denen
das Fachrecht zur Anwendung kommen kann:
a) Planungsverfahren
Die Gemeinde beabsichtigt in ihrem Flächennutzungsplan
Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Absatz
3 Satz 3 Baugesetzbuch darzustellen. Die Voraussetzungen
von § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch liegen
nur vor, wenn die Gemeinde auf der Grundlage einer
Untersuchung des gesamten Plangebietes ein schlüssiges
Plankonzept für die Ausweisung von Konzentrationszonen
erarbeitet hat. Hierzu müssen alle abwägungserheblichen
Belange vollständig ermittelt und gerecht gegeneinander
und untereinander gemäß § 1 Absatz 7 Baugesetzbuch
abgewogen werden (siehe Nummer 4.3.1).
Ob die Errichtung einer Windenergieanlage an den
Ufern einer Bundeswasserstraße grundsätzlich zulässig
ist, ist bereits im Aufstellungsverfahren zu prüfen.
Hierzu beteiligt die Gemeinde das zuständige Wasserund
Schifffahrtsamt. Aus dem Ergebnis der Prüfung ergibt
sich, ob und in welchem Umfang das Ufer einer
Bundeswasserstraße als hartes Tabukriterium zu werten
ist.
Stellt das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt eine
Genehmigung für die Errichtung von Windenergieanlagen
am Ufer einer Bundeswasserstraße in Aussicht, stellt
die Uferzone der Bundeswasserstraße kein hartes Tabukriterium
dar.
b) Genehmigungsverfahren
Für die Anwendung des Wasserstraßenrechts im Genehmigungsverfahren
sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen
zu unterscheiden.
Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall
sind die Belange des Wasserstraßenrechts im Rahmen der
Genehmigung einzelfallbezogen zu prüfen.
Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive
Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig
erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine
unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse
im Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002
– 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan
dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des
§ 35 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch, die bereits im Rahmen
der Planung abschließend abgewogen worden sind,
bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage
nicht wieder als Genehmigungshindernis
aktiviert werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom
20.05.2010 – 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange
werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen
nur relevant, soweit sie auf Ebene der
Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt
wurden.
Es ist von daher nicht zielführend, wenn im Genehmigungsverfahren
für eine Windenergieanlage eine wasserstraßenrechtliche
Genehmigung nicht erteilt werden
kann, obwohl das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt
im Planverfahren beteiligt worden ist und es gegen
die Planung keine Bedenken geltend gemacht hat.
8.2.8
Militärische Anlagen
Windenergieanlagen können wegen ihrer Auswirkungen
insbesondere auf militärische funk- und radartechnische
Einrichtungen wie auch die Flugsicherheit militärische
Interessen berühren oder beeinträchtigen. Das Bundesamt
für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen
der Bundeswehr (BAIUDBw) ist als Träger öffentlicher
Belange im Planverfahren und Genehmigungsverfahren
zur Errichtung von Windenergieanlagen zwingend
zu beteiligen. Die Bundeswehr unterstützt den
Ausbau erneuerbarer Energien, soweit militärische Belange
dem nicht entgegenstehen.
Militärische Interessen können insbesondere berührt
oder beeinträchtigt sein, wenn
a) Windenergieanlagen innerhalb des Zuständigkeitsbereiches
gemäß § 18a Luftverkehrsgesetz militärischer
Flugplätze errichtet werden sollen,
rung und des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz
und Dienstleistungen der Bundeswehr
(BAIUDBw) auf Basis einer gutachterlichen Stellungnahme
der DFS oder des Luftfahrtamtes der
Bundeswehr (LufABw) und berücksichtigen im Wesentlichen
konkrete Angaben zum Standort, Art und
Größe der Windenergieanlagen. Ausschlaggebend
für eine planerisch belastbare Entscheidung durch
das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung ist damit
der Zeitpunkt der Antragsstellung der konkreten
Windenergieanlage.
Gemeinden, deren Plangebiet nicht von Anlagenschutzbereichen
betroffen ist, müssen sich mit diesem Belang
nicht beschäftigen. Ist das Plangebiet nur in geringem
Umfang von Anlagenschutzbereichen betroffen, kann die
Gemeinde diese Flächen zur vorsorglichen Konfl iktvermeidung
als weiche Tabuzonen ausschließen. Sind maßgebliche
Flächenanteile der Gemeinde von Anlagenschutzbereichen
betroffen, kann die Gemeinde auf der
Ebene der Einzelfallbewertung der nach Ausschluss der
anderen pauschalen Tabukriterien verbleibenden Potenzialfl
ächen eine prognostische Einschätzung über die voraussichtliche
Konfl iktintensität der Potenzialfl ächen in
Hinsicht auf die Flugsicherheitseinrichtungen vornehmen.
Maßgebliche Kriterien hierfür sind die Entfernung
der Fläche von der Flugsicherheitseinrichtung und die
geschätzte Zahl der auf der Fläche möglichen Windenergieanlagen.
b) Genehmigungsverfahren
Für die Anwendung des Luftverkehrsrechts im Genehmigungsverfahren
sind grundsätzlich zwei Fallkonstellationen
zu unterscheiden.
Gemeinden ohne Konzentrationszonen: In diesem Fall
sind die Belange des Luftfahrtrechts im Rahmen der Genehmigung
einzelfallbezogen zu prüfen.
Gemeinden mit Konzentrationszonen: Eine positive
Standortzuweisung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 Baugesetzbuch
setzt voraus, dass sich die Planung als vollzugsfähig
erweist und dass ihr auf unabsehbare Zeit keine
unüberwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse
im Wege stehen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002
– 4 C 15/01). Innerhalb einer im Flächennutzungsplan
dargestellten Konzentrationszone dürfen die Belange des
§ 35 Absatz 3 Satz 1 Baugesetzbuch, die bereits im Rahmen
der Planung abschließend abgewogen worden sind,
bei der Entscheidung über die Zulassung einer Windenergieanlage
nicht wieder als Genehmigungshindernis
aktiviert werden (vergleiche BVerwG, Urteil vom
20.05.2010 – 4 C 7/09). Entgegenstehende öffentliche Belange
werden deswegen für Windenergieanlagen in Konzentrationszonen
nur relevant, soweit sie auf Ebene der
Bauleitplanung noch nicht abschließend berücksichtigt
wurden.
Im Genehmigungsverfahren ist stets eine einzelfallbezogene
luftverkehrsrechtliche Prüfung nach den §§ 12, 14,
17 und 18a Luftverkehrsgesetz erforderlich, sofern der
jeweilige Anwendungsbereich dieser Regelungen eröffnet
ist.
Bei den Regelungen der §§ 12, 14 und 17 Luftverkehrsgesetz
handelt es sich um formelle verwaltungsinterne Zustimmungen
der zuständigen Luftfahrtbehörde, die die
Genehmigungsbehörde nicht überstimmen darf.
8.2.7
Wasserstraßenrecht
Einer strom- und schifffahrtspolizeilichen Genehmigung
des Wasser- und Schifffahrtsamtes bedürfen gemäß § 31
Absatz 1 Bundeswasserstraßengesetz - Benutzungen (§ 9 Wasserhaushaltsgesetz) einer Bundeswasserstraße,
- die Errichtung, die Veränderung und der Betrieb von
Anlagen einschließlich des Verlegens, der Veränderung
und des Betriebs von Seekabeln in, über oder unter
einer Bundeswasserstraße oder an ihrem Ufer,
wenn durch die beabsichtigte Maßnahme eine Beeinträchtigung
des für die Schifffahrt erforderlichen Zustandes
der Bundeswasserstraße oder der Sicherheit und
Leichtigkeit des Verkehrs zu erwarten ist.
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 293
kreten Umständen des Einzelfalls im Sinne von § 35
Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch entgegensteht (vergleiche
Obiter Dictum des BVerwG, Beschluss v. 05.09.2006 – 4 B
58/06). - Flugsicherung
Durch den Betrieb von Windenergieanlagen kann es im
Erfassungsbereich der Flugsicherungsanlagen zu Einschränkungen
der Radarabdeckung des Luftraums kommen.
Dabei können zum Beispiel Positionsungenauigkeiten
der Flugzieldarstellung und temporäre Verluste von
Flugzielen auftreten. Ob und in welchem Umfang eine
Störung im Sinne von § 18a Absatz 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz
auftritt, ist unter anderem abhängig von der
Art der Radaranlage und ihrer technischen Auslegung,
der Entfernung zu einer Windenergieanlage, der Höhe,
der Größe, der Bauart und der Anzahl der Windenergieanlagen
sowie von topographischen Gegebenheiten und
Wetterlagen. Aufgrund dieses Störpotentials müssen alle
geplanten Windenergieanlagen innerhalb militärischer
Zuständigkeitsbereiche daher geprüft und hinsichtlich
der Hinnehmbarkeit der Störung beurteilt werden (siehe
dazu Nr. 8.2.6). - Radaranlagen der Luftverteidigung
Die Radaranlagen der Luftverteidigung werden im Rahmen
der Bündnisverpfl ichtungen betrieben und sind daher
von besonderer Bedeutung.
Windenergieanlagen können die dem Zentrum Luftoperationen
(ZLO) unterstellten Radaranlagen der Luftverteidigung
beeinträchtigen, wenn sie mit ihren dämpfungs-
und verschattungswirksamen Anteilen (Turm,
Gondel, Rotorblattwurzel – etwa unteres Drittel des Rotorblatts)
in den Erfassungsbereich der Radaranlagen hineinragen.
Das generierte Störpotential einer Windenergieanlage
entsteht aufgrund deren Nabenanhöhe, Größe und Form
der Gondel, Höhe des Standortes in Relation zur Radaranlage.
Das Störpotential von zwei oder mehr Windenergieanlagen
in einem Gebiet kann aufgrund von drohenden
Wechselwirkungen zwischen den Windenergieanlagen
noch anwachsen.
Aufgrund ihres unterschiedlich hohen Störpotentials
müssen alle geplanten Windenergieanlagen, die in den
Erfassungsbereich der Radaranlage hineinragen daher
geprüft und hinsichtlich der Hinnehmbarkeit der Störung
nach § 3 Schutzbereichsgesetz und § 35 Abs. 3 S. 1
Nr. 8 Baugesetzbuch beurteilt werden.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat Schutzbereiche
um seine Radaranlagen der Luftverteidigung in
Nordrhein-Westfalen auf Grundlage von § 1 in Verbindung
mit § 2 Schutzbereichgesetz angeordnet und ortsüblich
bekannt gemacht. Diese erstrecken sich auf die
ersten 5 km um jede Anlage. Innerhalb dieses Schutzbereichs
nach dem Schutzbereichsgesetz sind nur Bauten
erlaubt, die nicht in den Erfassungsbereich der Radaranlage
hineinragen.
Das sich anschließende Interessengebiet erstreckt sich
im Umkreis von 5 km bis 50 km zur jeweiligen Anlage. In
diesem Gebiet werden Bauvorhaben im Einzelfall durch
Fachdienststellen der Bundeswehr geprüft und können
bei Bedarf mit dem Bauträger abgesprochen werden.
Radaranlagen der Luftverteidigung in Nordrhein-Westfalen
sind:
a) LV Auenhausen,
b) LV Erndtebrück,
c) LV Marienbaum. - Militärischer Richtfunk, sonstige militärische Funksysteme
Die militärischen Richtfunktrassen sind nicht veröffentlicht.
Ob eine Windenergieanlage eine militärische
Richtfunkstrecke oder Funksysteme im Sinne
von § 35 Absatz 3 Satz 1 Nr. 8 Baugesetzbuch stört,
ist über das BAIUDBw – Infra I 3 – abzuklären. - Militärisches Datennetzwerk Link 16
b) der Interessenbereich von Luftverteidigungsanlagen
berührt wird,
c) militärische Funksysteme berührt werden,
d) Hubschrauber- und Jettiefflugstrecken (ED-R 150)
berührt sind,
e) Verfahrensräume von Instrumentenfl ugverfahren betroffen
sind,
f) veröffentlichte Sichtanfl ug- beziehungsweise abfl ugverfahren
einschließlich deren Warteräume betroffen
sind,
g) Windenergieanlagen innerhalb oder in der Nähe der
Schutzbereiche militärischer Anlagen oder
h) in der Nähe der militärischen Rohrfernleitungen und
deren Anlagen errichtet werden sollen. - Militärische Flughäfen
Militärisch genutzte Flughäfen befi nden sich in Nordrhein-
Westfalen in Nörvenich, Geilenkirchen und Rheine-
Bentlage Teile der Zuständigkeitsbereiche der militärisch
genutzten Flughäfen in Bückeburg (Niedersachsen),
Fritzlar (Hessen) und Spangdahlem (Rhein land-
Pfalz) ragen auf NRW-Territorium und müssen daher
ebenfalls betrachtet werden. Die militärischen Zuständigkeitsbereiche
sind online beim Bundesaufsichtsamt
für Flugsicherung (http://www.baf.bund.de/DE/Home/
home_node.html) abgebildet.
Bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen
sind neben den zivilen Belangen auch Belange des
militärischen Flugbetriebs zu beachten. Neben der Zuständigkeit
nach § 30 Absatz 2 Luftverkehrsgesetz für
Windenergieanlagen, die innerhalb von Bauschutzbereichen
militärischer Flugplätze geplant werden, muss die
Bundeswehr zusätzlich ihre verfassungsgemäße Aufgabenwahrnehmung
sicherstellen. Dies schließt den Betrieb
der Hubschrauber- und Jettiefflugstrecken, die
Nutzung der Sonderlufträume für militärischen Übungsfl
ugbetrieb sowie die Luftraumüberwachung (Flugsicherung
und Luftverteidigung) mit ein.
In welchem Umfang die Belange der Bundeswehr im
Einzelnen betroffen sind, kann erst festgestellt werden,
wenn die Daten über die Anzahl, den Typus, die Nabenhöhe,
den Rotordurchmesser, die Höhe über Grund, die
Höhe über Normal-Null und die genauen Koordinaten
der zu errichtenden Windenergieanlagen vorliegen. Nur
dann kann im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung, in
Rücksprache mit den zu beteiligenden militärischen
Fachdienststellen eine dezidierte Stellungnahme abgegeben
werden.
Um eine schnelle Bearbeitung von Anträgen unter Einbeziehung
aller in Frage kommenden Fachdienststellen
zu gewährleisten, sind alle Anträge sowie Anfragen an
das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und
Dienstleistungen der Bundeswehr zu richten. - Übungsräume und Hubschraubertiefflugstrecken
Wesentliche Beeinfl ussungen des militärischen Flugbetriebs
durch Windenergieanlagen können auf Übungsplätzen
/ Übungsräumen entstehen.
Die Bundeswehr führt abweichend vom zivilen Luftverkehr
nach § 30 Absatz 1 Satz 3 Luftverkehrsgesetz Hubschraubertiefflüge
durch. Hubschraubertiefflugstrecken
werden mit hohen Geschwindigkeiten bei Tag und Nacht
bis herab zu einer Höhe von 10 m über Grund, auch im
Schwarm und mit Außenlasten befl ogen. Aus Flugsicherheitsgründen
wird seitens der Bundeswehr daher ein 3
km breiter Schutzkorridor (1,5 km beidseits ausgehend
von der Mittelachse der Flugstrecke) vorgesehen.
Der Bundeswehr steht bei der Entscheidung, was zur Erfüllung
ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben zwingend
notwendig ist, ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum
zu (vergleiche BVerwG, Urteil v.
14.12.1994 – 11 C 18/93; zu Tiefflügen siehe VGH Mannheim,
Urteil vom 16.05.2006 Az. 3 S 914/05; BVerwG, Beschluss
v. 05.09.2006 – 4 B 58/06)). Die Durchführung
von Tiefflügen, die dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr
dienen, können einen ungeschriebenen öffentlichen
Belang darstellen, der einem privilegierten Außenbereichsvorhaben
(Windenergieanlage) je nach den kon294
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
f) die Bauform (z. B. Schleuderbeton, Stahlgitter), die
Abmessungen des Mastes,
g) funktechnische Kommunikationsanbindungen
vorliegen (die Weitergabe von technischen Unterlagen
der Herstellerfi rma zu jedem geplanten Anlagentyp wird
aus Zeitgründen empfohlen).
Nur dann kann im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung
in Rücksprache mit den zu beteiligenden militärischen
Fachdienststellen eine dezidierte Stellungnahme abgegeben
werden.
Je nach Stellungnahme der Bundeswehr im Rahmen des
Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes
muss die planende Gemeinde bewerten, ob die entsprechenden
Bereiche als harte Tabuzonen einzuordnen sind.
In den Fällen, in denen eine Windenergienutzung grundsätzlich
nicht ausgeschlossen ist, kann sie jedoch nicht
von einer harten Tabuzone ausgehen. Zur Absicherung
ihrer Planungsentscheidung kann der Gemeinde empfohlen
werden, die Bundeswehr um eine (unverbindliche)
Vorprüfung anhand von Beispielanlagen mit konkreten
Angaben zu Standort, Art und Höhe der Anlagen zu bitten.
Hierbei ist zu beachten, dass mit wachsender Zeit
zwischen Vorprüfung und Genehmigungsverfahren die
Aussagekraft der Vorprüfung abnimmt.
Um eine schnelle Bearbeitung von Anträgen unter Einbeziehung
aller in Frage kommenden Fachdienststellen
zu gewährleisten, sind alle Anträge sowie Anfragen an
das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und
Dienstleistungen der Bundeswehr, Fontainengraben 200,
53123 Bonn (E-Mail: baiudbwtoeb@bundeswehr.org) zu
richten.
8.2.9
Flurbereinigung
Für Flächen, die in ein laufendes Flurbereinigungsverfahren
einbezogen sind, besteht bis zur Unanfechtbarkeit
des Flurbereinigungsgesetzes eine Veränderungssperre
nach § 34 Flurbereinigungsgesetz. Somit ist vor
der Errichtung einer Windenergieanlage die Zustimmung
der zuständigen Flurbereinigungsbehörde einzuholen.
Soweit die Windenergieanlage immissionsschutzrechtlich
genehmigungsbedürftig ist, wird diese Zustimmung
in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung
eingeschlossen. Die jeweilige Bezirksregierung wird als
Flurbereinigungsbehörde im Genehmigungsverfahren
beteiligt. Soweit es sich um eine baugenehmigungsbedürftige
Windenergieanlage handelt, ist die Zustimmung
dabei zusätzlich zu der erteilten Baugenehmigung notwendig
und wird durch diese nicht entbehrlich.
8.2.10
Stromnetze
Der Ausbau der Windenergie und der Abtransport des
erzeugten Stroms zu den Verbrauchszentren bedingen einander.
Über 95 Prozent des Stroms aus Windenergieanlagen
wird dabei zunächst auf der Verteilnetzebene eingespeist.
Für den großräumigen Transport ist ein Ausund
Umbau der Übertragungsnetze erforderlich. Es ist
daher unumgänglich, dass bei der Planung- und Genehmigung
von Windenergieanlagen sowohl rechtzeitig auf
den Netzanschluss des jeweiligen Projekts als auch auf
die Vereinbarkeit mit den örtlich vorhandenen oder in
Planung befi ndlichen Stromleitungen und mit diesen zusammenhängenden
Einrichtungen (zum Beispiel Umspannanlagen)
geachtet wird.
Stromleitungen mit einer Nennspannung von 110 kV
oder mehr werden durch Planfeststellungsbeschluss
nach §§ 43ff. Energiewirtschaftsgesetz zugelassen. Dieser
kann auch Nebenanlagen wie Umspannwerke mit umfassen.
Mit der Planfeststellung wird anhand technischer
Regelwerke auf der Grundlage der Antragsunterlagen
ein Schutzstreifen festgelegt, der grundsätzlich von anderer
Bebauung freizuhalten ist. Andere Vorhaben können
mit Zustimmung des Netzbetreibers zugelassen werden.
Die Zustimmung zur Planung und Genehmigung
von Windenergieanlagen in Schutzstreifen kann in der
Regel nicht erteilt werden.
Als Mindeststandard gilt daher für Freileitungen aller
Spannungsebenen, dass auch bei ungünstiger Stellung
Für das militärische Datennetzwerk Link 16 sind an folgenden
Standorten Antennen errichtet:
a) Erndtebrück; Hachenberg-Kaserne,
b) Uedem-Paulsberg,
c) Kalkar-Monreberg,
d) Albersloh.
Hier befi nden sich Schutzbereiche nach § 1 Schutzbereichgesetz
zurzeit in Aufstellung. Solange die Schutzbereich
noch nicht angeordnet sind, stützt die Bundeswehr
die nachfolgenden Beschränkungen auf den Belang der
Landesverteidigung als unbenannten öffentlichen Belang
i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch:
Im Umkreis von 50 m um den Antennenstandort sind
Hindernisse aller Art sowie Veränderungen der Bodengestaltung
oberhalb des Antennenfußpunktes nicht zulässig.
Im Umkreis von 50 m bis 8000 m um den Antennenstandort
bildet ein Elevationswinkel von +1,5° ab dem
Fußpunkt der Antenne die Obergrenze für Hochbauten.
Es dürfen keine Windenergieanlagen errichtet werden,
die mit ihren Rotorblattspitzen diese Grenze überschreiten. - Militärisches Rohrfernleitungen
Militärische Rohrfernleitungen und deren Anlagen gewährleisten,
von anderer Infrastruktur unabhängig, die
Kraftstoffversorgung der Streitkräfte in der Landes- und
Bündnisverteidigung sowie zur Erfüllung zwischenstaatlicher
Verpfl ichtungen. Es besteht nach Gefährdungsprognose
des BAIUDBw eine über den Schutzstreifen nach
Nr. 3.3.5 Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen
(TRFL) hinausgehende Schutzbedürftigkeit vor Windenergieanlagen.
Das BAIUDBw stützt sich dabei auf den
verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraum, welcher
der Bundeswehr bei der Entscheidung, was zur Erfüllung
ihrer hoheitlichen Verteidigungsaufgaben zwingend
notwendig ist, zusteht (vergleiche BVerwG, Urteil v.
14.12.1994 – 11 C 18/93; VGH Mannheim, Urteil vom
16.05.2006 Az. 3 S 914/05; BVerwG, Beschluss v.
05.09.2006 – 4 B 58/06)).
Grundsätzlich soll ein Abstand von:
Nabenhöhe + 1/2 Rotordurchmesser + 5 m (Schutzstreifen)
eingehalten werden.
Die Abstandsregelung dient gemäß BAIUDBw der Sicherstellung
der militärischen Versorgung mit den darin
beförderten Produkten auch in Zeiten von Krise und
Krieg und somit der Landesverteidigung als ungeschriebenen
öffentlichen Belang i.S.d. § 35 Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch. - Militärische Einrichtungen befreundeter Nationen
Die Streitkräfte des Königsreichs der Niederlande betreiben
in Eibergen – Niederlande eine Funkempfangsanlage.
Hier befi ndet sich ein Schutzbereich nach § 1
Schutzbereichgesetz zurzeit in Aufstellung. Solange der
Schutzbereich noch nicht angeordnet ist, stützt die Bundeswehr
die nachfolgenden Beschränkungen auf den unbenannten
Belang der Landesverteidigung i.S.d. § 35
Abs. 3 S. 1 Baugesetzbuch im NATO-Verteidigungsverbund:
Im Umkreis von 5 000 m um den Anlagenmittelpunkt
sind Hindernisse aller Art genehmigungspfl ichtig. Im
Umkreis bis 5 000 m um den Antennenstandort bildet
ein Elevationswinkel von + 2° ab dem Fußpunkt der Antenne
die Obergrenze für Hochbauten. Es dürfen keine
Windenergieanlagen errichtet werden, die mit ihren Rotorblattspitzen
diese Grenze überschreiten.
In welchem Umfang die Belange der Bundeswehr im
Einzelnen betroffen sind, kann erst festgestellt werden,
wenn die technischen Daten und Angaben zu allen geplanten
Windenergieanlagen
a) Herstellerangabe, Bezeichnung des Anlagentyps,
b) den geografi schen Koordinaten (WGS 84) auf Metergenauigkeit,
c) die Gesamthöhe über Grund (m),
d) die Nabenhöhe der Anlage über Grund (m),
e) die Rotorlänge (m),
Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 295
8.2.11
Rohrfernleitungen
Windenergieanlagen können im Nutzungskonfl ikt mit
Rohrfernleitungen stehen. In der gemäß § 65 des Gesetzes
über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlichen
Planfeststellung oder Plangenehmigung oder einer
nach § 4a Rohrfernleitungsverordnung erforderlichen
Anzeige für die Errichtung und den Betrieb einer Rohrfernleitungsanlage
wird auf Grundlage der Antragsoder
Anzeigeunterlagen jedenfalls ein Schutzstreifen (je
nach Nennweite 4 bis mindestens 10 m) nach 3.3 der
Technischen Regel für Rohrfernleitungsanlagen (TRFL)
festgelegt. Sollte keine Zulassung vorliegen, sind die Vorgaben
nach § 3 Absatz 2 Rohrfernleitungsverordnung in
Verbindung mit Teil 1 Nummer 3.3 TRFL als fachliche
Aussagen über die Schutzbedürftigkeit dennoch zu beachten.
Dabei schützt der Schutzstreifen nach Nummer
3.3.4 TRFL die Leitung nicht vor Gefahren aus der
Luft. Aber auch diese sind fachlich zu bewerten, sollte
die Zulassung keine diesbezügliche Regelung enthalten.
a) Planungsverfahren
Im Planungsverfahren sind die oben genannten Vorgaben
zwingend zu beachten, wenn sie in einer Zulassung geregelt
sind. Je nach Art des geregelten Schutzstreifens ist
der Bau eines Fundaments einer Windenergieanlage oder
auch eines überlagernden Rotorblatts nicht zulässig. Besteht
keine Regelung in der Zulassung, sind die oben genannten
Vorgaben bei der Planung zu beachten. Die
Schutzbedürftigkeit ist abhängig von der Rohrfernleitung
und den Eigenschaften des transportierten Stoffes.
Da der Schutzstreifen nach Nummer 3.3.4 der TRFL
nicht den Schutz vor Gefahren aus dem Luftraum regelt,
muss, soweit der Planfeststellungsbeschluss nicht den
Luftraum über einen Schutzstreifen schützt, die Frage
eines auf Zulassungsebene der Windenergienutzung entgegenstehenden
Belangs, der für die Umsetzbarkeit der
Planung maßgeblich ist, unter Beteiligung des Rohrfernleitungsbetreibers
und der für die Rohrfernleitungsanlage
zuständigen Behörde geklärt werden.
Rohrfernleitungen und ihr Schutzstreifen nach Nummer
3.3 TRFL können nach Maßgabe des Planfeststellungsbeschlusses
in Konzentrationszonen integriert werden.
Neben dem Ausbau der Stromnetze erfolgt auch ein Ausbau
der Fernleitungsnetze. Soweit die entsprechenden
Pläne in Aufstellung befi ndlich sind, so sind sie im Rahmen
der Planung zu berücksichtigen, damit nicht Netzausbaumöglichkeiten
und Trassenalternativen einschließlich
zugehöriger Nebenanlagen vorzeitig entfallen.
Dies gilt insbesondere für Trassen und dazugehörige
Nebenanlagen zur Umsetzung der nationalen und europäischen
Bedarfskataloge. Im Hinblick auf eine frühzeitige
Konfl iktvermeidung zwischen Windenergieausbau
und Fernleitungsausbau samt Nebenanlagen kann die
planende Gemeinde bei Bundesnetzagentur oder Fernleitungsbetreiber
Informationen über den Planungsstand
und den Belang des Fernleitungsausbaus samt Nebenanlagenumbau
erfragen.
b) Genehmigungsverfahren
Im Genehmigungsverfahren sind die oben genannten
Ausführungen ebenfalls einschlägig. Dabei sind Vorgaben
der Planungsebene entsprechend zu berücksichtigen.
8.2.12
Seismologische Stationen
Windenergieanlagen können im Nutzungskonfl ikt mit
seismologischen Messstationen stehen. Der Geologische
Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen ist zuständig für
die Erdbebenüberwachung und die Bewertung der Erdbebengefährdung
in Nordrhein-Westfalen. Zudem ist in
Nordrhein-Westfalen ein Erdbebenalarmsystem als Maßnahme
der Gefahrenabwehr und des Katastrophenschutzes
eingerichtet. Aussagekräftige und unverfälschte Ergebnisse
des aus Haushaltsmitteln aufgebauten Erdbebenalarmsystems
des Geologischen Dienst NRW und der
wissenschaftlichen Erdbebenerfassung im Bereich der
Hochschulen (insbes. Erdbebenstation Bensberg der Universität
Köln und Observatorium der Universität Bochum)
sind im Ereignisfall unabdingbar zur zügigen und
des Rotors die Blattspitze nicht in den planfestgestellten
Schutzstreifen der Freileitung ragen darf.
In planfestgestellten Schutzstreifen von Erdkabeltrassen
ist ein Fundamentstandort einer Windenergieanlage in
der Regel nicht zulässig. Es besteht aber keine vergleichbare
Gefahr durch Rotorblätter wie für die Leiterseile
bei Freileitungen. Denkbar erscheinen beispielsweise
Windenergieanlagen mit Fundamenten außerhalb des
Schutzstreifens, deren Rotorblätter in den Schutzstreifen
von Erdkabeln hineinreichen. Die Zustimmungsfähigkeit
ist stets im Einzelfall zu prüfen.
Über die Freihaltung des Schutzstreifens hinausgehend
stellt sich die Frage des Abstandes von Windenergieanlagen
zu Freileitungen selbst. Es wird empfohlen, dafür
den neuen technischen Standard in DIN EN 50341-2-4
(VDE 0210-2) heranzuziehen.
a) Planungsverfahren
Da eine Windenergienutzung in Schutzstreifen von Freileitungen
und mit diesen zusammenhängenden Einrichtungen
nicht möglich ist, sind die Schutzstreifen im Rahmen
von Planungsverfahren für Windenergieanlagen als
sogenannte harte Tabuzonen anzusehen.
Da Fundamentstandorte von Windenergieanlagen in
Schutzstreifen von Erdkabelleitungen und mit diesen
zusammenhängenden Einrichtungen nicht möglich sind,
muss dies bei der Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung
beachtet werden. Dabei ist die Nutzung
des Luftraums über dem Schutzstreifen durch den Rotor
einer Windenergieanlage grundsätzlich möglich, soweit
der Planfeststellungsbeschluss nicht den Luftraum über
dem Schutzstreifen schützt, so dass der Schutzstreifen
nicht als sogenannte harte Tabuzone von jeglicher Windenergienutzung
freigehalten werden muss. Ob im Rahmen
einer Konzentrationszonenausweisung Rotorblätter
von Windenergieanlagen in den Schutzstreifen einer
Erdkabeltrasse hereinragen können, ist von der planenden
Gemeinde unter Abfrage des Netzbetreibers und der
für das Erdkabel zuständigen Planfeststellungsbehörde
zu klären.
Bei Leitungsbauvorhaben, die der Planfeststellung nach
§§ 43ff. Energiewirtschaftsgesetz unterliegen, tritt nach
§ 44a Energiewirtschaftsgesetz mit öffentlicher Auslegung
der Planunterlagen von Gesetzes wegen eine Veränderungssperre
ein. Bei Leitungsbauvorhaben, die der
Bundesfachplanung nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz
unterliegen, kann die Bundesnetzagentur
nach § 16 Netzausbaubeschleunigungsgesetz mit Abschluss
des Bundesfachplanungsverfahrens eine Veränderungssperre
anordnen. Derartige Veränderungssperren
sind bei der Planung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen
zu beachten.
Soweit die entsprechenden Pläne in Aufstellung befi ndlich
sind, so sind sie im Rahmen der Planung zu berücksichtigen,
damit nicht Netzausbaumöglichkeiten und
Trassenalternativen einschließlich zugehöriger Nebenanlagen
vorzeitig entfallen. Dies gilt insbesondere für Trassen
und dazugehörige Nebenanlagen zur Umsetzung der
gesetzlichen Bedarfskataloge des Energieleitungsausbaugesetzes
und des Bundesbedarfsplangesetzes.
Im Hinblick auf eine frühzeitige Konfl iktvermeidung
zwischen Windenergieausbau und Netzausbau samt Nebenanlagen
kann die planende Gemeinde bei Bundesnetzagentur
oder Netzbetreiber Informationen über den
Planungsstand und den Belang des Netzausbaus samt
Nebenanlagenumbau erfragen.
b) Genehmigungsverfahren
Der Rotor einer Windenergieanlage darf nicht in den
Schutzstreifen einer Freileitung hineinragen. Ob Rotorblätter
von Windenergieanlagen in den Schutzstreifen einer
Erdkabeltrasse hereinragen können, ist von der Genehmigungsbehörde
unter Abfrage der Zustimmung des
Netzbetreibers und der Planfeststellungsbehörde zu klären.
Wie in Planungsverfahren sind auch in Genehmigungsverfahren
bestehende Veränderungssperren und in Aufstellung
befi ndliche Pläne nach obigen Maßgaben zu beachten
beziehungsweise zu berücksichtigen.
296 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
falls ein Gewicht erreicht, dass sie der Genehmigung einer
im Außenbereich privilegierten Windenergieanlage
entgegensteht (OVG NRW, Beschluss vom 09.06.2017, 8 B
1264/16). Solange weitere wissenschaftliche Erkenntnisse
nicht vorliegen, ist davon auszugehen, dass eine Beeinträchtigung
der Belange der Stationsbetreiber in
rechtserheblichem Maß jenseits der genannten Radien
jedenfalls nicht vorliegt. Die Stellungnahme der Stationsbetreiber
ist in Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen
zu berücksichtigen.
Die Genehmigungsbehörde führt dazu eine zweistufi ge
Prüfung durch (vergleiche zu dieser Prüfsystematik beispielhaft
VGH München, Urteil vom 18.09.2015 – 22 B
14.1263 – und OVG Koblenz, Urteil vom 13.01.2016 – 8 A
10535/15 – zur Beeinträchtigung von Wetterradaranlagen
des Deutschen Wetterdienstes durch Windenergieanlagen):
aa) Zunächst ist auf Basis der Stellungnahme des Stationsbetreibers
sowie gegebenenfalls weiterer Sachverhaltsermittlungen
zum Beispiel durch Gutachten
des Antragsstellers zu bestimmen, inwieweit die
seismologischen Stationen durch die beantragten
Anlagen in ihrer Funktionsfähigkeit gestört würden.
Dazu untersuchen der Geologische Dienst NRW beziehungsweise
die weiteren Betreiber einzelfallbezogen,
ob und inwieweit die beabsichtigte Errichtung
und der Betrieb der Windenergieanlage zu Beeinträchtigungen
des Betriebs der Erdbebenmessstationen
führen kann. Die Genehmigungsbehörden unterstützen
den Geologischen Dienst NRW beziehungsweise
die weiteren Stationsbetreiber dabei
durch die Bereitstellung vorliegender Daten zu bereits
errichteten Windenergieanlagen (Lage, Typ,
Leistung, Turmausgestaltung, Nabenhöhe, Rotorlänge,
Fundamentierung, sowie verfügbare Betriebsdaten
zu Windgeschwindigkeit, Rotordrehzahl und
Leistung). Sofern im Einzelfall die konkrete Möglichkeit
einer unzulässigen Störung plausibel und
begründet dargelegt wird, ist zunächst der fachliche
Sachverhalt durch ein Gutachten des Antragstellers
zu ermitteln. Hierfür sind zuvor mit der Genehmigungsbehörde
und dem Fachgutachter des Antragstellers
verbindliche Prüfmethoden zu vereinbaren.
bb) Anschließend ist die Beeinträchtigung gegenüber
dem geplanten Vorhaben zu gewichten und zu bewerten,
ob sie der im Außenbereich baurechtlich privilegierten
Windenergieanlage entgegensteht. Dabei
führt nicht jede Beeinträchtigung zu einem Entgegenstehen,
sondern es müssen in rechtserheblichem
Maß Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung der
Stationsbetreiber gegeben sein.
8.3
Anlagenkataster und Meldepfl icht
Die Genehmigungsbehörde hat nach § 3 Absatz 2 Vermessungs-
und Katastergesetz NRW (VermKatG NRW)
die Katasterbehörden über die Erteilung der Genehmigung
zu unterrichten.
Die sogenannte ISA-Datenbank (Informationssystem
Stoffe und Anlagen) beim LANUV ermöglicht eine Erfassung
der Windenergieanlagen. Die Genehmigungsbehörden
können ihre Daten in die Datenbank einpfl egen.
9
Inkrafttreten/Außerkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung
im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen in
Kraft.
Der „Erlass für die Planung und Genehmigung von
Windenergieanlagen und Hinweise für die Zielsetzung
und Anwendung (Windenergie-Erlass)“ vom 4. November
2015, Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für
Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz,
des Ministeriums für Wirtschaft, Energie,
Bauen, Wohnen und Verkehr und der Staatskanzlei
(MBl. NRW. S. 231) wird gleichzeitig aufgehoben.
eindeutigen Information von Bevölkerung, zuständigen
Stellen des Katastrophenschutzes, Politik und Medien.
Standorte der Erdbebenmessstationen sind nach geowissenschaftlichen
Kriterien ausgewählt, um aussagekräftige
und repräsentative Ergebnisse zu liefern. Die Bereitstellung
einer angemessenen seismischen Überwachung
und Erdbebenalarmierung ist Aufgabe der Daseinsvorsorge
und der Gefahrenabwehr des Landes Nordrhein-
Westfalen.
In Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen
sind der Geologische Dienst NRW und
die stationsbetreibenden Hochschulen im Umkreis ihrer
jeweils möglichen Beeinträchtigung im jeweiligen Radius
um die auf den Internetseiten des Geologischen
Dienstes NRW und des LANUV NRW angegebenen
Standorten der Erdbebenmessstationen zwingend zu beteiligen
(http://www.gd.nrw.de/gg_erdbebenstationsnetz.
htm und http://www.energieatlas.nrw.de/site/planungskarten/
wind). Der Geologische Dienst NRW nimmt als
Träger des öffentlichen Belangs des Katastrophenschutzes
nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über den Brandschutz,
die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz
vom 17. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 886) und der geologischen
Datenerhebung zur Gefahrenabwehr, ebenso wie
die stationsbetreibenden Hochschulen mit der universitären
Forschung nach § 3 Abs. 1 Hochschulgesetz vom - September 2014 (GV. NRW. 2014 S. 547), das zuletzt
durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Oktober 2017 (GV.
NRW. S. 806) geändert wurde, im öffentlichen Interesse
liegende Aufgaben wahr. Die Standorte im Umkreis der
angegebenen geologischen Stationen sind differenziert
zu betrachten, da sie sich in ihrer Funktionsfähigkeit
insbesondere nach Verortung auf Fest- oder Lockergestein
und genauer Aufgabe der zu erfassenden seismischen
Ereignisse sowie aktueller Funktionsfähigkeit/Signalqualität
unterscheiden.
Vor diesem Hintergrund beträgt der Beteiligungsradius
im Umkreis der Stationen des Geologischen Dienstes
NRW Hespertal (HES), Pulheim (PLH), Todenfeld (TDN)
und Wahnbachtalsperre (WBS) 10-km, während er für
die Stationen Jackerath (JCK), Wassenberg (RWB) und
Xanten (XAN) ein 2-km-Radius gilt. Für die Stationen
des Geologischen Dienstes NRW im Übrigen (Aachen
(ACN), Ennepetal (ENTS), Großhau (GSH), Oleftalsperre
(OLFT), Sorpetalsperre (SORT), Urfttalsperre (URF)) gilt
ein Radius von 5 km.
Die sonstigen Betreiber seismologischer Stationen sind
nach den im Anhang des gemeinsamen Erlasses des Ministeriums
für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand
und Handwerk und des Ministeriums für Klimaschutz,
Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
vom 17.03.2016 verzeichneten stationsspezifi schen Abständen
zu beteiligen.
a) Planungsverfahren
Mit der Beteiligung der Stationsbetreiber besteht im
Planungsverfahren für diese die Möglichkeit, auf eine
eventuelle Beeinträchtigung von Erdbebenmessstationen
hinzuweisen und auf das Erfordernis einer Einzelfallprüfung
im Genehmigungsverfahren aufmerksam zu machen.
Je nach Stellungnahme im Rahmen des Verfahrens zur
Änderung des Flächennutzungsplanes muss die planende
Gemeinde bewerten, ob die entsprechenden Bereiche als
harte Tabuzonen einzuordnen sind. In den Fällen, in denen
eine Windenergienutzung grundsätzlich nicht ausgeschlossen
ist, kann sie jedoch nicht von einer harten Tabuzone
ausgehen. Zur Absicherung ihrer Planungsentscheidung
kann der Gemeinde empfohlen werden, den
jeweiligen Stationsbetreiber um eine (unverbindliche)
Vorprüfung anhand von Beispielanlagen mit konkreten
Angaben zu Standort, Art und Höhe der Windenergieanlagen
zu bitten.
b) Genehmigungsverfahren
Da wissenschaftlich fundiert begründete Ausarbeitungen
zur Festlegung von Mindestabständen von Windenergieanlagen
zu Erdbebenmessstationen bislang nicht vorliegen,
ist im Genehmigungsverfahren im Einzelfall zu
prüfen, ob eine Störung der Funktionsfähigkeit einer
seismologischen Station durch den Betrieb einer Windenergieanlage
zu erwarten ist und ob diese gegebenenMinisterialblatt
für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018 297
Anhang zum
Windenergie-Erlass vom 8. Mai 2018:
Zu Nummer 4.3.3 Grafik „Prüfschritte Konzentrationszonenplanung“:
Zu Nummer 5.1.2 Grafik „Windfarm“:
298 Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – Nr. 12 vom 22. Mai 2018
Zu Nummer 8.2.2.1 Tabelle Wertstufen:
Wertstufe Landschaftsbildeinheit
bis zu 2 WEA
Ersatzgeld pro
Anlage je Meter
Anlagenhöhe
Windparks mit
3-5 Anlagen
Ersatzgeld pro
Anlage je Meter
Anlagenhöhe
Windparks ab 6
Anlagen
Ersatzgeld pro
Anlage je Meter
Anlagenhöhe
1 sehr gering /
gering
100 € 75 € 50 €
2 mittel 200 € 160 € 120 €
3 hoch 400 € 340 € 280 €
4 sehr hoch 800 € 720 € 640 €
– MBl. NRW. 2018 S. 258
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Herausgeber: Im Namen der Landesregierung, das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW, Friedrichstraße 62–80, 40217 Düsseldorf.
Herstellung und Vertrieb im Namen und für Rechnung des Herausgebers: A. Bagel Verlag, Grafenberger Allee 82, 40237 Düsseldorf
Druck: TSB Tiefdruck Schwann-Bagel, Düsseldorf und Mönchengladbach
ISSN 0177–3569